Stadtplanung – Planungsvorstellungen 1948 -1951

„Wir entscheiden heute stellvertretend für Generationen, übernehmen die Verantwortung für die Neugestaltung der Stadt. Vielleicht wird schon in 10 Jahren sichtbar sein, was hier noch passiert.“
Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht (1949)


Die starke Zerstörung des Innenstadtbereichs ließ einen rekonstruierenden Wiederaufbau des alten Stadtkerns nicht zu. Statt dessen war eine Neuplanung des Stadtgebiets gefordert, die nicht nur gegenwärtigen., sondern auch zukünftigen Entwicklungsansprüchen gerecht werden sollte. Erste Pläne zum Wiederaufbau der Innenstadt waren bereits unter der Leitung des Stadtbaurats Meffert erarbeitet und 1946 der Öffentlichkeit  zur Diskussion dargestellt worden. 1947 wurde die ‚Arbeitsgemeinschaft zur Lösung wissenschaftlicher, künstlerischer und wirtschaftlicher Fragen von Hannover‘ mit einem Planungsgutachten beauftragt, das 1947 vorlag. 1) Dieses Gutachten maß – ebenso wie Planungen des Stadtbauamtes – einer veränderten Verkehrsführung eine vorrangige Bedeutung bei.

Nach Amtsantritt des neuen Stadtbaurats Hillebrecht im Juli 1948 erfolgte unter seiner Leitung eine Überarbeitung jener Pläne, aus denen der sogennannte ‚Kollegialplan‘ entwickelt wurde. Im November 1948 wurde vom Stadtbauamt ein Wettbewerb zur „Klärung städtebaulicher Fragen im Kerngebiet der Innenstadt“ 2) ausgeschrieben, in dem der Kollegialplan zur Diskussion gestellt wurde und konstruktive Kritik in Form weiterer Planungsvprschläge erwartet wurde. Ziel des Wettbewerbs war es, „auf Grund der Wettbewerbsentwürfe schleunigst zu einem abschließenden Bauplan für die Innenstadt Hannovers zu kommen.“3) Die Beteiligung an diesem Wettbewerb war außergewöhnlich hoch. 98 Entwürfe wurden eingereicht, von denen zahlreiche Ideen vor allem im detailbereich in der späteren Umsetzung aufgegriffen wurden. Die Ausschreibung zum Wettbewerb spiegelte das neue Verständnis von Stadtplanung und Architektur in einer demokratischen gesellschaft wider. Stadtplanung bedeutete nach Hillebrecht nicht nur daß vielfältige Ideen aus der Fachwelt in der Planung berücksichtigt werden, sondern auch, daß „Bauherr und Bauverwalter Partner (sind, die) an einer gemeinsamen Aufgabe (arbeiten)“. An anderer Stelle fährt Hillebrecht fort: „Wir haben dabei in unserer Zusammenarbeit nicht den ‚Konsumenten‘ vergessen, der als Kunde das neue Haus aufsuchen soll und der eigentliche Benutzer der Stadt Hannover ist.“4) In diesem Sinne wurde die ‚Aufbaugemeinschaft Hannover e.V‘ gegründet, ein Verein von Haus- und Grundbesitzern, die mit Unterstützung des ’städtebaulichen Beraters‘ Konstanty Gutschow, ihre Wünsche und Interessen im Hinblick auf die Innenstadtplanung wirksam einbrachten.

Die Fachzeitschrift »Die neue Stadt« stellt die Wiederaufbauplanung Hannovers 1950 als
zukunftsweisend vor.


Anmerkungen

1) Stadtmitte Hannover. Beiträge zur Aufbauplanung der Innenstadt. Hrsg. Aufbaugemeinschaft Hannover e.V., Hannover 1949, S. 16
2) ebd., S. 18
3) ebd.
4) ebd., S. 6

… dass man im Jahr 2000 auf diese Vorbereitungen zurückgreifen kann

Einen Vorgeschmack der städtebaulichen Visionen, die der Architekt und Stadtplaner Rudolf Hillebrecht in seiner Heimatstadt Hannover umzusetzen gedachte, erhielten die Hannoveraner auf der Gründungsversammlung des hannoverschen Verkehrsvereins im Februar 1949. Oberstadtdirektor Bratke und Stadtrat Ernst sahen eine enge Verbindung zwischen der Förderung des Fremdenverkehrs, dem ursprünglichen Kernthema des Verkehrsvereins Hannover, und dem Wiederaufbau der Stadt voraus und hatten den neuen Stadtbaurat aus diesem Grund dazu eingeladen, im Rahmen der Gründungsversammlung des Vereins einen Vortrag zur Bedeutung des Fremdenverkehrs und des Aufbaus der Stadt zu halten. 1) Hillebrecht willigte ein und prophezeite den Vereinsmitgliedern in seinen Ausführungen, dass Hannover schon allein aufgrund seiner Position inmitten des Verkehrskreuzes der Nord-Süd- und West-Ost-Achse in naher Zukunft sehr großen Anteil am Fremdenverkehr haben werde. 2) Ferner versprach er den Anwesenden, das Hannover alles tun werde, damit die Stadt wieder „[…] ein Anziehungspunkt für den Besucher aus nah und fern wird.“ 3) Wie ambitioniert die Pläne des Stadtbaurats tatsächlich waren, verdeutlichte schließlich auch sein Ausruf, dass die Planung zur Gestaltung der Innenstadt „[…] heute schon soweit vorbereitet werden [müsse], daß man im Jahre 2000 auf diese Vorbereitung zurückgreifen könne.“ 4)


1) Vgl. Brief von Stadtrat Ernst an Stadtbaurat Hillebrecht vom 16. Februar 1949, StadtA H, 1.HR 15, Nr. 587.

2) Vgl. Protokoll der Sitzung zur Wiedergründung des Verkehrsvereins Hannover am 24. Februar 1949, StadtA H, 1.HR 15, Nr. 587.

3) Artikel „Verkehrsverein wieder gegründet“ aus „Hannoversche Presse“ vom 26. Februar 1949.

4) Zitiert aus Niederschrift über die Sitzung des Vorstandes und Beirats des Verkehrsvereins Hannover vom 12. April 1949, StadtA H, 1.HR 15, Nr. 587.


Auszug aus: Erstmann, Vanessa (2023): Hannover. Die historische Genese eines Stadtimages. Zum Einfluss von Stereotypisierungen auf die städtische Imageprofilierung und urbane Identität. Dissertation an der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, 2023, S. 336

Ausgangslage: Die zerstörte Stadt

Stadtplanung nach dem Zweiten Weltkrieg

Zukunftsorientiertes Verkehrskonzept

Neues Regierungsviertel

Umgang mit historischer Bausubstanz

Neugestaltung des City-Bereichs

Innerstädtischer Wohnungsbau

Wohnquartiere in den Stadtteilen

Krankenhäuser und Gebäude der Gesundheitsfürsorge

Schulen, Kultureinrichtungen und Sportanlagen

Denkmalgeschützte Verwaltungsgebäude und Geschäftshäuser

Hannover Messe

Bundesgartenschau 1951

Visionen

Architekten des Wieder-/Neuaufbaus

Stimmen zur Stadtentwicklung

Der Neuaufbau im Spiegel zeitgenössischer Dokumentarfilme

Literatur


Stadtbaurat 1945 – 1948

Otto Meffert

(* 19.12.1879 in Warmbach, Taunus; † 01.08.1970 in Hannover)

„Als Stadtbaurat organisierte Otto Meffert nun den Wiederaufbau der zu 48 Prozent zerstörten Stadt Hannover. Neben der Räumung der Trümmer und der Instandsetzungen begann er 1947 mit einer längerfristigen Planung, die einzelne Teile des noch unter den Nationalsozialisten entwickelten radikalen Plans von 1944/1945 zum Neubau der Stadt aufnahm. Dazu gehörten die Entlastung der Innenstadt vom Verkehr mittels Straßendurchbrüchen, Verbreiterungen von Straßen und eine sogenannte „Leinerandstraße“, die Auflockerung der vormals dichten Bebauung sowie eine stärkere Durchgrünung. Diese Pläne wurden jedoch schon 1947/1948 durch ein Gutachten einer Arbeitsgruppe der Technischen Hochschule Hannover um Richard Finsterwalder, Hans Högg, Otto Fiederling und Ernst Zinsser überarbeitet. Mefferts Nachfolger Rudolf Hillebrecht machte allerdings auch diese überarbeiteten Pläne nicht zur Grundlage weiterer Aufbauplanung.

Otto Meffert blieb noch bis 1952 im Bauausschuss der Stadt und als Berater tätig.“ (wikipedia: Stand 09.02.2023)

Stadtbaurat 1948 – 1975

Rudolf Hillebrecht

(* 26. Februar 1910 in Linden; † 6. März 1999 in Hannover)

Hillebrecht war Architekt, Stadtplaner und Baubeamter. Er gestaltete als Stadtbaurat die im Zweiten Weltkrieg durch Luftangriffe stark zerstörte Stadt Hannover zu einer autogerechten Stadt um.

Im Vordergrund des Interesses steht naturgemäß zur Zeit die Wiederaufbauplanung.

Der Wiederaufbau der zerstörten Städte ist eine Aufgabe, wie sie bis dahin noch keiner Generation gestellt worden ist. Die Planung wird erschwert durch die Unsicherheit in der Beurteilung der politischen, wirtschaftlichen, finanziellen und rechtlichen Verhältnisse. Die Sorgen der Zeit dürfen zwar nicht dazu führen, Notwendiges in der Planung zu unterlassen, aber unsere Armut zwingt zu äußerster Sparsamkeit. Jedenfalls müssen die durch die ungeheuren Zerstörungen geschaffenen Möglichkeiten zur Beseitigung erkannter städtebaulicher und verkehrstechnischer Mängel ausgenutzt werden. Wenn auch solche Verbesserungen voraussichtlich in der nächsten Zeit in größerem Ausmaße nicht durchgeführt werden können, so sind doch die Möglichkeiten dazu unter allen Umständen für die Zukunft offenzuhalten.

Allerdings liegen diese Fragen in jeder Stadt anders. Um praktische Vorschläge machen zu können, bedarf es einer eingehenden Kenntnis der örtlichen Verhältnisse und der fachlichen Vorbedingungen, namentlich auf den Gebieten des Verkehrs, der Beschäftigung und Versorgung der Bevölkerung, der landschaftlichen und baulichen Gegebenheiten, der historischen Entwicklung usw.

Der Rat der Stadt hat daher zur Unterstützung der Planungsstellen und der dafür zuständigen Ausschüsse (Ausschuß für Fragen der Bau- und Wohnungspolitik und Ausschuß für Verkehrs- und Wirtschaftseinrichtungen) einen Beirat von Sachverständigen herangezogen, dem namhafte Vertreter des Verkehrswesens aus Hannover und auch von auswärts, der Landesplanungs-behörde, der Hochschule, der Architekten, der Wirtschaft, der Gewerkschaften, der Hausbesitzer und schließlich noch der Provinzialkonservator angehören.

Von der Ausschreibung eines allgemeinen städtebaulichen Wettbewerbes glaubte man unter diesen Umständen und aus verschiedenen anderen Gründen Abstand nehmen zu sollen zugunsten der späteren Ausschreibung von Teilwettbewerben, wenn erst die Grundlagen der Gesamtplanung geklärt sind.

Dieses ist inzwischen insofern erfolgt, als man zu bestimmten Annahmen und Ergebnissen gekommen ist in der Beurteilung des bisherigen Stadtorganismus, der künftigen wirtschaftlichen und bevölkerungspolitischen Entwicklung und der verkehrstechnischen Notwendigkeiten. Im einzelnen kann – soweit es der beschränkte Raum dieses Berichts zuIäßt – hierzu folgendes gesagt werden:

Über die künftige wirtschaftliche und bevölkerungspolitische Entwicklung können infolge der ungeklärten politischen und wirtschaftlichen Lage Deutschlands zur Zeit noch keine festbegründeten Angaben gemacht werden. Es ist aber anzunehmen und der Planung zugrunde gelegt, daß Hannover als Landeshauptstadt, als Geschäfts-, Verkehrs-, Kultur- und Industriezentrum eines weiten Gebietes, aber auch wegen seiner günstigen Verkehrslage sowohl im deutschen als auch im internationalen Verkehrsnetz seine bisher bewiesene starke Anziehungskraft weiter ausüben wird, und daß die Stadt mit einer künftigen Einwohnerzahl von 500.000 rechnen muß. (Die Einwohnerzahl betrug vor dem Krieg 475.000; sie sank 1945 auf 217.000, beträgt heute etwa 400.000 und steigt dauernd weiter.) Das ist das Ergebnis, zu dem auch die Landesplanungsbehörde gekommen ist, die Hannover im Raumordnungsplan für Niedersachsen als zentpalen Ort der Sonderklasse mit Industrieaufgaben bei guter Lage im Verkehrsnetz ausweist und bei Berücksichtigung eines ausgeglichenen Mischungsverhältnisses der Wirtschaftsgruppen die zweckmäßige Planungsgröße für Hannover (das heißt für die Stadt innerhalb der heutigen Stadtgrenzen) gleichfalls auf 500.000 Einwohner bemißt.

Künftig soll sich die Stadt gliedern in einen vom Durchgangsverkehr entlasteten Stadtkern (die ,,City“), in einen von Grünzonen durchzogene und von solchen umgebene Innenstadt und die anschließend gleichfalls in Grün gebetteten und untereinander durch Tangentialstraßen verbundenen Vororte.

Während der Kern die eigentlichen großstädtischen Einrichtungen aufweist (Hotels, Gaststätten, Kaufhäuser, Bürogebäude, Vergnügungsstätten), soll sich an seinem Rand in leicht erreichbarer und bevorzugter Lage eine Kultur- und Verwaltungszone bilden.

Die Vororte erhalten Nebenzentren mit den für sie erforderlichen Verwaltungs- und Geschäftsbauten.

Die Stadt hat sich bisher auf Grund der örtlichen und natürlichen Gegebenheiten in der Sternform entwickelt, bei der die bebauten Sternstrahlen. in der Richtung der Hauptverkehrswege nach außen vordringen, während sich dazwischen breite Grünkeile von außen her bis weit in das Stadtinnere erstrecken. Diese ermöglichen den Bewohnern der bebauten Gebiete kurze Wege ins Grüne und erleichtern die Verbindung mit der freien Natur. Auch verkehrs- und versorgungstechnisch hat das Sternsystem wirtschaftliche Vorteile, so daß der Gesamtorganismus der Stadt im allgemeinen als gesund, in gewissem Grade sogar als vorbildlich angesehen werden kann. Es bedarf daher keiner grundlegenden Umbildung, sondern nur gewisser Verbesserungen und Ergänzungen.

Um eine erwünschte künftige Entwicklung nicht zu gefährden, ist im engen Einvernehmen mit den in Frage kommenden Behörden und namhaften Sachverständigen ein Rahmenplan für die künftige Verkehrsführung ausgearbeitet als Grundlage aller künftigen Einzelbebauungspläne. Durch ihn wird geklärt: die künftige Gestaltung der Eisenbahnanlagen, die ‚Beseitigung der jetzigen Ueberlastung der City, die durch Umleitung des störenden Durchgangsverkehrs erzielt werden soll, die Durchbildung des Hauptstraßennetzes unter Trennung der einzelnen Verkehrsarten (Durchgangsverkehr, innerstädtischer Zielverkehr, Straßenbahn-, Radfahr-, Fußgängerverkehr), so daß das übrige Straßennetz lediglich dem Anliegerverkehr vorbehalten bleiben und möglichst unverändert übernommen werden kann, soweit nicht andere Gründe zur Änderung zwingen. Damit im Zusammenhang steht die übersichtliche und leistungsfähige Durchbildung der Verkehrsknotenpunkte (Verkehrsplätze) und die Vorsorge für den ruhenden Verkehr (Parkplätze), der in Zukunft eine wesentliche Bedeutung zukommen wird. Der geringe Raum verbietet es, an dieser Stelle auf die genau durchdachten Einzelheiten einzugehen. Die Gesamtplanung soll demnächst Gegenstand einer besonderen Veröffentlichung sein.

Das furchtbare Hochwasser von 1946 ist jedoch Anlaß, hier kurz auf die Pläne einzugehen, deren Verwirklichung der Wiederholung einer derartigen Katastrophe vorbeugen soll.

Da die Durchflußmenge bei diesem Hochwasser weit größer war als bei allen bisher bekannten Hochwassern, wurde es notwendig, das Hochwasserbett neu zu berechnen und zu erweitern und dementsprechend die Planungen in seiner Umgebung zu ändern. Die Entwürfe dafür sind aufgestellt; sie werden nur schrittweise durchgeführt werden können, weil die derzeitigen wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten zur Rücksicht auf manche örtliche Gegebenheiten zwingen, die schwer zu ändern sind. Das wasserwirtschaftliche Institut der Technischen Hochschule hat den Auftrag erhalten, ein Modell zum Studium der Wirkung der verschiedenen Durchflußmengen herzustellen, das jetzt vollendet ist und ein anschauliches Bild und grundlegende Anhaltspunkte für die weitere Planung und Ausführung vermittelt. Eine Teilaufgabe – die Eindeichung Ricklingens – wird in Kürze durch- geführt werden.

Verschiedene Vorschläge sind gemacht, das Grünflächensystem durchzubilden und zu ergänzen. Die Sportplätze und Kleingärten sollen als Daueranlagen eingegliedert werden. Da hierbei vielfach willkürlich und verzettelt angelegte Anlagen verlegt werden müssen und damit zeitweise in ihrer Nutzung gestört werden, kann diese Absicht mit Rücksicht auf die bestehende Ernährungslage nur nach und nach verwirklicht werden. Die Grünplanung muß sich auch auf Gebiete erstrecken, die außerhalb der Stadtgrenze liegen. Die Verstädterung der angrenzenden Landkreise durch ihre Ueberbelegung und die immer größeren Entfernungen zwischen Wohnort und Arbeitsplatz der in Hannover Berufstätigen tragen dazu bei, das wirtschaftliche Einflußgebiet der Stadt erheblich auszuweiten. Als der Minister für Aufbau einen vorläufigen Wirtschaftsplan für die Hauptstadt Hannover anforderte, ist auf diese Umstände hingewiesen, und gebeten, der Stadt einen räumlich größeren Einfluß zu verschaffen, ihren Verwaltungsraum entsprechend auszudehnen oder eine andere wirksame Lösung für die einheitliche Durchführung der Planungen zu ermöglichen. die einer gedeihlichen Entwicklung des gesamten organischen Raumes Hannover zum allgemeinen Wohle die Wege ebne.

Die Möglichkeit, die geplanten Maßnahmen durchzuführen, wird außer von der wirtschaftlichen Lage vor allem davon abhängen, daß die gesetzlichen Grundlagen für das Planungs-, Bau- und Bodenrecht geschaffen werden, deren ErIaß dringend erwünscht ist. Es ist leider richtig, daß die städtebaulichen . Erkenntnisse den praktischen Möglichkeiten meist weit vorauseilen, und daß diese Möglichkeiten infolge des Schwergewichts, das die oft an den ungünstigsten Stellen noch vorhandenen baulichen Werte nun einmal haben, sehr begrenzt sind.

Ueber den Stand der Planung wurde in der Ratsversammlung vom 19. Dezember 1946 berichtet, ferner vor Vertretern der Militärregierung und eingeladenen Behörden am 5. Januar 1947, dann in verschiedenen Vorträgen 1947 und 1948 im Außeninstitut der Technischen Hochschule, in der Volkshochschule, im Haus- und Grundbesitzerverein und in der Industrie- und Handelskammer. In einer gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Fragen der Bau- und Wohnungspolitik und für die Verkehrs- und Wirtschaftseinrichtungen, zusammen mit dem Sachverständigenbeirat und den Vertretern der Fraktionen gab Stadtbaurat Meffert am 26. April 1948 einen ausführlichen Ueberblick über die bisherige städtebauliche Entwicklung Hannovers, über den Stand der Planung und die Zukunftsabsichten an Hand umfangreicher PIäne. Nach eingehender Aussprache stellte Oberbürgermeister Weber die grundsätzliche Zustimmung zu den erläuterten Plänen fest. Auf dieser Grundlage sollen nunmehr die Pläne endgültig bearbeitet und dem Rat vorgelegt werden.

Dabei ist in Aussicht genommen, bevor der Rat einen Beschluß faßt, auch der breiten Oeffentlichkeit Gelegenheit zu geben, die Pläne näher kennenzulernen und dazu Stellung zu nehmen.

Im Wiederaufbauamt wurden außer der Planung auch die anderen, mit dem Wiederaufbau zusammenhängenden Fragen behandelt, zum Beispiel wurden die Anwendung neuer Baustoffe und Bauweisen geprüft und beobachtet, Typengrundrisse für Wohnungsbauten ausgearbeitet und die Fragen der Baupflege behandelt. Um das Amt bei der architektonischen Vorbeurteilung wichtiger Baugesuche zu unterstützen, hat der Bauausschuß einen Baupflegebeirat berufen, der aus anerkannten hiesigen Architekten besteht und gewährleisten soll, daß alle wichtigen Fragen der Baugestaltung eine befriedigende. Lösung finden.

aus: Drei schwere Jahre, Ein Bericht der Bauverwaltung der Hauptstadt Hannover, Hannover 1948, S. 54-57

Auf Grund von Verhandlungen, die von der Stadtverwaltung und auch von anderen deutschen Verwaltungsstellen mit der Besatzungsmacht geführt waren, wurden im September 1945 von der Militärregierung „Erste Hilfsmaßnahmen zur Instandsetzung von Wohnungen“ angeordnet.

Der Oberpräsident erließ auf Anweisung der Militärregierung am 28. September 1945 eine „Verordnung zur Wiederherstellung von Wohnraum in kriegsbeschädigten Ortschaften“. Eine Reihe besonderer Anordnungen der Militärregierung ergänzten diese Vorschriften, die im, wesentlichen sagten, es solle versucht werden, die bis zu 15 v. H. beschädigten Wohnungen in einfachster Weise instand zu setzen und die übrigen bewohnten Häuser vor dem Winter wind- und wetterfest zu machen. Für jede Baugenehmigung war die Zustimmung der Militärregierung erforderlich.

Die Verordnung des Oberpräsidenten ermächtigte gleichzeitig die Gemeinden, Baustoffe aus den Trümmern der zerstörten Gebäude zu bergen und für die Instandsetzung zu verwenden. Ausdrücklich wurde in einer späteren, auf Anordnung der Militärregierung erlassenen Ergänzung dieser Verordnung festgelegt, daß für diese Trümmerbaustoffe keine Entschädigung zu gewähren sei, weil die Kosten der Räumung den Wert der geborgenen Baustoffe überstiegen.

Diese Vorschriften bildeten die Grundlage für den Beginn und die spätere Fortführung der Räumungs- und Instandsetzungsarbeiten. Ohne sie wäre es nicht möglich gewesen, noch viele Häuser zu retten und große volkswirtschaftliche Werte vor dem Untergang zu bewahren. Die deutschen Stellen erstreben jedoch ein deutsches Trümmerräumungsgesetz, das alle inzwischen aufgetauchten Zweifelsfragen endgültig und eindeutig klärt. Dieses Gesetz muß einerseits den berechtigten Interessen der Eigentümer der zerstörten Grundstücke, andererseits der Not der Allgemeinheit und der Notwendigkeit Rechnung tragen, auch künftig die alten Baustoffe für den Wiederaufbau verwenden zu können. Die Stadtverwaltung hat dem Minister für Aufbau und Arbeit bereits am 17. November 1947 den Entwurf eines solchen Gesetzes mit dem Antrage zugeleitet, es durch den Niedersächsischen Landtag beschließen zu lassen. Die Zonen-Exekutivanweisung 113 vom 30.3.1948 hat inzwischen die Landtage ausdrücklich ermächtigt, derartige Gesetze zu verabschieden.

Die Trümmerräumung kann wirksam und wirtschaftlich nur mit Großgeräten und Maschinen betrieben werden. Es wird daher immer nötig sein, daß die Gemeinden sich einschalten. Man kann ihnen aber keinesfalls zumuten, allein die Kosten für diese Aufwendungen zu tragen. Für die Kriegsfolgen muß die größere Gemeinschaft einstehen.

Auf Anordnung der Militärregierung erließ der Oberpräsident am 28. September 1945 eine „Verordnung über die Lenkung des Bauschaffens in der Provinz Hannover“. Zweck dieser Verordnung sollte sein, das Bauwollen mit den Baumöglichkeiten in Einklang zu bringen und auf das Allgemeinwohl auszurichten. Aber die beste Verteilung kann einen bestehenden Mangel nicht beseitigen.

Obwohl der Stadt Hannover in der Baulenkung die Befugnisse der Mittelstufe (Regierungspräsident) übertragen waren, durfte sie nur Instandhaltungs- und Unterhaltungsarbeiten bis 10.000 RM freigeben, und auch das nur, wenn die Militärregierung das Bauvorhaben vorhergenehmigt hatte. Praktisch hatten die deutschen Stellen also nur das Vorschlagsrecht. Die Verordnung vom 28. September 1945 wurde durch die Verordnung des „Gebietsrates von Niedersachsen“ über die Lenkung und Ueberwachung des Bauschaffens vom 1. Mai 1946 ersetzt. Die Militärregierung blieb noch immer weitestgehend in das Verfahren eingeschaltet.

Wer alles an der Genehmigung eines Baugesuches (je nach der Bedeutung des Bauvorhabens) beteiligt war, zeigt das Bild „Der lange Weg des Baugesuches“.

Der Rat bezeichnete schon in seiner Sitzung am 29. Mai 1946 die Baulenkungsverordnung als zu bürokratisch. Sie lähme das Bauschaffen anstatt es zu fördern. Er forderte, daß die Verordnung geändert werde. Die Vorstellungen hatten aber erst nach langer Zeit einen gewissen Erfolg.

Vom 1. Januar 1947 an verzichtete die Militärregierung auf die Beteiligung an der Genehmigung von Bauvorhaben bis zu 10.000 RM Kosten. Im Juni 1947 wurde die Baulenkungsverordnung erneut geändert.

Seit dem 1. Juli 1947 wird über die Bauanträge entschieden, ohne daß die Militärregierung vorher beteiligt wird. Sie hat sich aber die Aufsicht vorbehalten und angeordnet, daß nur nach ihren Richtlinien gebaut werden darf.

Die Einteilung der Bauvorhaben nach ihrer Art und ihrem Werte in das Kreisbauprogramm oder das Landesbauprogramm und ihre danach unterschiedliche Behandlung bei der Zuteilung von Baustoffen erforderte jedoch nach wie vor eine auf eine Spitze getriebene Baubürokratie, die wirkliche Erfolge des Wiederaufbaus fast mehr zu hemmen als zu fördern geeignet war. Das Baulenkungsamt, das vor allem diese Aufgabe wahrzunehmen hat und dazu erst nach dem Kriege neu gebildet werden mußte, wäre überflüssig, wenn die Baustoffe wieder wie früher frei bezogen werden könnten. Unendlich viel Verwaltungsarbeit und viel Aerger würden der Bevölkerung und der Verwaltung dann erspart.

„Prinzip in der Raum- und Stadtplanung, nach dem die Flächen für verschiedene Daseinsgrundfunktionen räumlich strikt zu trennen sind. Es geht zurück auf das Leitbild der „funktionalen Stadt“ (aufgelockerte Stadt), wie es in der Charta von Athen 1933 gefordert wurde. Grund für die Forderung nach Funktionsentmischung war die zunehmende Belastung von Wohngebieten durch direkt benachbarte Industrie- und Gewerbeflächen. Problematisch ist dabei jedoch die hohe Verkehrsspannung, die zwischen den getrennten Funktionen entsteht. Auch andere Effekte solcher monofunktionaler Entwicklung werden zunehmend kritisch beurteilt (z.B. Verödung von Innenstädten). Funktionstrennung vollzieht sich auch durch Suburbanisierung einzelner Funktionen (Wohnen, Gewerbe), die ursprünglich gemischt waren.“

Auszug aus: Spektrum.de – Lexikon der Geographie

Diese Zweite Denkschrift der Bauverwaltung war „als Grundlage für den gesamten Wiederaufbau von der Bauverwaltung »in enger Zusammenarbeit mit allen am Aufbau interessierten Kreisen aufgestellt, vor allem mit der Aufbaugemeinschaft«; ausgehend von den
historischen Gegebenheiten »unter Betonung der sozialen und der verkehrs- und wirtschaftspolitischen Bedürfnisse unserer Zeit« berücksichtigt er, »soweit das menschenmöglich ist, die zu erwartende künftige Entwicklung der Stadt Hannover«; die Detailverwirklichung dieses zukunftsorientiert auf ein Anwachsen der Einwohnerzahl bis zu 600.000 angelegten Planungswerkes bleibt Durchführungsplänen vorbehalten.“ 1)


1) Hannover Chronik online

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