Stadtplanung – Planungsvorstellungen 1948 -1951
„Wir entscheiden heute stellvertretend für Generationen, übernehmen die Verantwortung für die Neugestaltung der Stadt. Vielleicht wird schon in 10 Jahren sichtbar sein, was hier noch passiert.“
Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht (1949)
Die starke Zerstörung des Innenstadtbereichs ließ einen rekonstruierenden Wiederaufbau des alten Stadtkerns nicht zu. Statt dessen war eine Neuplanung des Stadtgebiets gefordert, die nicht nur gegenwärtigen., sondern auch zukünftigen Entwicklungsansprüchen gerecht werden sollte. Erste Pläne zum Wiederaufbau der Innenstadt waren bereits unter der Leitung des Stadtbaurats Meffert erarbeitet und 1946 der Öffentlichkeit zur Diskussion dargestellt worden. 1947 wurde die ‚Arbeitsgemeinschaft zur Lösung wissenschaftlicher, künstlerischer und wirtschaftlicher Fragen von Hannover‘ mit einem Planungsgutachten beauftragt, das 1947 vorlag. 1) Dieses Gutachten maß – ebenso wie Planungen des Stadtbauamtes – einer veränderten Verkehrsführung eine vorrangige Bedeutung bei.
Nach Amtsantritt des neuen Stadtbaurats Hillebrecht im Juli 1948 erfolgte unter seiner Leitung eine Überarbeitung jener Pläne, aus denen der sogennannte ‚Kollegialplan‘ entwickelt wurde. Im November 1948 wurde vom Stadtbauamt ein Wettbewerb zur „Klärung städtebaulicher Fragen im Kerngebiet der Innenstadt“ 2) ausgeschrieben, in dem der Kollegialplan zur Diskussion gestellt wurde und konstruktive Kritik in Form weiterer Planungsvprschläge erwartet wurde. Ziel des Wettbewerbs war es, „auf Grund der Wettbewerbsentwürfe schleunigst zu einem abschließenden Bauplan für die Innenstadt Hannovers zu kommen.“3) Die Beteiligung an diesem Wettbewerb war außergewöhnlich hoch. 98 Entwürfe wurden eingereicht, von denen zahlreiche Ideen vor allem im detailbereich in der späteren Umsetzung aufgegriffen wurden. Die Ausschreibung zum Wettbewerb spiegelte das neue Verständnis von Stadtplanung und Architektur in einer demokratischen gesellschaft wider. Stadtplanung bedeutete nach Hillebrecht nicht nur daß vielfältige Ideen aus der Fachwelt in der Planung berücksichtigt werden, sondern auch, daß „Bauherr und Bauverwalter Partner (sind, die) an einer gemeinsamen Aufgabe (arbeiten)“. An anderer Stelle fährt Hillebrecht fort: „Wir haben dabei in unserer Zusammenarbeit nicht den ‚Konsumenten‘ vergessen, der als Kunde das neue Haus aufsuchen soll und der eigentliche Benutzer der Stadt Hannover ist.“4) In diesem Sinne wurde die ‚Aufbaugemeinschaft Hannover e.V‘ gegründet, ein Verein von Haus- und Grundbesitzern, die mit Unterstützung des ’städtebaulichen Beraters‘ Konstanty Gutschow, ihre Wünsche und Interessen im Hinblick auf die Innenstadtplanung wirksam einbrachten.
Die Fachzeitschrift »Die neue Stadt« stellt die Wiederaufbauplanung Hannovers 1950 als
zukunftsweisend vor.
Anmerkungen
1) Stadtmitte Hannover. Beiträge zur Aufbauplanung der Innenstadt. Hrsg. Aufbaugemeinschaft Hannover e.V., Hannover 1949, S. 16
2) ebd., S. 18
3) ebd.
4) ebd., S. 6
… dass man im Jahr 2000 auf diese Vorbereitungen zurückgreifen kann
Einen Vorgeschmack der städtebaulichen Visionen, die der Architekt und Stadtplaner Rudolf Hillebrecht in seiner Heimatstadt Hannover umzusetzen gedachte, erhielten die Hannoveraner auf der Gründungsversammlung des hannoverschen Verkehrsvereins im Februar 1949. Oberstadtdirektor Bratke und Stadtrat Ernst sahen eine enge Verbindung zwischen der Förderung des Fremdenverkehrs, dem ursprünglichen Kernthema des Verkehrsvereins Hannover, und dem Wiederaufbau der Stadt voraus und hatten den neuen Stadtbaurat aus diesem Grund dazu eingeladen, im Rahmen der Gründungsversammlung des Vereins einen Vortrag zur Bedeutung des Fremdenverkehrs und des Aufbaus der Stadt zu halten. 1) Hillebrecht willigte ein und prophezeite den Vereinsmitgliedern in seinen Ausführungen, dass Hannover schon allein aufgrund seiner Position inmitten des Verkehrskreuzes der Nord-Süd- und West-Ost-Achse in naher Zukunft sehr großen Anteil am Fremdenverkehr haben werde. 2) Ferner versprach er den Anwesenden, das Hannover alles tun werde, damit die Stadt wieder „[…] ein Anziehungspunkt für den Besucher aus nah und fern wird.“ 3) Wie ambitioniert die Pläne des Stadtbaurats tatsächlich waren, verdeutlichte schließlich auch sein Ausruf, dass die Planung zur Gestaltung der Innenstadt „[…] heute schon soweit vorbereitet werden [müsse], daß man im Jahre 2000 auf diese Vorbereitung zurückgreifen könne.“ 4)
1) Vgl. Brief von Stadtrat Ernst an Stadtbaurat Hillebrecht vom 16. Februar 1949, StadtA H, 1.HR 15, Nr. 587.
2) Vgl. Protokoll der Sitzung zur Wiedergründung des Verkehrsvereins Hannover am 24. Februar 1949, StadtA H, 1.HR 15, Nr. 587.
3) Artikel „Verkehrsverein wieder gegründet“ aus „Hannoversche Presse“ vom 26. Februar 1949.
4) Zitiert aus Niederschrift über die Sitzung des Vorstandes und Beirats des Verkehrsvereins Hannover vom 12. April 1949, StadtA H, 1.HR 15, Nr. 587.
Auszug aus: Erstmann, Vanessa (2023): Hannover. Die historische Genese eines Stadtimages. Zum Einfluss von Stereotypisierungen auf die städtische Imageprofilierung und urbane Identität. Dissertation an der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, 2023, S. 336
Ausgangslage: Die zerstörte Stadt
Stadtplanung nach dem Zweiten Weltkrieg
- Vorstellungen 1948-1951 in Hannover
- Innenstadtplan und Flächennutzungsplan
- Umsetzung der Gebäude- und Verkehrsplanung
Zukunftsorientiertes Verkehrskonzept
- City-Ring
- Schnellstraßenkonzept
- Erschließung der Tangenten für die Innenstadt
- Das ‚Hohe Ufer‘ – „Alt“ und „Neu“ zusammenfügen
- Lavesalle am Waterlooplatz
- Öffentlicher Nahverkehr
- Flughafen Hannover
Umgang mit historischer Bausubstanz
Neugestaltung des City-Bereichs
- Neugestaltung des Kröpcke
- Wiederaufbau der Oper
- Hotel-, Geschäfts- und Verwaltungsneubauten in der Innenstadt
- Die neue Karmarschstraße
- Neue Ladenstraße als erste Fußgängerzone
- Die neue Markthalle
Wohnquartiere in den Stadtteilen
Krankenhäuser und Gebäude der Gesundheitsfürsorge
Schulen, Kultureinrichtungen und Sportanlagen
Denkmalgeschützte Verwaltungsgebäude und Geschäftshäuser
Architekten des Wieder-/Neuaufbaus
Stadtbaurat 1945 – 1948
Otto Meffert
(* 19.12.1879 in Warmbach, Taunus; † 01.08.1970 in Hannover)
„Als Stadtbaurat organisierte Otto Meffert nun den Wiederaufbau der zu 48 Prozent zerstörten Stadt Hannover. Neben der Räumung der Trümmer und der Instandsetzungen begann er 1947 mit einer längerfristigen Planung, die einzelne Teile des noch unter den Nationalsozialisten entwickelten radikalen Plans von 1944/1945 zum Neubau der Stadt aufnahm. Dazu gehörten die Entlastung der Innenstadt vom Verkehr mittels Straßendurchbrüchen, Verbreiterungen von Straßen und eine sogenannte „Leinerandstraße“, die Auflockerung der vormals dichten Bebauung sowie eine stärkere Durchgrünung. Diese Pläne wurden jedoch schon 1947/1948 durch ein Gutachten einer Arbeitsgruppe der Technischen Hochschule Hannover um Richard Finsterwalder, Hans Högg, Otto Fiederling und Ernst Zinsser überarbeitet. Mefferts Nachfolger Rudolf Hillebrecht machte allerdings auch diese überarbeiteten Pläne nicht zur Grundlage weiterer Aufbauplanung.
Otto Meffert blieb noch bis 1952 im Bauausschuss der Stadt und als Berater tätig.“ (wikipedia: Stand 09.02.2023)
Stadtbaurat 1948 – 1975
Rudolf Hillebrecht
(* 26. Februar 1910 in Linden; † 6. März 1999 in Hannover)
Hillebrecht war Architekt, Stadtplaner und Baubeamter. Er gestaltete als Stadtbaurat die im Zweiten Weltkrieg durch Luftangriffe stark zerstörte Stadt Hannover zu einer autogerechten Stadt um.