Filmische Geschichtsdarstellungen

Filmische Geschichtsdarstellungen

„Man kann nicht nicht inszenieren“

So überschreibt Oliver Kaever seinen Beitrag auf fluter.de. Dies wird für den Spielfilm generell so gesehen, aber vom Dokumentarfilm wird häufig erwartet, er solle „die Welt so darstellen, wie sie ist“. „Eine im Grunde unmögliche Aufgabe“ – so Oliver Kaever und vergleichbar viele Jahre früher auch Bernward Wember. Dies gilt umso mehr für historische Dokumentationen: Einordnen, Abwägen, Interpretieren, Weglassen – das ist die Aufgabe die sich dort stellt.

Dokumentarfilme wollen die Welt so darstellen, wie sie ist – eine im Grunde unmögliche Aufgabe

> Vollständiger Text: Kaever, Oliver: Man kann nicht nicht inszenieren. fluter.de 13.11.2014

Spielfilme mit historischen Inhalten sind seit jeher sehr beliebt. Kann man mit Spielfilmen, die historische Ereignisse zeigen oder die in der Vergangenheit spielen, etwas über Geschichte lernen? Was unterscheidet das informelle Lernen im Kino oder vor dem Fernseher vom Lernen in Bildungssituationen?

> vollständiger Text: Wehen, Britta: Historische Spielfilme – ein Instrument zur Geschichtsvermittlung? bpb  

Spuren kollektiven Bewußtseins: Basismaterial Film
Überlegungen für eine Edition von Filmen als Quelle ihrer Entstehungszeit

Pädagogische Nutzung von Filmen: Darstellung und Quelle

Welche Funktion haben Filme im zeitgeschichtlichen Unterricht?
In der Regel kann man davon ausgehen, daß Filme im Unterricht als „Infor-mationsträger“ eingesetzt  werden. Schülerinnen und Schüler sollen den Filmen    Sachinformationen entnehmen. Zu diesem Zweck werden  zumeist Kompilations-  filme (chronikartige Zusammenschnitte von Filmausschnitten, die durch einen Kommentar verknüpft werden) eingesetzt: entweder als Überblicksfilme, die politi- sche Ereignisse und Prozesse in einem größeren Zeitraum darstellen sollen oder      als beispielhafte Darstellung repräsentativer oder typischer Aspekte einer histori-  schen  Phase.   Dem Film wird dabei ein hoher Grad an Anschaulichkeit, an Inten-sität, Ausdrucksstärke, Erlebnisqualität, aber auch Genauigkeit und Realitätsnähe zugesprochen.   Rückmeldungen von Schülerinnen und Schülern scheinen diese Einschätzung zu bestätigen.  Sie weisen aber auch aus, daß Schülerinnen  und  Schüler sich offenbar mit Hilfe rekonstruierter Spielszenen oder Spielfilme Ereig-   nisse   oder Vorgänge besser vorstellen können:  Spielszenen konkretisieren und emotionalisieren, erhöhen das Interesse – wenn eine lebensnahe Bezugs- oder Kontextsituation gegeben ist  und die Handlung „anspricht“.

Bei beiden Arten der  Filmnutzung im Unterricht interessiert die Geschichtslehrerin   / den Geschichtslehrer  letztlich nur die Darstellungsebene der Filme: beim do-kumentarischen Film die Filmbilder als Abbildung äußerer historischer Realität     und das gesprochene Wort als deren Erklärung, beim Spielfilm die Geschichte (Story) und deren historische Detailtreue. Deshalb soll hier  zunächst eine Selbst-verständlichkeit festgehalten werden: Es gibt keine historische Darstellung, die die historische „Wirklichkeit“ wiedergibt. „Geschichtsschreibung ist immer Kon-strukt, an Standort und Perspektive gebunden, aber nicht beliebig, weil das Objekt  in der jeweiligen Perspektive fest umrissen ist. Innerhalb der gewählten Perspek-tiven muß die Darstellung >stimmen<, und die begrenzte Perspektive muß deut-   lich bleiben.“[1]  Abgesehen davon, daß bei vielen derartigen Filmen leider häufig gerade diese >Stimmigkeit< der Perspektive fehlt, verweist diese Feststellung auf die Notwendigkeit des quellenkritischen Umgangs auch mit solchen filmischen Geschichtsdarstellungen.

Der  Film als Quelle wird aber  von Geschichtslehrern wenig ernst genommen. Beachtet werden allenfalls die sog. Filmdokumente: Wochenschauen und vergleichbare Produktionen. Spielfilme sind als mögliche historische Quellen      nicht anerkannt und erkannt.[2]   Die Beschränkung der Perspektive durch das vorherrschende Interesse an politischer Geschichte verstärkt diese Bevorzugung des  „Filmdokuments“. Gleichsam  wird damit aber die Dichotomie der Begriffe „Spielfilm“ (Fiktion) und „Dokumentarfilm“ (Realität) zementiert. In diesem Ver-ständnis drückt sich aus, daß für viele Pädagogen offensichtlich unterschiedliche Qualitäten von (historischer) Realität extistieren. Wer aber im vorhinein bereits       einen Begriff davon hat, was für den Geschichtsunterricht historisch relevantes Er- eignis ist, schließt bestimmte Quellengattungen, hier also Spielfilme – aber auch  Experimentalfilme, „Mischformen“ usw. – wie selbstverständlich aus, weil sie mit        dem „relevanten Ereignis“ nichts zu tun und zu seiner Erklärung/Interpretation       nichts beizutragen haben.


[1] Irmgard Wilharm: Geschichte im Film, in: G. Schneider (Hg.): Geschichte lernen und lehren, Han-    nover  1986, S. 286

[2] Dieses Verständnis hat Tradition und ist vergleichbar mit der Rezeption von Filmen in der Geschichtswissenschaft. Vgl. dazu einführend Rolf Aurich: Film in der deutschen Geschichtswissenschaft. Ein kommentierter Literaturüberblick, in:Geschichtswerkstatt 17, Hannover 1989, S. 54-66


vollständiger Text: Endeward, Detlef: Spuren kollektiven Bewußtseins: Basismaterial Film. Überlegungen für eine Edition von Filmen als Quelle ihrer Entstehungszeit. In: FWU Magazin 7/1993, S. 15-20 (pdf)

Borries, Bodo von (1986): Geschichte im Spiel- und Dokumentarfilm. Fach- und mediendidaktische Überlegungen. In: Medien und Kommunikation als Lernfeld. Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Band 236, Bonn 1986, 211-243