Film in der Weimarer Republik 1919 bis 1933
Anton Kaes attestiert dem Film in der Weimarer Republik „Motor der Moderne“ gewesen zu sein. Dies ist sicher zutreffend in Bezug auf die kulturelle Entwicklung in den 20er und frühen 30er Jahren und auf das Freizeitverhalten der Menschen.
Die hier ausgewählten Filme sollen einerseits diesen Charakter zum Ausdruck bringen und damit die Möglichkeit eröffnen sich der Kulturgeschichte Deutschlands aus cineastischer Perspektive zu nähern. Im Wesentlichen sollen die Filme aber Aufschluss bringen für die Beschäftigung mit der Sozialgeschichte und den politischen Konfliktlinien in der Weimarer Republik.
Filmgeschichtlich kann das Filmschaffen in folgende Phasen gegliedert werden. Von der Motivgestaltung ausgehend,lassen sich (nach Kaes) folgende Phasen definieren:
- „Der Schauer des Fremden“ – expressionistischer Film
- Vom Kammerspielfilm zum Straßenfilm
- Großstadt und Moderne
- Nationale Mythen
- Wem gehört die Welt – gesellschaftskritischer Film
Gregor/Patalas beschreiben die Entwicklung des Films vom Expressionismus über das Kammerspiel zur neuen Sachlichkeit und sehen zum Ende der Republik realistische Tendenzen im sozial- und gesellschaftskritischen Film. Für sie waren die Anfangsjahre von 1920 bis 1924 und die Endphase der Republik von 1930 bis 1932 eine kurze Blütephasen des deutschen Filmschaffens, die die Entstehung künstlerisch relevanter Filme ermöglichten.
Zeiträume von wirtschaftlicher, sozialer und politischer Unsicherheit ware für Siegfried Kracauer prädestiniert, um die Spielfilme dieser Zeit als Quellen für gesellschaftliche Menatlitäten zu sehen/lesen:
Ich behaupte, daß mittels einer Analyse der deutschen Filme tiefenpsychologische Dispositionen, wie sie in Deutschland von 1918 bis 1933 herrschten, aufzudecken sind: Dispositionen, die den Lauf der Ereignisse zu jener Zeit beeinflußten und mit denen in der Zeit nach Hitler zu rechnen sein wird… (Vorwort 1946 zu „Von Caligari zu Hitler“)
Kracauer gliedert die Filmgeschichte der Weimarer Zeit entsprechend der geschichtlichen Phasen der gesellschaftlichen Entwicklung in die Nachkriegszeit (1918-1924), die Stabilisierungszeit (1924-1929) und die präfaschistische Zeit (1930-1933). Ausgehend von seiem filmanalytischen Ansatz ordnet er dann Filme dominierenden Motivkomplexen zu.
Bei unserer Filmauswahl orientieren wir uns an Kracauers Filmanalyse und Zuordnung der Filme jener Zeit – auch wenn wir uns bewusst sind, dass wir – Jahrzehnte nach Kracauers Studien – mit anderen Blicken auf die Filme und die Geschichte schauen.
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Literatur:
- Gregor, Ulrich/Patalas, Enno: Geschichte des Films. München, Gütersloh, Wien 1973
- Kaes, Anton: Film in der Weimarer Republik. In: Geschichte des deutschen Films. Hrsg. von Wolfgang Jacobsen, Anton Kaes, Hans Helmut Prinzler. Stuttgart 1993, S. 39-100
- Siegfried Kracauer: Von Caligari zu Hitler. Eine psychologische Geschichte des deutschen Films. Frankfurt/M. 1984 (Originalausgabe Princeton 1947)

Filme in ihrer Zeit – Überblick
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