Architektenviertel in Herrenhausen
Wohnsiedlung am Großen Garten
Die Idee für diese Wohnsiedlung stammte von Stefan Schwerdtfeger und Eberhard Kuhelnkampff, damals Abteilungsleiter im Planungsamt der Stadt. Diese stellte 1957 einen Bebauungsplan auf. Ziel war, „eine Wohnsiedlung mit individuellen, dem Geschmack eines jedenEigentümers angepaßten Wohnformen zu schffaen, die dennoch in der Gesamtgestaltung ein einheitliches und geschlossenes Bild ergeben sollte.“ 1)
Zwei Wohngruppen mit unterschiedlicher Dichte wurden geplant und in den Jahren von 1958 bis 1961 nach Plänen der Architekten Friedrich Lindau, Siegfried Erlhoff, Rolf Wékel, Walter Hämer, Linda Bluta-Mehmel, Ernst Zietzschmann und anderen realisiert. Mehr als 50 Grundstücke wurden bebaut, die durch sparsam angelegte „Wohnwege“ erschlossen sind und deren Bebauung bis heute weitgehend unverändert erhalten geblieben ist.2)
In dem geschlossenen wirkenden Gesamtbild des Architektenviertels finden sich Bungalows 2)
- als weiß verputzter Kubus wie beispielsweise im Ringelnatzweg 6;
- als Winkelbau mit getrenntem Wohn- und Schlaftrakt, insbesondere im Ringelnatzweg 7 und am Morgensternweg 17
- oder als Solitärbau, bei dem die Lage der Innenräume von außen nicht erkennbar ist, wie etwa am Ringelnatzweg 5.
Das einzelstehende Gebäude am Ringelnatzweg 5 zeigt als Besonderheit – als „Zitat“ an die Architektur eines Ludwig Mies van der Rohe – zudem eine vollverglaste Wandfläche zur Gartenseite hin, zugleich einen ebenerdigen Zugang zur Terrasse.
Von Ernst Zinsser in Zusammenarbeit mit dem Bauleiter „B. Borchers“ wurde 1961 das „Wohnhaus Prof. Wilde“ unter der Adresse Ringelnatzweg 12 gebaut.3)
Zur städtbaulichen Beduetung schrieb Friedrich Lindau, einer der beteiligten Architekten, 1998:
In der Stadtbaugeschichte Hannovers ist für die Zeit der fünfziger Jahre die Siedlung als das wohl herausragende Beispiel einer kleinen Wohnsiedlung anzusehen, in der trotz individueller architektonischer Leistungen ein einheitliches und geschlossenes Gesamtbild entstanden ist, das sich heute in relativ unveränderter Form in eben dieser Geschlossenheit darstellt. 4)
Das Wohnviertel fand auch international Beachtung. So widmete die internationale schweizer Architektur-Zeitschrift ‚Bauen und Wohnen‘ dem Architektenviertel anfang der 60er Jahre zwei Beiträge 5) und hob – ein wenig pathetisch – hervor:
In Hannover ist so auf Grundstücken zwisch 340 und 1100 m2 eine große Zahl völlig individueller Wohnhäuser in engster Nachbarschaft entstanden, die ohne regulierendes Eingreifen durchaus harmonisch sich entwickelt haben, das heißt, ohne daß irgendein Nachbar den anderen ungebührlich stört.
Besondersdeutlich wird das Ergebnis am Grundriß. Es erscheint gelungen für das Entstehen individueller, aber gemeinsamer Umwelt Verhaltensformen zu finden, die geeignet waren, diesen Umweltbereich gebrauchsgerecht zu gliedern, ohne ihn seine Homogenität zu nehmen – von der erschließenden Straße, bis in die kleinste, intime Kammer. Und der zugewiesene schmale Anteil konnte dem Einzelnen doch persönliche Umwelt – selbstdarstellung seiner Kräfte und Vermögen sein, und ihn nach außen dokumentieren.
Anmerkungen
1) Lindau, Friedrich (1998): Planen und Bauen der fünfziger Jahre in Hannover. Hannover 1998, S. 125ff
2) Vgl. zum Folgenden: Martin Wörner, Ulrich Hägele, Sabine Kirchhof (2000): „Architektenviertel“ und Übersichtskarte. In dies.: Architekturführer Hannover. Reimer, Berlin 2000, S. 123, v. a. S. 131
3) Haas, Ralph (2000): Wohnhaus Prof. Wilde, Ringelnatzweg 12, 1961 in ders.: Ernst Zinsser, Leben und Werk eines Architekten der Fünfziger Jahre in Hannover. (= Schriften des Institutes für Bau- und Kunstgeschichte der Universität Hannover, Bd. 15), zugleich Dissertation 1999 an der Universität Hannover, 1. Auflage, hrsg. von Günther Kokkelink, Institut für Bau- und Kunstgeschichte, Hannover: Institut für Bau- und Kunstgeschichte, 2000
4) Lindau, Friedrich (1998): a.a.O., S. 131
5) Einfamiliehausquartier in Hannover-Herrenhausen. In: Bauen und Wohnen, 18. Jahrg./April 1964 – Heft 4, S. 172 und Architektenhaus in Hannover-Herrenhausen. In: Bauen und Wohnen, 17. Jahrg./Dezember 1963 – Heft 12, S. 125-127
Literatur
Lindau, Friedrich:
Ausgangslage: Die zerstörte Stadt
Stadtplanung nach dem Zweiten Weltkrieg
- Vorstellungen 1948-1951 in Hannover
- Innenstadtplan und Flächennutzungsplan
- Umsetzung der Gebäude- und Verkehrsplanung
Zukunftsorientiertes Verkehrskonzept
- City-Ring
- Schnellstraßenkonzept
- Erschließung der Tangenten für die Innenstadt
- Das ‚Hohe Ufer‘ – „Alt“ und „Neu“ zusammenfügen
- Lavesalle am Waterlooplatz
- Öffentlicher Nahverkehr
- Flughafen Hannover
Umgang mit historischer Bausubstanz
Neugestaltung des City-Bereichs
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- Wiederaufbau der Oper
- Hotel-, Geschäfts- und Verwaltungsneubauten in der Innenstadt
- Die neue Karmarschstraße
- Neue Ladenstraße als erste Fußgängerzone
- Die neue Markthalle
Wohnquartiere in den Stadtteilen
Krankenhäuser und Gebäude der Gesundheitsfürsorge
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Denkmalgeschützte Verwaltungsgebäude und Geschäftshäuser
Architekten des Wieder-/Neuaufbaus