Grupenstraße – erste Fußgängerzone Hannovers
Neue Ladenstraße
Ausgehend vom Kröpcke wurde der Aufbau des Citybereichs vorangetrieben. Neben den Neuplanungen von Geschäfts- und Bankgebäuden sah der Aufbauplan auch eine direkte Fußgängerverbindung vom Bahnhof zum Landtagsgebäude vor. Um diesen Plan zu realisieren war die Umgestaltung des bis zur Zerstörung eng bebauten Blocks Seilwinder-, Markt- und Osterstraße vorgesehen. Dieses Grundstück, das mit zahlreichen kleinen Läden, Wohnhäusern und Bürohäusern bebaut war, sollte zu zwei neuen Geschäftsblöcken mit einer neuen Ladenstraße, der späteren Grupenstraße, umgestaltet werden. „Der Neuplanung des Blocks Grupenstraße – Seilwinderstraße liegt die Idee zugrunde, vom Kröpcke über die Karmarschstraße und über den Marktplatz zum Leineschloss, dem künftigen Parlament, zu schaffen und damit gleichzeitig die dem Geschäftsmann von heute so wertvollen Schaufensterlängen zu erhöhen. Es ist verständlich, daß die Geschäftsleute den Verlust an Baufläche hinnehmen, weil nun neue Fronten entstehen und gewissermaßen Hinterland in Vorderland verwandelt wird.“ 4) Die Durchführung der geplanten Umstrukturierung mag nicht sehr einfach gewesen sein, da der Block Seilwinder-, Markt- und Osterstraße vor der Zerstörung in 64 kleine Grundstücke unterteilt war. Einige Grundbesitzer jedoch werden diesen neuen Plänen vermutlich freudig zugestimmt haben, da die Grundstücke, die bislang im Blockinneren lagen, fortan zu der neuen Ladenstraße ausgerichtet werden sollten, d.h. ‚Hinterland wird zu Vorderland verwandelt‘ und somit wurde die Attraktivität dieser Grundstücke zweifellos enorm gesteigert.
Einen Einblick in die zukünftige Bebauung der neuen Ladenstraße zeigt die abgebildete Planungsskizze des Architekten J. Egner.
Die neue Ladenstraße sollte von ‚niedrigen‘ Geschäftshäusern mit großen Schaufenstern bestimmt werden. Aufgrund dieser Bauweise sollte der Blick auf die Marktkirche und das Leineschloß frei bleiben und diese Gebäude somit ‚auf eine neue Art sinnfällig zu Erlebnis gebracht‘ werden.
Bereits 1950 wurde der Bau der neuen Ladenstraße in Angriff genommen. Die nun neu entstehende Fußgängerstraße wurde nach dem Bürgermeister Christian Ulrich Grupen (1692-1767) benannt.
Hannovers erste Fußgängerzone
Fußgängerzonen sind eine „Erfindung“ der Nachkriegszeit. Der zunehmende KFZ-Verkehr führte dazu für Fußgänger einen neuen Typus öffentlicher Räume zu gestalten. Nicht mehr nur zeitweise Sperrungen städtischer Straßen für den Fahrzeugverkehr sondern Stadtzonen ausschließlich für Fußgänger.
„Als der Neuaufbau begann, war die Hannoversche Verkehrsplanung weitgehend auf das noch junge und moderne „Automobil“ abgestellt. Doch bezog man Verkehrsmittel wie Straßenbahnen und Busse gleichberechtigt in die Planung mit ein. Auch für Fußgänger wurden ausdrücklich innerstädtische Straßenzüge ausgewiesen. Eine der ersten Straßen, die nach der Aufbauplanung von 1949/50 als reine Fußgängerstraße geplant und errichtet wurde, war die Grupenstraße.“ 1)
Am 18. Mai 1954 wurde die Grupenstraße eröffnet. Mit der Umgestaltung dieses Straßenzuges verschob sich das Einzelhandelsviertel bis in die Altstadt. Entsprechend der Zielsetzung, den Innenstadtbereich nur mit Geschäftshäusern mit einer verträglichen Bauhöhe zu bebauen, wurden in der Grupenstraße dreigeschossige Geschäftshäuser fertiggestellt, deren Bauhöhe den Blick auf das Wahrzeichen Hannovers, die Marktkirche freigeben. Die freundliche Geschäftsgestaltung, helle Gebäude mit viel Glas, laden den Fußgänger bis heute zu einem ruhigen, gemächlichen Spaziergang oder Geschäftsbummel durch diese Straße ein. Die zahlreichen Cafés sind bis heute ein weiterer Anziehungspunkt in dieser Straße. Eine Tasse Kaffee wird besonders gern bei schönem Wetter von den Passanten unter freiem Himmel genossen. Ein Zeitgenosse aus den 50er Jahren bemerkte, daß es fast den Anschein hatte, daß der Fußgänger in dieser Straße zu einem anderen Zeitmaß angehalten wurde. Statt des sonstigen hektischen Straßenlebens in Hannover konnte er an dieser Stelle ein gemütliches und gemächliches Straßenleben genießen. 2)
Zur Unterstützung dieser kleinen Oase wurden Ende der 50er Jahre Bäume angepflanzt, um das Straßenbild weiter zu verschönern. Die Aufstellung der Plastik ‚Spielende Kinder‘ von Lehmann erfolgte 1956.
„Diese Plastik hat nichts mit der langweiligen steifen Würde der ehernen Stadtbilder von früher gemeinsam, sie steht einfach nur da, sie gehört dazu und (ist) so frei von allem Pathos wie die neue Stadt überhaupt.“ 3)
Anmerkungen
- Dorn, Ralf (2015): Fachbeitrag: Hannover, Innenstadt. In: Fußläufig (15/2) – moderneREGIONAL. http://www.moderne-regional.de/fachbeitrag-hannover-innenstadt/
Ausgangslage: Die zerstörte Stadt
Stadtplanung nach dem Zweiten Weltkrieg
- Vorstellungen 1948-1951 in Hannover
- Innenstadtplan und Flächennutzungsplan
- Umsetzung der Gebäude- und Verkehrsplanung
Zukunftsorientiertes Verkehrskonzept
- City-Ring
- Schnellstraßenkonzept
- Erschließung der Tangenten für die Innenstadt
- Das ‚Hohe Ufer‘ – „Alt“ und „Neu“ zusammenfügen
- Lavesalle am Waterlooplatz
- Öffentlicher Nahverkehr
- Flughafen Hannover
Umgang mit historischer Bausubstanz
Neugestaltung des City-Bereichs
- Neugestaltung des Kröpcke
- Wiederaufbau der Oper
- Hotel-, Geschäfts- und Verwaltungsneubauten in der Innenstadt
- Die neue Karmarschstraße
- Neue Ladenstraße als erste Fußgängerzone
- Die neue Markthalle
Wohnquartiere in den Stadtteilen
Krankenhäuser und Gebäude der Gesundheitsfürsorge
Schulen, Kultureinrichtungen und Sportanlagen
Denkmalgeschützte Verwaltungsgebäude und Geschäftshäuser
Architekten des Wieder-/Neuaufbaus