Weltspiele

Georgstraße 12–14
Betreiber: Robert Billerbeck; Heinz Riech
Architekten: Adolf Springer (1948); Uwe Reese (1954)
Wiedereröffnet am 24.3.1949 mit CLARA SCHUMANNS GROSSE LIEBE
Sitzplätze: 1.160 (1949); 1.100 (1954)
Umstellung auf Cinemascope 1954
Geschlossen 1992, 1994 abgebrochen, heute Kaufhaus (Neubau)

Im März 1949 eröffnet Robert Billerbeck die Weltspiele wieder als wichtigstes hannoversches Premierentheater der fünfziger Jahre.

Weltspiele Eingang in den 30er Jahren

Die Weltspiele eröffnen 1924 in einem eigens errichteten Gebäude mit damals 1.200 Sitzplätzen als eines der ersten großen Premieren-Kinos der Stadt. Schon in den zwanziger Jahren werden hier zahlreiche große Stummfilme erstaufgeführt. Die Premieren werden durch Gastspiele damals populärer Schauspieler wie z. B. Henny Porten bereichert.

Seit Beginn der Tonfilmära führt das Kino hauptsächlich ausländische Filme auf und blieb einer der wichtigsten Filmtheater Hannovers. Seit 1936 ist das Theater im Besitz der UFA. Der von Alfred Sasse entworfene Neubau wird von Adolf Springer in den dreißiger Jahren umgebaut. Dabei wird der Eingang verlegt und eine große Lichtreklame angebracht.

Der erste deutsche Farbfilm FRAUEN SIND DOCH DIE BESSEREN DIPLOMATEN erreicht eine Zuschauerzahl von fast 250.000. Im letzten Spieljahr vor ihrer Zerstörung durch den Bombenangriff vom 9. Oktober 1943 haben die Weltspiele über eine Million Besucher.

Am 8.10.1943 werden die Weltspiele zerstört, die Aufräumarbeiten unter Architekt Springer beginnen am 11.10.1948, am 3.12.1948 ist bereits Richtfest, am 24.3.1949 Eröffnung.

Eine lange Passage mit Schaukästen und Vitrinen führt von der Straße in den grün gestrichenen Kassenraum. Das geräumige Foyer ist cremefarben getönt, der Boden mit Terrazzoplatten ausgelegt. An der Decke hängen wuchtige Leuchterkronen, an den Wänden große Spiegelkonsolen mit Spiegelleuchten und Gemälden. Eine breite Treppe führt zum oberen Foyer, das in gleicher Weise ausgestattet ist. Der Zuschauerraum fasst anfangs 1.160 Sitze, 700 im Parterre und 460 im Rang. Die Wände des Zuschauerraums sind rot verputzt, das Anschlussprofil zur Decke ist orange gehalten. Die Decke besteht aus hellblauen Akustikplatten, der Vorhang schimmert dunkelblau. Ein Lichtband an der Decke sorgt für indirekte Beleuchtung, die farbige Bühnenumrahmung wechselt von Weiß auf Rot und Grün, wobei die Möglichkeit besteht, die Farben untereinander zu mischen.

Im Sommer 1954 wird das Kino für drei Wochen geschlossen und gründlich modernisiert. Nach der Renovierung hat das Kino etwas weniger Plätze, es bietet dafür aber eine bessere Sicht. »Dieses bekannte Uraufführungstheater Norddeutschlands ist ein gutes Beispiel dafür, wie durch veränderte Raumaufteilung – hier Fortfall der Mittelgänge und Verkleinerung der Seitenbalkons – ein völlig neuartiges Aussehen erzielt werden kann« (Die Filmwoche 31/1954). Die Bildwand wird von 9 auf 13 Meter verbreitert, vor der Leinwand wird eine größere Fläche für die Auftritte der Stars zu den Premierenfeiern geschaffen, die der besseren Sicht wegen zudem tiefer gelegt wird. Die Bühne wird »mit dunkelgrünen runden Stuckkanneluren eingerahmt. […] Der geschmackvoll ausgestattete Zusschauerraum wirkt mit maisfarbenem Anstrich, der grau-grün aufgeteilten Decke, den Parterre-Logen und der Acella-gepolsterten Bestuhlung (Bähre) intim und bietet durch die neue Raumaufteillung 1100 Besuchern Platz. Außerdem wurden alle Lichtquellen verbessert, an den Balkenbrüstungen befinden sich die Sternbilder« (Film-Echo 30/1954).

1975 verkauft Robert Billerbeck das Gebäude an die Kaufhauskette Woolworth, der Kinobetrieb läuft jedoch bis zum September 1992 weiter. Nach der Übergabe des Kinos an den Hamburger Kinozaren Heinz Riech 1980 verkommen die Räumlichkeiten mangels Investitionen zusehends. Anfang der achtziger Jahre wird das Kino in drei Säle unterteilt, das Gestühl stammt teilweise aus dem aufgegebenen Rivoli. Am 10. Oktober 1992 wird in den Weltspielen ein Veranstaltungszentrum für Konzerte eröffnet, 1994 wird das Haus abgerissen, um Platz zu schaffen für den Neubau einer Woolworth-Filiale. Das Kaufhaus muss 2002 bereits wieder schließen. Heute werden die Räumlichkeiten von Einzelhandelsgeschäften genutzt.


Pläne:

StadtAH, 1.NR.6.03, Nr. 312, 313, 339 und 340                            

R. Beilicke: Lichtspieltheater Weltspiele Hannover, Längsschnitt AB, August 1947, in: StadtAH, 1.NR.6.03, Nr. 313

Adolf Springer: Weltspiele Hannover, Bestuhlungsplan, Februar 1959, genehmigt am 18.12.1959, in: StadtAH, 1.NR.6.03, Nr. 340; StadtAH_3_NL_582_015


Literatur:

Hannover erhält ein neues Ur- und Erstaufführungstheater, in: Fachinformationen für die deutsche Filmwirtschaft, Beilage der Neuen Filmwoche Nr. 14 vom 12.3.1949

Filme kommen schneller nach Hannover. Neue Großkinos ermöglichen frühere Erstaufführungen, in: Hannoversche Neueste Nachrichten vom 26.3.1949

»Clara Schumanns große Liebe«: Festliche Eröffnung der »Weltspiele«, in: Hannoversche Presse vom 26.3.1949

Reimar Hollmann: Verführte Hände, in: Hannoversche Neueste Nachrichten vom 9.4.1949

Gerda Richter: Schicksal zwischen Fluch und Begnadung. Uraufführung »Verführte Hände« in den Weltspielen, in: Hannoversche Presse vom 9.4.1949

Hannover erhält ein neues Erstaufführungstheater, in: Film-Echo 9/1949

Eröffnung der Weltspiele. Hannover erhält wieder ein 1200-Platz-Theater, in: Film-Echo 11–12/1949

Neugestaltung der Weltspiele. Wiedereröffnung am Freitag, 16. Juli mit »Konsul Strotthoff«, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 14.7.1954

Neugestaltung der Weltspiele beendet, in: Hannoversche Presse vom 15.7.1954

Die Filmwoche 26/1954; 31/1954

Film-Echo 30/1954

Der neue Film 62/1954

Claus Harms: Der Erfolg gab ihnen recht. Vor 20 Jahren wurden die Weltspiele wiedereröffnet, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 28.3.1969

Die Weltspiele sind in ihrer Existenz bedroht. Der Woolworth-Konzern hat das Grundstück schon gekauft, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 22.1.1975

Reimar Hollmann: Schellchen, Liane und Vico als Straßenfeger. Hilde Rademachers Erinnerungen an 35 Jahre Kino, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 1.8.1987

Klaus Partzsch: Der Marathon dieser Weltspiele geht dem Ende entgegen: wo einst die Großen des Films bejubelt wurden, verlieren sich heute ein paar Kinofans, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 1.8.1982

Weltspiele müssen Woolworth weichen. Unternehmen plant fünfstöckigen Neubau an der Georgstraße, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 2.4.1991

Ernst Corinth: Modernes Leben in den alten Weltspielen. Im Ambiente der fünfziger Jahre richtet sich ein neues Veranstaltungszentrum ein, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 1.10.1992

Simon Benne: »Freddy Quinn war mir am liebsten«. Sie war die Seele der Traditionskinos Gloria-Palast und Weltspiele. Jetzt wird Hildegard Rademacher 100 Jahre alt – und blickt auf Hannovers glorreiche Kinovergangenheit zurück, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 9.2.2019

 

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