Hochhaus-Lichtspiele

Goseriede 9
Betreiber: Karl Homann; ab 1958 Julius Dau; ab 1968 Dieter Alexander Dau; ab 1970 Robert Billerbeck; ab 1982 Vereinigte Filmtheater Betriebe
Architekten: Kurt Rietdorf (1949); Dieter Oesterlen (1967); Ludwig Dempewolf (1982)
Eröffnet am 6.12.1949 mit DAS SPIEL IST AUS
Sitzplätze: 410 (1949); 360 (1967); 300 (1982)
Geschlossen am 30.10.2016, Ende 2016 abgebrochen

Für lange Zeit sind die Hochhaus-Lichtspiele in der Kuppel des Anzeiger-Hochhauses das schönste Filmtheater der Stadt.

Bereits 1928 präsentierte die Kulturfilmbühne Filme im Planetariumssaal unter der Kuppel des Anzeiger-Hochhauses.. Eine große »Welte-Kino-Konzert-Orgel« sorgt dort bis zur Einführung des Tonfilms für akustische Spezialeffekte. Man zeigt anfangs wissenschaftliche, völkerkundliche und kulturgeschichtliche Dokumentarfilme, ein halbes Jahr später folgen die ersten Spielfilme. Noch am 25.3.1945 wird die Hochhauskuppel von Brandbomben getroffen. Das Planetarium mit der Kulturfilmbühne brennt aus, doch die Kuppel hält dem Feuer stand.

Im Dezember 1949 werden dort die Hochhaus-Lichtspiele eröffnet. Der komplett neu konzipierte Kinosaal ist in einem gedämpften Goldton getäfelt und wird durch Lichtleisten in der dreifach gestuften, organisch geschwungenen Rabitz-Decke indirekt beleuchtet. Ihre außergewöhnliche Ausstrahlung erhalten die Hochhaus-Lichtspiele vor allem durch zwei Komponenten: Der runde Saal unter der Kuppel formt den Zuschauerraum zu einem Dreiviertelkreis, die geschwungenen Sitzreihen korrespondieren mit der Gestaltung der Decke. Die organische Anordnung der Sitze sorgt für gute Sicht und fördert das Gemeinschaftserlebnis der Zuschauer.

Ausschlaggebend für seine einzigartige Aura ist die Position des Kinos hoch über den Dächern der Stadt – mit 33,88 Metern über dem Straßenniveau ist es das höchstgelegene in ganz Deutschland. Schon zu Beginn, als der Saal vor allem als Planetarium dient, ist seine Lage »dem Himmel nahe, an sich gewiß schon ein glücklicher, wenn man will, in dieser prosaischen Zeit sogar ein poetischer Gedanke«, aber noch heute liegt ein von den herkömmlichen, zu ebener Erde liegenden Kinos »nicht genutztes suggestives Stimmungselement darin, den Besucher zunächst einmal der gewohnten Alltagssphäre zu entheben« (Westheim, S. 21), um ihm dann eine Welt oberhalb und außerhalb seines Alltags zu eröffnen.

Renoviert wird das Kino bereits 1955, erneut 1967 und schließlich 1982, erhält aber bis zur Erneuerung der Hochhauskuppel seine Sitzplatzanordnung und die subtile Beleuchtung in der geschwungenen Decke bei. Am 30. Oktober 2016 wird der Spielbetrieb in der Kuppel eingestellt und stattdessen ein Interimskino in der ehemaligen Schalterhalle im Erdgeschoss des Hauses eingerichtet. Ende 2016 wird die Rabitz-Konstruktion des Kinosaals abgebrochen. Nach Abschluss der Kuppelsanierung soll voraussichtlich wieder ein Kino unter der Kuppel einziehen.


Pläne:

Bauakten der Madsack Mediengruppe, Abt. Liegenschaften:

Kurt Rietdorf: Kinoausbau Planetarium, Entwurf für den Grundriss der Hochhaus-Lichtspiele, Hannover im März 1947

Waldemar Haack: Bericht über eine Besprechung bezgl. der Wiedereinrichtung eines Kinotheaters im VIII. Obergeschoss des Anzeiger-Hochhauses, Hannover, Goseriede 5/6 vom 14.5.1947

P. O. Knackstedt: Bestuhlungsplan Anzeiger-Hochhaus, 8. OG, o. D.

Adolf Falke: Bestuhlungsplan Planetarium Hannover Anzeiger [mit Bühne, erhöhter Loge und 2 Balkonen!], o. D.

Dieter Oesterlen: Bauvorhaben Hannoversche Allgemeine, Renovierung Kino, Bauteil: Bestuhlungsplan vom 1.3.1967

Dieter Oesterlen: Anzeiger-Hochhaus, 8. OG, Erneuerung der Schlitzfenster, Grundriss vom 26.9.1968


Literatur:

Paul Westheim: Das Zeitungshaus – Fritz Högers Werk, in: Festschrift zum Einzuge des Hannoverschen Anzeigers in sein Hochhaus im April 1928, Hannover 1928, S. 21

Der Psychoanalytische Film. Zur Eröffnung der Kulturfilmbühne im Hannoverschen Planetarium mit dem Film »Geheimnisse einer Seele (Nervosität, Hysterie oder Wahnsinn)«, in: Hannoverscher Anzeiger vom 16.12.1928

Kulturfilmbühne im Planetarium. Orgelweihe durch Domkapellmeister Messner. Freud’s Psychoanalyse im Film, in: Hannoverscher Anzeiger vom 18.12.1928

Die Welte-Kino-Konzert-Orgel im Planetarium des Anzeiger-Hochhauses, in: Hannoverscher Anzeiger, Illustrirte Zeitung vom 13.1.1929

Juda Leman: Tonfilm in der Kulturfilmbühne, in: Hannoverscher Anzeiger vom 26.10.1930

Nächste Woche: Hochhaus-Lichtspiele. Schmuckes Lichtspiel-Theater in der Kuppel des Anzeiger-Hochhauses, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 2.12.1949

Fünf Jahre Hochhaus-Lichtspiele. Rückschau und Ausblick, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 2.12.1954

Film-Echo 7/1954

Der neue Film 99/1954; 56/1955

Im besten Sinne programmatisch. Zehn Jahre Hochhaus-Lichtspiele, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 5.12.1959

Gerd Schulte: Persönliche Linie mit Niveau. Julius Dau zum 65. Geburtstag, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 3.8.1965

Hochhaus-Studio präsentiert sich im neuen Gewand, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 3.8.1967

Rudolf Lange: Für ihn war Film zuerst Kunst. Zum Tode des Leiters der Hochhaus-Lichtspiele, Julius Dau, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 19.3.1968

Niveau. Zwanzig Jahre Hochhaus-Lichtspiele, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 19.12.1969

Reimar Hollmann: Neue Hände sollen treue Hände sein, in: Hannoversche Rundschau vom 3./4.10.1970

Claus Harms: Wechsel in den Hochhaus-Lichtspielen. Filmkunst auch weiterhin auf dem Programm, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 5.10.1970

Die Hochhaus-Lichtspiele werden bald gründlich aufgemöbelt, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 1.7.1982

Nostalgie hinter den Neonröhren der alten Hochhaus-Lichtspiele. Das umgestaltete Kino steckt noch voller Erinnerungen, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 15.10.1982

Hochhaus: Eröffnung mit Woody Allen, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 22.10.1982

Flebbe ziehts zurück unter die Hochhaus-Kuppel. Ehemaliger Cinemaxx-Chef übernimmt Goseriede-Kino, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 1.12.2008

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