Theater am Aegi

Aegidientorplatz 2
Architekten: Hans Klüppelberg und Gerd Lichtenhahn
Eröffnet am 12.3.1953 mit MASKE IN BLAU
Sitzplätze: 1.453
Kinobetrieb Anfang der sechziger Jahre eingestellt
Heute Gastspielhaus für Konzerte, Comedy und Musicals

Das Theater am Aegi ersetzt 1953 den zerstörten UFA-Palast und ist mit 1.453 Plätzen zugleich der größte und modernste Theaterbau in Deutschland.

Am 18.9.1920 werden die Decla-Lichtspiele als erster hannoverscher Filmpalast mit 1.200 Plätzen eröffnet, 1924 werden sie umbenannt in UFA-Palast. Im Sommer 1936 erfolgt ein Umbau, der UFA-Palast hat jetzt 1.042 Plätze. 1943 wird der Bau zerstört. Er befand sich mitten auf dem heutigen Aegidientorplatz, der in der Nachkriegszeit erheblich vergrößert wird. Südöstlich der Ruine des UFA-Palastes, die erst 1950 abgebrochen wird, errichtet man 1947 am Beginn der Hildesheimer Straße den provisorischen Alu-Palast.

»Deutschlands größtes transportables Varieté-Theater« für 1.305 Zuschauer und der »erste Leichtmetall-Großbau der Welt« ist 48 Meter lang, 32 Meter breit und 12 Meter hoch, das Herzstück ist ein freitragender, säulenloser Saal von 48 x 20 Metern. Eröffnet wird der Alu-Palast zur ersten Exportmesse am 18.8.1947 mit der Erstaufführung der Revue »Liebesexpress« mit Willy Fritsch in der Hauptrolle. Insgesamt gibt es in den zwei hannoverschen Jahren von 1947 bis 1949 22 Programme der leichten Muse, gezeigt werden hauptsächlich Varieté und Artistik. Das transportable Theater zieht 1949 nach Hamburg um und wird dort 1951 verschrottet.

Auf einem Areal neben dem Standort des Alu-Palastes und hinter der abgebrochenen Ruine des UFA-Palastes wird das Theater am Aegi in nur 173 Tagen errichtet. Mit 1.453 Plätzen ist es der größte und modernste Theaterbau und zugleich das größte Kino in Norddeutschland. Das UFA-Erstaufführungskino ist ein Mehrzweckbau mit einer 18 Meter hohen, 37 Meter breiten und 11 Meter tiefen Theaterbühne für Varieté, Schauspiel und Operette. Von allen anderen hannoverschen Kinobauten unterscheidet es sich daher durch seine prägnante Architektur und exponierte städtebauliche Lage. Deshalb ist dieser Großbau auch eines der wenigen freistehenden Lichtspieltheater in Hannover.

Der weitgehend geschlossene, schwarz verkleidete, kantige Bau mit flacher Dachkuppel öffnet sich an seiner Schaufront komplett in Glas, im Obergeschoss kragt das Foyer wie eine große, langgestreckte Vitrine vor: »Mit seiner 31 m langen Glasfront und seiner eigenwilligen Form, die wie ein liegender Scheinwerfer wirkt, nimmt das Theater die gesamte Südseite des Aegidentorplatzes ein« (Film-Echo 12/1953). Wie eine Bühne inszeniert sich der Bau bereits von außen, wie eine Verheißung wirkt das festlich beleuchtete Innere schon von weitem. »Den lindgrünen unteren Parkettumgang mit Erfrischungsständen, Vitrinen und Garderobenablage verbinden 2 große freigespannte Treppen mit dem oberen Foyer, das beige und blau gehalten ist und von bizarr gemusterten Säulen getragen wird« (Die Filmwoche 11/1953). Die Breite der Treppen und ihre »frei in den Raum hineinspringende Form vermitteln den Eindruck des Ineinanderfließens beider Geschosse. Das Foyer im Obergeschoss hat eine Höhe von 6,50 m und ist in ganzer Breite und Höhe zum Aegidientorplatz geöffnet, sodaß der Besucher einen reizvollen Blick auf den Aegidientorplatz hat« (HAZ vom 14./15.3.1953).

Diese dramaturgische Einstimmung auf das festliche Ereignis bildet jedoch nur den Auftakt zur großen Inszenierung im weitgewölbten, muschelförmigen Festsaal.

Der in Birkenholz getäfelte Zuschauerraum »schwingt sich elegant auf die Bühne zu, und dem Schwung der geneigten Wände, der auf den großen Bühnenraum zuführenden Decke, paßt sich die Formgebung des Balkons an, – der Blick wird ganz unbewußt auf die Bühne gezwungen, es gibt nichts, das von ihr ablenkt« (HAZ vom 12.3.1953). Aus der Wölbung der Wände heraus erhellen 500 regelmäßig angebrachte Lichtpunkte direkt den Raum. »Die flimmernde Lichtfülle der einzelnen Lampen wird in ihrer Wirkung gesteigert durch das ruhige, um den Raum herumgreifende Lichtband der Rangbrüstung« (HAZ vom 14./15.3.1953). Durch die indirekte Beleuchtung wirkt der »geräumige, in weichen Wellen kurvende Rang« wie von den Wänden gelöst, »der Eindruck des Unbestimmten in der Linienführung der Brüstung wird durch indirekte Beleuchtung noch verstärkt. […] Die Farbstimmung des Raumes beruht auf dem Zusammenklang von Holzton, dem Lachsrot des Vorhanges und dem Hellgrau der Ranguntersicht. Unregelmäßig verteilte Farbtupfen im Gestühl in Marineblau, Pompejanisch-Rot und Silbergrau sollen den Raum beleben« (Bode, S. 230/231).

Großbrand Theater am Aegi 1964. Löscharbeiten durch die Berufsfeuerwehr Hannover (CC BY-SA 4.0)

 

Am 20.12.1964 brennt das Theater vollständig aus, nur das Bühnenhaus bleibt verschont. Das Gebäude wird von Grund auf saniert und 1967 als reiner Theaterbau wiedereröffnet. Es hat jetzt 300 Plätze weniger, die beiden Raucherlogen sind verschwunden. Außen bleibt das Theater dasselbe, im Innern weicht der elegante Schwung der prächtigen »Auster« dem kantigen Stil der sechziger Jahre. Nach dem Umbau gibt es helles Teakholz an den Wänden, eine dunkelblaue Decke und türkisfarbene Sessel. Seit der Wiedereröffnung 1967 dient das Gebäude als Spielstätte des Schauspielhauses und der Landesbühne, vor allem aber als Theater für Gastspiele jeglicher Art. 1978 wird das Haus mit einer neuen Fassade versehen. Als das Schauspielhaus 1992 endgültig in das neu errichtete Domizil in der Prinzenstraße übersiedelt, wird das Theater am Aegi als Ersatzspielstätte nicht mehr benötigt. Seit 1994 führt eine private Betreibergesellschaft das Theater als erfolgreiches Gastspiel- und Veranstaltungshaus mit einem vielseitigen Programm von Comedy und Konzerten bis zu Musicals und Opern.

 

Pläne:

Literatur:

Das schönste Theater Deutschlands, in: Hannoverscher Kurier vom 18.9.1920

Spitzhacke am Ufa-Palast, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 15.2.1950

Wettbewerb für ein Kino und Theater am Aegidientorplatz in Hannover, Architekt Dieter Oesterlen, in: Baukunst und Werkform, Monatsschrift für alle Gebiete der Gestaltung, 8/1952, S. 28/29

»Decla« Hannover im März, in: Der neue Film 87/1952

Herbert Wolf: Theater am Aegi unter Dach. Das neue Haus der Decla-G.m.b.H. soll im März fertig sein, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 29./30.11.1952

Am 12. März soll Premiere sein. Das neue Theater am Aegi wird bald eingeweiht, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 5.2.1953

Logen für die Raucher. »Theater am Aegi« eröffnet am 13. März / Revue und Filme, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 2.3.1953

Neue Form – sehr zweckbestimmt, in: Hannoversche Presse vom 12.3.1953

Herbert Wolf: Heute Premiere vor geladenen Gästen: »Aegi« – das modernste Theater. Der repräsentative Bau ist ein neuer Anziehungspunkt in Hannover, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 12.3.1953

Das Theater der 173 Tage eröffnet. Marika Rökk taufte und eröffnete das Theater am Aegi, in: Hannoversche Presse vom 14.3.1953

Theater am Aegi. Hannovers modernstes Großstadttheater, in: Hannoversche Presse vom 14.3.1953

Neu für Hannover: Theater am Aegi, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 14./15.3.1953

Gerd Schulte: Start im »Theater am Aegi«. Varieté und der Farbfilm »Maske in Blau«, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 14./15.3.1953

Niedersachsens größtes Theater eröffnet: »Theater am Aegi« in Hannover, in: Der neue Film 23/1953

Die Filmwoche 11/1953

Film-Echo 10/1953; 12/1953

Bauwelt 18/1953

Schüsse aus dem Hinterhalt. »Plastorama« im Theater am Aegi / Dreidimensionale Illusion, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 23.2.1954

Paul Bode: Kinos. Filmtheater und Filmvorführräume. Grundlagen, Vorschriften, Beispiele, Werkzeichnungen, München 1957

Theater am Aegi ausgebrannt. Höchste Alarmstufe für die Feuerwehr / Millionenschaden entstanden, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 21.12.1964

Nach dem Großbrand im Theater am Aegi: Nur Trümmer blieben. Über den Wiederaufbau noch nicht entschieden, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 22.12.1964

Theater am Aegi wird wieder aufgebaut. Das letzte Wort hat der Rat, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 23.12.1964

Aegi-Theater wird schöner und höher als vor dem Brand, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 20.5.1965

Ein neues Haus in den alten Wänden. Mit einer Akustik wie in der New Yorker Philharmonie, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 27.10.1965

Einweihung am 25. Februar: Im Theater am Aegi sieht’s noch wüst aus, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 14.12.1966

Im wiederstandenen Theater am Aegi: Sesam, öffne dich! und Selbstbedienung, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 24.2.1967

Wiedereröffnung am 9.9.1994: Im Theater am Aegi geht wieder der Vorhang auf, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 20.8.1994

Am Freitag hebt sich im Theater am Aegi wieder der Vorhang. Kleinkünstler gestalten große Party, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 7.9.1994

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

#

Das könnte dich auch interessieren …