Premierentheater und prominente Gäste

Peter Struck (2023)

Das Palast-Theater und die Weltspiele bieten ab 1949 einen festlichen Rahmen für die Auftritte der umjubelten Stars, vier Jahre später kommt das Theater am Aegi hinzu. Kleinere Uraufführungstheater sind die Regina-Lichtspiele oder das Theater am Kröpcke. Zur feierlichen Eröffnung des letzteren erscheinen 1953 Hans Söhnker, Harald Juhnke und Regisseur Wolfgang Liebeneiner. 1958 werden schließlich die Rivoli-Lichtspiele als letztes hannoversches Großkino der fünfziger Jahre mit viel Prominenz eingeweiht. Dabei wird ein letztes Mal der Starrummel des ausgehenden Jahrzehnts zelebriert: »Vor fast 900 geladenen Gästen in festlicher Robe, vor Wochenschaukameras und Rundfunkmikrophonen rollte eine weltstädtische Gala-Premiere […] über die gewaltige Bühne: […] Bundesminister, Vertreter der Landesministerien, Vertreter der Hauptstadt Hannover, führende Männer der deutschen Filmwirtschaft […] und die Filmdarsteller Maria Litto, Katharina Mayberg, Jupp Hussels sowie ›Miss Niedersachsen 1957‹ nahmen an der festlichen Premiere mit Todd-AO’s ›Oklahoma‹ und am nächtlichen Festbankett in Kuschels ›Regina-Hotel‹ teil« (Die Filmwoche 15/1958).

Zarah Leander bahnt sich einen Weg in den Georgspalast, 1960 (© Foto: Wilhelm Hauschild)

Im Kielwasser der großen Premierenfeiern segelt auch der Georgspalast (kurz: GOP): Das 1913 eröffnete Restaurant hatte sich in den zwanziger Jahren zu einem modernen Tanzcafé für Jazzmusik gemausert. Im Mai 1948 feiert das GOP seine Wiedereröffnung als Varieté mit der Bar Gondel, im Dezember 1951 eröffnen dort die Georgs-Stuben mit dem »Haus der 1000 Schnäpse«. Bis zur Schließung des GOP 1962 geben sich hier die Großen des Showgeschäfts die Klinke in die Hand, darunter auch die Filmstars

Maria Andergast, Josephine Baker, Lil Dagover, Peter Frankenfeld, Lilian Harvey, Johannes Heesters, Paul Hörbiger, Brigitte Mira, Wolfgang Müller, Wolfgang Neuss, Henny Porten, Marika Rökk, Hans Söhnker, Vico Torriani, Olga Tschechowa und Ilse Werner. Zarah Leander gastiert im April 1960 gleich mehrere Wochen im GOP und ist im Jahr darauf erneut zu Gast, Heinz Erhardt ist mit seinen Auftritten 1950, 1954, 1956 und 1961 fast schon Stammgast im GOP und im »Haus der 1000 Schnäpse«. Bereits 1948 tritt Erhardt im Lister Kabarett auf, bevor es zu den Lister Lichtspielen umgerüstet wird. Da er acht Filme in den Göttinger Studios dreht, ist Erhardt oft zu Gast in der Landeshauptstadt.

Buster Keaten ist 1962 anlässlich der Wiederaufführung von DER GENERAL auf seiner Europatour auch in Hannover (© Foto: Wilhelm Hauschild)

Aber auch die internationale Schauspielprominenz kommt nach Hannover. Trevor Howard ist 1956 in der Stadt, der wohl berümteste Filmstar gastiert hier 1962: Anlässlich der Wiederaufführung seines Films THE GENERAL von 1926 tourt Buster Keaton mit seiner gleichnamigen Lokomotive durch Europa, fährt mit ihr auch in den hannoverschen Hauptbahnhof ein und »ölt« sie hier medienwirksam für die Fotografen. Am 16. Februar 1962 trägt sich der 66-jährige Stummfilmstar mit krakeliger Schrift in das Goldene Buch der Stadt ein. Im April 1966 gibt die mit Fellinis LA DOLCE VITA berühmt gewordene Anita Eckberg genervt und eher unwirsch Autogramme.

Doch zurück zu den drei großen Premierenkinos, dem Palast-Theater, den Weltspielen und dem Theater am Aegi. Zu den über 25 Uraufführungsfeiern des Palast-Theaters erscheinen Stars wie Anouk Aimée, Paul Hörbiger, Olga Tschechowa, Grethe Weiser und Willy Birgel. Letzterer eröffnet anlässlich der Wiederaufführung seines Films REITET FÜR DEUTSCHLAND, der bereits 1941 in Hannover uraufgeführt wurde, »im Palast-Theater in Hannover ein großes Reit- und Fahrturnier während der Pferdeleistungsschau in der großen Europahalle auf dem Messegelände in Hannover. Die Anwesenheit des beliebten Künstlers löste in der alten Reiterstadt Stürme auf die Kasse aus« (Film-Echo 4/1953).

Ende des Jahres lässt sich Willy Birgel erneut im Palast-Theater feiern: »Immer und immer wieder wurde der Schöpfer des neuesten Gloria-Farbfilms ›Sterne über Colombo‹ und seine Hauptdarsteller Christina Söderbaum, Willy Birgel, Karl Matell, Adrian Hoven, Komponist Franz Grothe und Kameramann Georg Bruckbaur auf die Bühne des ›Palast-Theaters‹ gerufen und, wenn man die Klatschlustigen nicht immer wieder aufgefordert hätte, den Saal zu räumen, hätten sie noch am nächsten Morgen applaudiert. Enthusiasten plünderten den Blumenschmuck an der Bühnenrampe und reichten ihn ihren Lieblingen herauf und die Polizei war gegen die Autogrammjäger machtlos. Gloria-Pressechef Uetrecht arrangierte im Regina einen zwanglosen Presseempfang […]. Das Resümee des sturmerprobten Geschäftsführers Würthele, der aus dem Theater einen kleinen Basar gemacht hatte, war: ›Das habe ich noch nicht erlebt!‹ Wir auch nicht!« (Film-Echo 52/1953)

Marlene Dietrich im Theater Am Aegi (© Foto: Wilhelm Hauschild)

Für eine zusätzliche Anziehungskraft bei den Premierenfeiern sorgt ein umfassendes Rahmenprogramm mit Live-Musik aus dem zur Uraufführung bestimmten Film. Auch das Theater am Aegi, der dritte und größte hannoversche Premierenpalast, wird im März 1953 schließlich mit einer bombastischen Revueshow eingeweiht. Man zeigt den »glanzvollen deutschen Operetten-Revue-Film« MASKE IN BLAU in Anwesenheit von Marika Rökk im Rahmen eines dreieinhalbstündigen Programms, davon »eine Stunde Groß-Varieté im Nonstop-Tempo«. Im Theater am Aegi werden in den fünfziger Jahren um die 30 Filme uraufgeführt, darunter CANARIS, DIE BARRINGS und die IMMENHOF-Trilogie. DIE MÄDELS VOM IMMENHOF laufen seit ihrer Uraufführung im August 1955 derart erfolgreich, dass postwendend zwei Fortsetzungen gedreht werden: HOCHZEIT AUF IMMENHOF wird hier im September 1956 uraufgeführt, FERIEN AUF IMMENHOF im September 1957. Im März 1953 gibt Josephine Baker hier ein Gastspiel, im Mai 1960 lässt sich auch die Dietrich blicken.

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