Die Weltspiele – Das hannoversche Uraufführungstheater

Peter Struck (2023)

Wichtigstes Uraufführungstheater der fünfziger Jahre sind die Weltspiele mit über 40 Uraufführungen und weit mehr Erstaufführungen. In seinen besten Zeiten beschäftigt das Premieren-Kino 22 Platzanweiserinnen, fünf Kassiererinnen, vier Vorführer, zwei Portiers und einen Pagen in Uniform für die fünf Vorstellungen pro Tag. Die große Zeit der Weltspiele beginnt mit der Uraufführung von NACHTWACHE am 21. Oktober 1949 in Anwesenheit von René Deltgen, Käthe Haack und Hauptdarsteller Dieter Borsche. Zur Uraufführung von Rudolf Jugerts ES KOMMT EIN TAG im Oktober 1950 erscheinen die Hauptdarsteller Dieter Borsche und Maria Schell zusammen mit der Stummfilmdiva Lil Dagover und geben 51 (!) »Vorhänge«. Für den »besten deutschen Nachkriegsfilm« werben die Weltspiele überschwänglich: »Hannover ist begeistert über diesen Film, der wie ›Nachtwache‹ von hier seinen Siegeszug antritt!« und »Solche Begeisterungsstürme hat Hannover noch nicht erlebt!«

Stars in der Loge bei der Uraufführung von KÖNIGIN LUISE, 1957. In der MItte Ruth Leuwerik, CHarles Regnier und Dieter Borsche

Besonders enthusiatisch wird immer wieder der gebürtige Hannoveraner Dieter Borsche gefeiert: Sein Auftritt bei der Uraufführung von DER KAPLAN VON SAN LORENZO im Februar 1953 in den Weltspielen »glich einem wahren Triumphzug […], die Sprechchöre der begeisterten Borsche-Verehrerinnen vor dem Theater nahmen kein Ende« (Film-Echo 10/1953). Mit Sprechchören werden Ruth Leuwerik und Dieter Borsche dort auch wieder im Februar 1957 zur Uraufführung von KÖNIGIN LUISE empfangen. Das Premierenbuch zu KÖNIGIN LUISE verzeichnet diverse »Verkehrsstockungen, verursacht durch einen Riesenauflauf von Menschen […]. Der Weg ins Theater glich einer einzigen Ovation und mußte mit Unterstützung der Polizei immer wieder freigemacht werden.« Bei der Premiere von GERVAISE im August 1956 erlebt Maria Schell auch ohne ihren einstigen Filmpartner Dieter Borsche einen »triumphalen Empfang, wie er selbst im filmfreudigen Hannover selten zu verzeichnen ist […]. Sie wie ihr Publikum erinnern sich daran, daß ihr Weltruhm von Hannover ausgegangen ist, vor knapp sechs Jahren, als in den Weltspielen ›Es kommt ein Tag‹ uraufgeführt wurde. Über 1000 Menschen bereiteten ihr stürmische Ovationen, und ihr Wagen konnte sich kaum einen Weg bahnen« (8 Tage Hannover 33/1956, S. 7).

Premiere DIE WUNDERSCHÖNE GALATHEE 1950 (Foto: Premierenbuch Filminstitut Hannover)

Im Mai 1950, als Hannelore Schroth und Willy Fritsch zur Erstaufführung von DIE WUNDERSCHÖNE GALATHEE vor den Weltspielen eintreffen, muss die Polizei erstmals für Ordnung sorgen, weil sie von etwa 1.000 Fans belagert werden. Keine fünf Monate später, zur Uraufführung von MELODIE DES SCHICKSALS im Oktober 1950, hat sich die Fangemeinde bereits vervielfacht: »Mehrere Tausend Filmfreunde belagerten das Theater, versperrten die Zufahrtstrasse, so dass zur Regelung des Verkehrs Polizei eingesetzt werden musste«, vermerkt das Premierenbuch. »Vor den Weltspielen gab es bei der Ankunft der Filmlieblinge Brigitte Horney, Gisela Schmitting, Viktor de Kowa, Franz Schafheitlin und Karl Schönböck ein geradezu panikartiges Gedränge, wie man es nicht einmal bei politischen Versammlungen gewohnt ist«, beurteilt die Hannoversche Allgemeine Zeitung die Lage vor dem Theater. Und die Norddeutsche Zeitung führt das Szenario noch weiter aus: »Das Menschengedränge nahm um 18 Uhr solche Formen an, daß die Polizei zunächst machtlos war, den auf beiden Seiten der Fahrbahn völlig zum Stillstand geratenen Verkehr wieder in Gang zu bringen. Erst einer Polizeiverstärkung gelang es, den in langer Schlange teilweise eine Viertelstunde wartenden Straßenbahnzügen freie Bahn zu schaffen.«

 

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