Im Westen nichts Neues (1930)

Inhalt

Der Film „Im Westen nichts Neues“ erzählt die Geschichte des deutschen Soldaten Paul Bäumer, der sich wie seine gesamte Schulklasse freiwillig zum Einsatz im Ersten Weltkrieg meldet, an der Westfront die brutale Realität des Krieges erfährt, verwundet wird und schließlich kurz vor Kriegsende fällt.

Zu Beginn des Films sind in den Krieg ziehende Soldaten zu sehen, die von zahlreichen Zuschauern bejubelt werden. In der Abiturklasse Bäumers hält der Klassenlehrer Kantorek unterdessen eine fanatische Rede, die in der Aufforderung an seine Schüler mündet, sich freiwillig zum Fronteinsatz zu melden. Nach kurzem Zögern willigen schließlich die meisten ein und überzeugen noch unentschlossene Mitschüler. Nach ihrer Meldung zum Militär kommen die Rekruten in ein Ausbildungslager, wo sie von dem ihnen bekannten ehemaligen Briefträger Himmelstoß bis zur Erschöpfung gedrillt und schikaniert werden. Der kurzen Ausbildung folgt der Transport der Kompanie an die Front. Im Quartier lernen die naiven jungen Rekruten die erfahrenen Soldaten Kat und Tjaden kennen, die sie auf die Wirklichkeit des Stellungskrieges vorbereiten. In einem nächtlichen Kampfeinsatz wird der erste ehemalige Schüler getötet.

Während eines weiteren Einsatzes harrt die Gruppe tagelang im Unterstand am Schützengraben aus und leidet unter Granatbeschuss, klaustrophobischen Ängsten und Ratten. Der Rekrut Kemmerich dreht durch, rennt aus dem Graben und wird schwer verwundet. Es folgt ein Angriff der Franzosen, der in brutalem Kampf zurückgeschlagen wird, und ein Gegenangriff der deutschen Truppen, dem ebenfalls ein strategischer Rückzug folgt.

Die Kompanie kehrt stark dezimiert aus der Schlacht zurück, erhält die gesamte ursprünglich vorgesehene Verpflegung und hat ein wenig Zeit zum Ausruhen. Paul besucht mit Freunden den beinamputierten Kemmerich im Notlazarett. Nach Kemmerichs Tod gibt Paul dessen Stiefel an seinen Klassenkameraden Müller weiter, der kurz darauf ebenfalls fällt. Die ehemals naiven Rekruten sind inzwischen desillusioniert und abgestumpft und sehen für sich keine Perspektiven im zivilen Leben nach dem Krieg. Als die Kompanie wieder einmal im Unterstand auf ihren Einsatz wartet, trifft Himmelstoß an der Front ein und verlangt in herrischem Ton von den Soldaten, vor ihm stramm zu stehen. Doch im Schützengraben sind Dienstgrade nicht mehr von Bedeutung – er wird von Paul zurechtgewiesen und im folgenden Sturmangriff auf die Franzosen zum Weiterlaufen gezwungen, als er sich drücken will.

Paul, der in einem Granattrichter Deckung genommen hat, verletzt einen französischen Soldaten mit dem Bajonett. Nachdem er einige Stunden mit diesem im Trichter gelegen hat, bereut er seine Tat und erkennt in dem vermeintlichen Feind einen Mitmenschen. Der Franzose stirbt schließlich, obwohl Paul versucht hat, ihm zu helfen. Er schläft neben der Leiche ein und verlässt erst in der übernächsten Nacht nach dem Angriff sein Versteck, um zur Truppe zurückzukehren. Nachdem er sich etwas erholt hat, lernen Paul und zwei Kameraden beim Baden im Fluss drei Französinnen kennen, die sie in der folgenden Nacht heimlich besuchen und mit Lebensmitteln versorgen. Nach der Liebesnacht wird Paul Bäumer verletzt und muss zusammen mit seinem Freund Albert ins Lazarett. Er schafft es, vom Sterbezimmer, in das er zwischenzeitlich verlegt worden war, auf die Station zurückzukehren. Während Albert nach einer Beinamputation zurückbleibt, kann er das Hospital schließlich verlassen und geht auf Heimaturlaub. Paul muss enttäuscht feststellen, dass seine Heimatstadt ihm fremd geworden ist und die Menschen keine Vorstellung vom Leben an der Front haben. Als er an seiner ehemaligen Schule vorübergeht, hört er Kantorek, der wieder eine Abiturklasse zum Kriegseinsatz bewegen will. Er tritt ein und erzählt den Schülern von der grausamen Realität des Krieges, worauf er von diesen als Feigling beschimpft wird.

Nachdem Paul sich von seiner todkranken Mutter verabschiedet hat, kehrt er zurück an die Front. Von seinen Kameraden sind nur Kat und Tjaden übrig geblieben, der Rest der Kompanie besteht fast ausschließlich aus frisch an der Front eingetroffenen Rekruten. Auch Kat wird kurz darauf bei einem Flugzeugangriff getötet. Kurz vor Kriegsende liegt Paul wieder im Schützengraben und geht kurz aus der Deckung, um nach einem Schmetterling zu greifen. Dabei wird er von einem Scharfschützen erschossen.

Film in der Weimarer Republik 1919 bis 1933
Im Westen nichts Neues (1930)

Sequenzprotokoll

Inhalt und Entstehung

Hier können eine kurze Inhaltsangabe und Informationen zur Entstehung des Films sowie biographische Angaben zu Produzent, Regisseur, Kameramann und Hauptdarsteller abgerufen werden.

Zeitgenössische Kritik und politische Bekämpfung

Dieser Teil beschäftigt sich speziell mit den Reaktionen auf den Film in Deutschland im Dezember 1930 – seitens des Publikums und der Presse

Zensurmaßnahmen gegen den Film

Literarische Vorlage und Film

Filmfassungen von 1952 und 1984 und retrospektive Filmbewertungen

Darstellung der unterschiedlichen inhaltlichen Besonderheiten der Filmfassungen von 1952 und 1984 und Filmbewertungen nach dem Zweiten Weltkrieg

Filme über den Krieg

Hier finden Sie eine Liste zeitgenössischer Filme über den Krieg und Anmerkungen zur Problematik des Antikriegsfilms.

Der Film im Unterricht

Hier werden Erfahrungen mit dem Einsatz des Films im Unterricht eines Oberstufenkurses beschrieben und Lehrplanvorschläge unterbreitet. Anhand ausgewählter Fotos aus dem Film, authentischen Kriegsbildern sowie Zeichnungen und Gemälden zum Thema Krieg werden außerdem Vorschläge zur Bildanalyse gemacht.

Medienpaket (1995) zum Film

Themen
  • Umkämpfte Erinnerung – Die Weimarer Gesellschaft und der Krieg
  • Keine Wege zum Ruhm – Das Grauen des Krieges
Originaltitel: All quiet on the western front
   
Angaben im Vorspann der Filmfassung von 1953  
Dialogbearbeitung: Maxwell Anderson
Drehbuch: Del Andrews, George Abbot, C. Gardener Sullivan
   
Angaben im Vorspann der Filmfassung von 1984  
Drehbuch: Maxwell Anderson, Lewis Milestone, Del Andrews, George Abbot
Regie: Lewis Milestone
Kamera: Arthur Edeson, Karl Freund, Tony Gaudio
Schnitt: Edgar Adams, Milton Carruth
Schnittüberwachung: Maurice Pivar
Tonüberwachung: C. Roy Hunter
Musik: David Broekmann
Bearbeitung: Gerd Luft, ZDF
Regieassistenz: Nate Wait
Ausstattung: Charles D. Hall, W.R. Schmitt
Produktion: Universal International Corporation, Carl Lämmle Produktion
Produktionsleitung: Carl Lämmle Jr.
Verleih: Universal International Filmverleih
Deutsche Bearbeitung der Filmfassung von 1953: Ultra-Film Berlin GmbH
Dialogregie: Joseph Wolf
Rekonstruktion und Redaktion der Filmfassung von 1984: Jürgen Labenski, ZDF
Deutsche Bearbeitung im Auftrag des ZDF: Berliner Synchron, Wenzel Lüdecke
Buch und Dialogregie: Ottokar Runze
   
Darsteller:  
Lew Ayres Paul Bäumer
Louis Wolheim Katczinsky
George (Slim) Summerville Tjaden
John Wray Himmelstoß
Arnold Lucy Kantorek
Raymond Griffith Gerard Duval
Ben Alexander Kemmerich
Russel Gleason Müller
William Bakewell Albert
Scott Kolk Leer
Owen Davis Jr. Peter
Walter Browne Rogers Behn
Richard Alexander Westhus
Harold Goodwin Detering
Pat Collins Bertinck
Beryl Mercer Paul Bäumers Mutter
Edmund Breese Herr Meyer

 

Erich Maria Remarques Roman war noch kein internationaler Bestseller geworden, als der gebürtige Ungar und Regisseur Paul Fejos den deutschstämmigen Präsidenten der Universal Pictures Corporation Carl Laemmle (am 17. Januar 1867 in Laupheim bei Ulm geboren) auf den Roman Remarques als Filmstoff aufmerksam machte. Fejos, der als Sanitäter am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatte, war später emigriert und stand bei der Universal unter Vertrag. Laemmle nahm diesen Tip 1929 mit auf seine jährliche Transatlantikreise nach Deutschland und erwarb die Rechte. Der Hollywoodpionier und Eigner der größten Filmstadt der Welt, Universal City, hatte beste Erfahrungen mit schockierend realistischen Filmen gemacht. Laemmle hatte 1913 SEELENHANDEL (TRAFFIC IN SOULS), einen Film über Mädchenhandel, produziert, dessen Geschichte auf einem Report über Prostitution basierte. Der Film zeigte erstmals ein Bordell von innen, kostete 5 700 US-Dollar und brachte 450 000 Dollar ein. Ein Erfolg war auch 1916 WO SIND MEINE KINDER (WHERE ARE MY CHILDREN). Der Film behandelt ein heikles Thema, er war zwar gegen Abtreibung, befürwortete jedoch die Geburtenkontrolle. Dass sich Realismus im Film bezahlt macht, wusste also der Filmfabrikant Laemmle. als er den Stoff von IM WESTEN NICHTS NEUES einkaufte. Es war ein Grund für die Forcierung des Projekts.

Ein anderer Grund lag 13 Jahre zurück, als die USA am 6. April 1917 in den Ersten Weltkrieg eingetreten waren. Laemmle, der deutschstämmige Jude, durfte im kriegshysterischen Hollywood nicht in den Verdacht geraten, mit seinen ehemaligen Landsleuten zu fraternisieren. Er produzierte daher u. a. die stärksten antideutschen Propagandafilme. Der Cartoonist und Trickfilmzeichner Windsor McCay („Little Nemo“) war angeheuert worden, „eine historische Aufzeichnung von dem Verbrechen zu machen, das die Menschheit entsetzte“, nämlich dem Abschuss des Luxusliners „Lusitania“ durch das deutsche U-Boot „U 20“. Der Film von 1918 hieß DER UNTERGANG DER LUSITANIA (THE SINKING OF THE LUSITANIA). Zu diesem Zeitpunkt hatte der Krieg Hollywood erfasst, Stars wie Mary Pickford, Douglas Fairbanks und Charlie Chaplin warben bei Massendemonstrationen gegen Kaiserdeutschland für Kriegsanleihen. Chaplin produzierte im gleichen Jahr die Militärklamotte DAS GEWEHR ÜBER (SHOULDER ARMS, 1918). Ein anderer Propagandafilm Laemmles karikierte den Deutschen Kaiser Wilhelm II., DER KAISER – DIE BESTIE VON BERLIN (THE KAISER – BEAST OF BERLIN, 1918). Er machte den kriegswütenden Potentaten zum Gespött für das amerikanische Publikum. Dieser Film war ein solcher Erfolg, dass andere Filmfirmen gleich noch drei Kaiser-Filme nachschoben. Laemmle erkannte damals, dass man mit den „Krauts“ oder „Hunnen“ beim Publikum auf Interesse stößt, und zog mit dem Film HERZ DER MENSCHLICHKEIT (HEART OF HUMANITY; 1919) nach. Dieser Film war eine Imitation des Griffith-Films HERZ DER WELT (HEART OF THE WORLD; 1918), für den Griffith vor Ort in den Schützengräben der Westfront recherchiert hatte und bei dem Erich von Stroheim die Regieassistenz übernahm. Bei Griffith war es eher ein Liebesfilm mit Lillian Gish und brutalen deutschen Landsern. Laemmle dagegen zeigte die Wahnsinnstat eines deutschen Offiziers. Dieser „Hunne“ wurde von dem Hyperrealisten und späteren Universal-Regisseur Erich von Stroheim gespielt, der im Film eine Rotkreuzschwester vergewaltigen will und dabei ein störendes Kind zum Fenster hinauswirft. Das waren Filme, die auch in Deutschland diskutiert wurden und die Laemmle dort nicht nur bei den Deutschnationalen und Chauvinisten unbeliebt gemacht hatten.

Laemmle wusste also, auf was er sich mit der Verfilmung von „Im Westen nichts Neues“ eingelassen hatte. Bei seiner Rückkehr aus Europa sagte er in der „New York Times“ vom 6. Oktober 1929: „Das Sentiment der Nationalsozialisten ist so stark gegen dieses Buch, dass uns eine der größten Theaterketten Deutschlands zu verstehen gab, sie wollten nichts mit der Vorführung eines solchen Filmes in ihrem Land zu tun haben.“

nach: Hans Beller: Gegen den Krieg – Im Westen nichts Neues im Begleitheft zum Medienpaket

 

Der Regisseur, Lewis Milestone, war erstaunlicherweise nicht die erste Wahl der Universal gewesen. Herbert Brenon, ein versierter und erfolgreicher Regisseur, den Laemmle schon aus alten Tagen kannte, verlangte als Honorar mehr, als Laemmle bereit war zu zahlen: $125.000. Man einigte sich mit dem gebürtigen Russen Milestone (geb. 1895) auf ein Honorar von $ 5.000 in der Woche, wobei letztlich bei 17 Wochen Arbeit Milestones eine größere Summe herauskam, als bei Brenon veranschlagt worden war: $135.000. Milestone war in Frage gekommen, weil er in Deutschland Maschinenbau studiert, in der Fernmeldetruppe der Luftwaffe gedient und ab 1917 in Filmlabors und Schneideräumen kilometerweise Material von Kriegswochenschauen kennengelernt hatte. Überdies hatte er sich vom Cutter über Regieassistenz bis zum Erfolgsregisseur hochgedient.

Die Dialogregie lag bei George Cukor, der damals noch nichts vom Film verstand, aber als Broadwayregisseur schnell die noch unerfahrenen Darsteller in ihre Rollen einarbeitete. Beim Besetzen der jungen Soldaten war von der Regie auf noch „unverbrauchte“ Gesichter geachtet worden. Milestone wollte das Publikumsinteresse nicht so sehr auf die Identifikationsangebote von Stars lenken, sondern auf die Darstellung von Situationen und Ereignisse des Kriegsgeschehens.

Auch der Kameramann Arthur Edeson war nicht Universals erste Wahl. Vor ihm war mit Tony Gaudio verhandelt worden, auch er ein alter Mitarbeiter Laemmles, der schon vor dessen Universal-Zeit für seine frühesten Stummfilmproduktionen die Kamera kurbelte. Doch Tony Gaudio drehte noch an dem Kriegsfilm HELL’S ANGELS für Randolph Hearst und hatte nach eigenen Worten „genug vom Krieg“. Die Entscheidung für Edeson hatte mit seiner neuartigen Technik zu tun, eine leise Kamera so beweglich wie zu Stummfilmzeiten zu handhaben. Da Universal mittlerweile auch auf den Tonfilm umgerüstet hatte, war es auch hier üblich geworden, die Kameras in schalldicht ummantelte Kabinen mit Sichtfenster zu stecken, um die scharrenden Eigengeräusche abzudichten. Edeson nannte eine Mitchell-Filmkamera sein eigen und hatte für sie eine „barney bag“ (dt. etwa „Lärmtüte“, im heutigen Fachjargon einen „Blimp)“, eine der ersten Lärmschutzhüllen entwickelt. Das befreite die Kamera vor den starren Einstellungen aus den Kabinen. Diese Ausrüstung, zusammen mit einem neuartig konstruierten Kran, ließ die Filmkamera zum erstenmal über Schützengräben gleichsam schweben und je : nach dramaturgischem Interesse darin eintauchen oder entlangfahren. Edeson arbeitete für $ 600 die Woche. Auch er hatte schon als Kameramann einen Kriegsfilm gedreht, THE PATENT LEATHER KID (1927). Hinzu kam Edesons meisterhafte Lichtführung, wenn es darum ging, den (Dreh-)Tag als (Film-) Nacht zu belichten (siehe z. B. Sequenz 15 im Sequenzprotokoll) oder im Low-key-Stil (nur dunkle Töne und vereinzelt helle Akzente).

Der Tonmann des Films war C. Roy Hunter, der nur bei den Dialogen den Primärton, also den direkten Ton vom Drehort, verwendete und sonst z. B. die Schlachten und Kranfahrten nachvertonte.

Geschnitten wurde der Film von Edgar Adams und Milton Carruth, deren Leistung bei der MG-Grabensequenz (siehe Sequenz 21) am deutlichsten wird.

nach: Hans Beller: Gegen den Krieg – Im Westen nichts Neues im Begleitheft zum Medienpaket

Lew Ayres war, noch nicht einmal volljährig und relativ unbekannt, aus 200 Darstellern für die Rolle des Paul Bäumer ausgewählt worden. Er war der Typ, der zu dem Schlagwort von der „Verlorenen Generation“(Gertrude Stein) passte: zerquält und kritisch, aber sympathisch. Carl Laemmle hatte für die Rolle sogar an Remarque selber gedacht. Der hatte jedoch gleich wegen seines Alters abgelehnt.

Die Besetzung der wichtigsten anderen Protagonisten entsprach der Typologie Remarques weitestgehend:

Louis Wolheim
 wurde von Milestone als der fronterfahrene Kriegsveteran und väterliche Kamerad „Papa Kat“ Katczinsky engagiert. Die Physiognomie Wolheims, mit dem gebrochenen Nasenbein, ließ eher auf einen abgehalfterten Preisboxer schließen als auf einen Diplomingenieur. Milestone kannte ihn aus seiner eigenen Kriegsfilmkomödie TWO ARABIAN KNIGHTS (1927), die aus den modernen Don Quixoterien zweier entflohener Kriegssträflinge ihren Witz bezog. (Für diesen Film hatte Milestone einen Oscar für die beste Komödie bekommen, als es diese Kategorie noch bei dem Academy Award gab.) Wolheim, der sonst den brutalen Typ verkörpern mußte, bekam hier eine Rolle als liebenswürdiger „Kraut“, den jeder mochte.

George „Slim“ Summerville
 bekam die Rolle des immer dünnen und ständig verfressenen Tjaden. Summerville, der schon früher als ein „Keystone Cop“ der Mac-Sennett-Komödien gefeiert wurde, war damals als vielbeschäftigter Charakterdarsteller unter Vertrag bei Universal. Er hatte die witzigen Parts in dem sonst eher unerbittlichen Verlauf des Films.

John Wray
 spielte den sadistischen Unteroffizier Himmelstoß, der sich durch die Militäruniform vom Briefträger zum Menschenschinder verwandelt. Wray hatte in der Stummfilmzeit als Regisseur begonnen und wechselte zu Beginn des Tonfilms zur Schauspielerei.

Beryl Mercer
 spielte die kränkelnde und überfürsorgliche Mutter Pauls. Sie ersetzte nach einer „preview“ Zasu Pitts, deren Charakter damals als Komödiendarstellerin festgelegt war und so beim Publikum an falschen Stellen zu Gelächter führte. Pitts war dem Publikum auch durch Stroheimfilme und als Paarbesetzung zusammen mit Summerville bekannt gewesen. Auch in der Stummfilmversion von ALL QUIET ON THE WESTERN FRONT ist sie in der Mutterrolle zu sehen.

Raymond Griffith, damals ein berühmter Stummfilmstar und Freund Milestones, bekam seine letzte Rolle in diesem Film als der französische Soldat Duval, der von Paul im Granattrichter erstochen wird. Griffith konnte mit dem Einsetzen des Tonfilms keine Rollen mehr bekommen, da er eine Flüsterstimme hatte.


nach: Hans Beller: Gegen den Krieg – Im Westen nichts Neues im Begleitheft zum Medienpaket

 

„Im Westen nichts Neues“ ist ein Klassiker des Antikriegsfilms. Er ist nicht nur als gelungene Literaturverfilmung eines Bestsellers oder wegen seiner pazifistischen Gesinnung so berühmt geworden, sondern hat auch als erfolgreiche Hollywoodproduktion für Furore gesorgt. Der Film hat Bestürzung beim Publikum und Hass bei Nazis und Faschisten bewirkt. Kein anderer Film hat von seiner Entstehung bis in unsere Zeit hinein international so viele Auslassungen, Verstümmelungen, Zensuren, Terroraktionen und Verbote erfahren. IM WESTEN NICHTS NEUES erzählt nicht nur eine Geschichte, er hat auch Geschichte gemacht. Obwohl die erzählte Geschichte („story “ und „history“) genuin deutsch ist, ist dieser Film ein amerikanisches Produkt. Amerika war immer der Hauptlieferant von Kriegsfilmen. Allein über den Ersten Weltkrieg wurden in den USA bis 1945 mehr als 200 Filme produziert. Doch mit dem Stoff von IM WESTEN NICHTS NEUES brachte man nicht den amerikanischen Standpunkt ein, sondern versuchte, den Krieg aus deutscher Sicht in einem amerikanischen Film zu zeigen. Das war neu.

nach: Hans Beller: Gegen den Krieg – Im Westen nichts Neues im Begleitheft zum Medienpaket

Dreharbeiten

Dreharbeiten

Auch ein Antikriegsfilm, gerade wenn er Kasernendrill, Gefechtsausbildung, Grabenkämpfe, MG-Salven und Attacken zeigen will, verlangt nach einer filmadäquaten Produktionslogistik, die einer militärischen Logistik kaum nachsteht.

Der ehrgeizige Executivproducer Julius Laemmle hatte zwar als der Sohn des Studiopräsidenten direkte Verbindung zur Spitze, aber bei den Machern war der Zwanzigjährige bis zu dieser Produktion nicht wie sein Vorgänger und Vorbild Irvin Thalberg anerkannt. Thalberg hatte in Junior Laemmles Alter die Großproduktionen der Universal gemanagt und sich nicht gescheut, den genialen Regisseur Erich von Stroheim zu feuern, als dieser die Kosten bei MERRY GO ROUND (1923) horrend überschritt. Später war Thalberg zu Louis B. Mayers MGM übergewechselt und hatte dort 1925 den Kriegsfilm THE BIG PARADE (Regie: King Vidor) produziert. Ein finanziell erfolgreicher Film, der den Krieg als dramatisches Abenteuer darstellte, wo nach anfänglichem Zweifel zuletzt doch Ehre, Pflicht und patriotisches Heldentum siegten und dessen Realismus auch von der Kritik gerühmt wurde.

IM WESTEN NICHTS NEUES sollte auch ein solcher Erfolg werden; es war das einzige A-Picture, in das die Universal im Produktionsjahr 1929 in größerem Umfang investierte. Der Börsenkrach vom 25. Oktober und die Weltwirtschaftskrise tangierten die Filmindustrie zwar anfangs nicht so stark, äußerten sich aber später über die Verarmung des Publikums (und daher nachlassenden Kinobesuchen) in Verlustziffern.

Als mit der Produktion symbolisch am 11. November 1929 begonnen wurde (dem Tag des Waffenstillstands im Wald von Compiegne, 1918), setzten alle am Film Beteiligten ihr ganzes Können daran, den Film wirklichkeitsgetreu zu gestalten. Die deutschen Weltkriegsveteranen Hans von Morhart, Wilhelm von Brincken (beide ehemalige Offiziere) und Otto Biber drillten die Filmprotagonisten im Stechschritt. Sie inspizierten als technische Berater die Waffen (sechs schwere Artilleriegschütze, MGs, Gewehre und unzählige andere Kriegsrequisiten) und die Uniformen (in Preußischblau und Feldgrau) der amerikanischen Darsteller, bis sich diese mit ihren Rollen körperlich identifizierten. „Wir waren damals sehr jung, und sie haben uns wie Soldaten behandelt. So wie beim Militär, als ob man eine Grundausbildung durchmacht. Für die bekannten Szenen mussten wir durch den Dreck robben; lauter solche Sachen. Wir waren oft erschöpft. Ich weiß gar nicht, wie oft wir die Nacht durchgearbeitet haben“, erinnert sich der Hauptdarsteller Lew Ayres.


nach: Hans Beller: Gegen den Krieg – Im Westen nichts Neues im Begleitheft zum Medienpaket

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