Das Lied der Matrosen
von GFS-Admin_2021 · Veröffentlicht · Aktualisiert

Annotation
„Das Lied der Matrosen“ ist ein Schwarz-Weiß-Film aus der DDR von 1958 unter der Regie von Kurt Maetzig und Günter Reisch. Er behandelt die Meuterei der deutschen Hochseeflotte im Ersten Weltkrieg und die darauf folgende Novemberrevolution 1918.
Produktionsland | DDR |
Originalsprache | Deutsch |
Erscheinungsjahr | 1958 |
Länge | 126 Minuten |
Produktionsunternehmen | DEFA |
Stab | |
Regie |
Kurt Maetzig, Günter Reisch |
Drehbuch |
Karl Georg Egel, Paul Wiens |
Musik | Wilhelm Neef |
Kamera |
Joachim Hasler, Otto Merz |
Schnitt | Lena Neumann |
Besetzung | |
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Als die Nachricht von der Oktoberrevolution um die Welt geht, beschließt das Kommando der deutschen Hochseeflotte aus Angst vor einer Meuterei, alle seine Schiffe zu einem Selbstmordkommando in den Ärmelkanal zu schicken. Die Matrosen Albin Köbis und Max Reichpietsch werden wegen politischer Betätigung zum Tode verurteilt. Als der sozialistische Matrose Steigert, Mitglied des Feuerkommandos, es nicht übers Herz bringt, sie zu erschießen, wird er verhaftet. Auf dem Kreuzer Prinz Heinrich empfangen Steigerts Freunde Lenz, Lobke, Kasten und Bartuschek Wladimir Lenins Sendung an die gesamte Menschheit mit dem Aufruf zum Frieden. Langsam beginnt den Matrosen in Kiel – allesamt Mitglieder verschiedener sozialistischer Parteien: der Sozialdemokraten, der Unabhängigen Sozialisten und der Spartakisten – die Notwendigkeit einer Revolution zu erkennen. Arbeiter und Schiffskameraden rebellieren gegen die Offiziere, doch die politischen Differenzen zwischen ihnen führen zum Scheitern des Aufstands. Schließlich nehmen viele der rebellierenden Matrosen am Gründungskongress der neuen Kommunistischen Partei Deutschlands teil.
Der Film entstand im Nachgang zum Kulturkongress der SED im Oktober 1957. Während dieser Zeit schlug die DDR-Führung eine konservative Linie ein und beendete die kurze Phase der Liberalisierung, die nach Nikita Chruschtschows Geheimrede begonnen hatte. Der Film wurde kurz darauf für die Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der Deutschen Revolution in Auftrag gegeben.
Die Drehbuchautoren Paul Wiens und Karl Georg Egel wurden beauftragt, die Revolution von 1918 im Einklang mit der offiziellen Geschichtsdeutung darzustellen. Walter Ulbricht erklärte, dass diese an den „opportunistischen“ Sozialdemokraten und dem Fehlen einer marxistisch-leninistischen Partei scheiterte, die die Arbeiter „bei der Zerschlagung des kapitalistischen Wirtschaftsapparats“ angeführt hätte. Die Handlung legt den Schwerpunkt auf den Spartakusbund und gipfelt in der Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands.
Die Dreharbeiten begannen am 3. Juni 1958. Die Regisseure Kurt Maetzig und Günter Reisch arbeiteten getrennt; das Team des ersteren war für die Szenen mit den Offizieren und Admiralen verantwortlich, während Reisch die Szenen mit den Matrosen und der Menge drehte. DAS LIED DER MATROSEN war das bis dahin größte Projekt der DEFA und übertraf sogar Thälmann-Filme. 15.000 Arbeiter, Soldaten und Volkspolizisten kamen als Statisten zum Einsatz. Da Kiel, die Stadt der Revolution, in Westdeutschland lag, nutzten die Regisseure Kulissen, die in Görlitz, Warnemünde und Rostock errichtet worden waren.
Für die Kritieker in der BRD war von vornherein klar: Der Film ist reine Propaganda und zeichnezt sich durch ideologische Einseitigkeit vor. Für den Spiegel inszeniert Maetzig im Film die Novemberrevolution als sozialistischen Gründungsmythos: Hätte es 1918 eine bolschewistische Partei gegeben, wäre die Revolution geglückt – so die These laut Spiegel. Aufwendig gedreht, ideologisch aufgeladen ist das Fazit
Um die »unermeßlichen Kräfte unserer revolutionären Vergangenheit für die Gegenwart lebendig« zu machen, ist die Defa, das staatliche Film-Monopolunternehmen der »Deutschen Demokratischen Republik«, dazu kommandiert worden, einen historischen Monstre-Bilderbogen herzustellen, der beziehungsreich am 9. November, dem 40. Jahrestag der deutschen Revolution von 1918, uraufgeführt werden soll.
»Nationalpreisträger« Kurt Maetzig hat bei der Inszenierung des Breitwandfilms (Titel: »Das Lied der Matrosen“) als erster ostdeutscher Filmregisseur Gelegenheit gehabt, in der Manier des Spektakel-Spezialisten Cecil B. De Mille Tausende von Statisten vor den Kameras herumzubefehlen. Denn »Das Lied der Matrosen« soll der aufwendigste und teuerste Film der Defa werden. (..)
In der DDR wird der Film als großes cineastisches Werk gefeiert
Das filmische Epos über den Aufstand von Matrosen der kaiserlichen Flotte 1918 in Kiel und die Novemberrevolution in Berlin war ein Auftrag der DDR-Führung zur Erinnerung an die Novemberrevolution. Einige der Matrosenfiguren werden zu Wortführern und Leitfiguren individualisiert, obwohl die angestrebte gestalterische Überhöhung zur Reduzierung auf weithin typische Klassenmerkmale nötigte. Ihnen gegenüber standen gewaltige Massenszenen.
Die Gründung der KPD beschloß in großer Apotheose den Film. Der Film war als erster Teil einer geplanten Trilogie gedacht.
Günter Agde, kurt-maetzig.de (2001)
(…)
„Das Lied der Matrosen“ ist ein sehr balladesk-abwechslungsreicher, in der Schilderung der materiellen Not der Bevölkerung in den Kriegsjahren 1917 und 1918 sehr realistischer, in seiner vom wirklichen Geschehen aber stark abweichender Film, gedreht in Schwarzweiß sowohl in herkömmlichem 35mm-Format als auch in Totalvision. Aus ideologischen Gründen ist der Kieler Matrosenaufstand zum Auslöser der Novemberrevolution hochstilisiert und die Rolle des Spartakusbundes überbewertet worden. Freilich haben Maetzig und Reisch keinen Dokumentarfilm gedreht, sondern ein Drehbuch von Karl Georg Egel und Paul Wiens verfilmt wie Konrad Wolf 1960 die Fortsetzung der Geschichte um den dann von Erwin Geschonneck verkörperten Ludwig Bartuschek, „Leute mit Flügeln“. Ein Spielfilm ganz nach der Vorgabe der Auftraggeber, sich mitten im Kalten Krieg der eigenen revolutionären Herkunft heroisierend zu versichern: das bessere Deutschland liegt drei Jahre vor dem Mauerbau zwischen der Ostsee und dem Fichtelgebirge.