Politische Justiz in der Weimarer Republik
Am 10.Mai 1932 trat der Schriftsteller und Redakteur der „Weltbühne“, Carl von Ossietzky, seine Gefängnisstrafe, zu der er im November 1931 verurteilt worden war, in Tegel an.
Carl von Ossietzky, Publizist, Vor der Strafanstalt in Berlin -Tegel. V.l.n.r.: Kurt Großmann, Dr. Rudolf Olden, beide Deutsche Liga für Menschenrechte; Carl von Ossietzky, Dr. Apfel, Rechtsanwalt; Dr. Rosenfeld
Bundesarchiv, Bild 183-B0527-0001-861 / Unknown author / CC-BY-SA 3.0
Ein Instrument der Demokratiezerstörung
Detlef Endeward (07/2025)
Nach der Novemberrevolution 1918 blieb der Justizapparat in der Weimarer Republik weitgehend personell und strukturell unverändert. Viele Richter und Staatsanwälte stammten noch aus der Kaiserzeit und standen der jungen Republik skeptisch bis feindlich gegenüber. Diese Kontinuität führte zu einer tendenziösen Rechtsprechung, die sich besonders in politischen Verfahren zeigte: Während rechte Täter – etwa Freikorps-Mitglieder oder Putschisten – oft mit milden Strafen oder Freisprüchen davonkamen, wurden linke Aktivisten mit aller Härte verfolgt. Dazu zwei Beispiele:
Der Hitler-Prozess von 1924:
Trotz der Anklage wegen Hochverrats wurde Adolf Hitler zu nur fünf Jahren Festungshaft verurteilt – und bereits nach sechs Monaten wieder entlassen. Die gesetzlich vorgesehene Ausweisung als österreichischer Staatsbürger wurde nicht vollzogen.
Das Verfahren gegen Carl von Ossietzky: Das international als der Weltbühne-Prozess, bekannte Verfahren war ein weiteres aufsehenerregendsten Beispiele politischer Justiz in der Weimarer Republik.
Auslöser war ein Artikel in der Zeitschrift Die Weltbühne vom 12. März 1929 mit dem Titel „Windiges aus der deutschen Luftfahrt“, verfasst von Walter Kreiser. Der Artikel kritisierte die geheime Aufrüstung der Reichswehr, insbesondere die Ausbildung von Piloten – ein klarer Verstoß gegen den Versailler Vertrag. Obwohl die Informationen allgemein bekannt waren, wurde der Artikel als Verrat militärischer Geheimnisse gewertet.
Angeklagt wurden Carl von Ossietzky (Herausgeber) und Walter Kreiser (Autor). Der Prozess begann 1931 vor dem Reichsgericht in Leipzig – zwei Jahre nach Veröffentlichung des Artikels. Die Verhandlung fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Beide Angeklagten wurden im November 1931 zu 18 Monaten Haft verurteilt – ohne Bewährung2
Diese Einseitigkeit der Justiz untergrub das Vertrauen in den Rechtsstaat und trug zur Delegitimierung der Demokratie bei. Wie Heinrich und Elisabeth Hannover in ihrer Studie Politische Justiz 1918–1933 zeigen, war die Justiz „auf dem rechten Auge blind“ – ein Befund, der sich in zahlreichen Urteilen und Verfahrensverläufen belegen lässt.
Beitrag der Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinen und Polizesten
„Die im bisherigen Verlauf dargestellte Unsicherheit und Unausgewogenheit der politischen Justiz, die tendenziöse Rechtsprechung, die parteiische Verfolgung politischer Verbrechen durch den Staatsgerichtshof, sowie die Einseitigkeit in der Anwendung repressiver Maßnahmen zum Schutz der Republik, führte im Verlauf der Weimarer Republik zur Erschütterung der gesamten Rechtspflege. Aufgrund der bisherigen Weimarer Justizforschung kann die vorliegende Arbeit von folgenden Erkenntnissen ausgehen. Übereinstimmend stellen die Autoren fest:
- Die konservativen Richter und Staatsanwälte standen der demokratischen Republik in ihrer überwiegenden Mehrzahl ablehnend gegenüber,
- Ihre politische Einstellung schlug sich in einer eindeutig tendenziösen Rechtsprechung gegen linke Tätergruppen nieder.
- Die rechtlichen Vorschriften wurden von Richterseite massiv gebeugt und verletzt.
- Die Einseitigkeit, insbesondere der so genannten politischen Justiz, erzeugte Hass und Misstrauen bei den Anhängern der Republik. Das Rechtsbewusstsein der Bevölkerung und die Autorität des demokratischen Staates wurden somit untergraben.“
Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler 1933 passte sich die Justiz schnell an die neuen Machtverhältnisse an. Viele Richter und Staatsanwälte unterstützten die NSDAP aktiv oder tolerierten deren Maßnahmen, wie die Einschränkung von Grundrechten und die Verfolgung politischer Gegner. Die Justiz trug somit zur Festigung der faschistischen Herrschaft bei.
Die konservativen und völkischen Parteien
Die Rolle des Militärs
Politische Justiz in der Weimarer Republik
Konservative – nationalistische – völkische – faschistische (Interessen)-Verbände
Harzburger Front – Im Gleichschritt zur Diktatur
Interessenverbände der Wirtschaft und die NSDAP
Netzwerktreffen zwischen Großindustrie und NSDAP