Konservative – nationalistische – völkische – faschistische (Interessen)-Verbände und Klubs
Waldemar Pabst
- Pabst steht hier stellvertretend für zahlreiche Wegbereiter des Faschismus. Er verkörpert mit seiner persönlichen Biographie zugleich die Kontinuität faschistischer Strukturen vom Kaiserreich bis in die Bundesrepublik.
Pabst’s „Karriere“: Offizier im Ersten Weltkrieg – Freicorps-Führer – Auftraggeber für die Morde an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht – verantwortlich für militärische Angriffe auf streikende Arbeiter 1919 – vertuschter Putschist 1919 – Mittäter beim Kapp-Putsch 1920 – Absetzen nach Österreich, dort Führer der austrofaschistischen Miliz ‚Heimwehr‘ und parallel deutscher Agent – Aufbau von Kontakten ins faschistische Italien, dort Beteiligung an der Niederschlagung von Streiks – 1931 Direktor bei Rheinmetall.
Die wichtigste Aktivität in der Zeit zwischen 1931 und 1933 war die Gründung und Geschäftsführung der Gesellschaft zum Studium des Faschismus, mit der Pabst einen elitären politischen Klub ins Leben rief, der sich der Schaffung einer Diktatur nach italienischem Vorbild widmete. Hier konnte er neben Göring auch weitere Nationalsozialisten wie Walther Funk und Hans Frank mit Vertretern der DNVP, des Stahlhelms und führenden Wirtschaftsverbänden zusammenbringen.
Nach 1933 war er engagierter Rüstungslobbyist in Zusammenarbeit mit Rheinmetall und dem Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt (Gründung der Export-Importfirma, die „SFINDEX“, mit der er aus der Schweiz und anderen neutralen Ländern Rüstungsgüter und Maschinen für die Wehrmacht besorgte). Parallel dazu betrieb er Wirtschaftsspionage für die deutsche Abwehr. 1955 Rückkehr aus der Schweiz nach Deutschland und weiterhin tätig als Rüstungslobbyist mit Kontakten zu Bundeswehr und dem MAD. Pabst starb wohlhabend 1970. (vgl. wikipedia)
Für seine Taten wurde er nie strafrechtlich zur Verantwortung gezogen und wurde immer wieder politisch gedeckt.
(Die politische Anteilnahme, die aus der zeitgenössischen Bildbeschreibung des Fotos, dass Waldemar Pabst, wohl beim Aufmarsch der Heimwehr und des Schutzbundes in Wiener Neustadt am 7. Oktober 1928 zeigt, wird im auch heute noch zuteil auf einem einschlägigen Youtube-Kanal, der seine Vorträge aus der Nachkriegszet anbietet, in der er der NPD nahestand.)
Schon in den 1920er-Jahren existierte ein breites Geflecht unterschiedlicher Personen, Gruppen, Organisationen und Netzwerke des nationalistischen, völkisch-antisemitischen Aktivismus, für das der hier kurz vorgestellte Mörder und Rüstungslobbyist W. Pabst steht.
In der Literatur wird sehr oft ein Trennungsstrich zwischen diesen diversen rechtsextremistischen Gruppen und Verbänden und der NSDAP gezogen. Dieser fiktive Trennungsstrich suggeriert, dass es gravierende politische Unterschiede und/oder Differenzen gegeben hätte. So ist es jedoch nicht gewesen. Die aktiven Mitglieder dieser Verbänden bewegten sich alle in der gleichen ideologischen Welt, hatte weitgehend die gleichen politischen Ziele und den gleichen Gegner: die Organisationen der Arbeiterbewegung.
Sie waren die Wegbereiter, die dem Faschismus den Boden bereiteten. (1)
Die soziale Basis all dieser Verbände stellte eine für jeden Verband spezifische Mischung aus den alten Eliten des Kaiserreichs in Militär, Adel und Großgrundbesitz, den ökonomischen Eliten der Banken und der Mittel- und Großindustrie sowie der höheren staatlichen Bürokratie dar. Personelle Überschneidungen und der Austausch untereinander, trotz taktischer Differenzen, schufen ein verbreitetes Netzwerk zur Beseitigung der demokratischen Strukturen der Weimarer Republik und zur Sicherung der ökonomischen Interessen des Kapitals. Die NSDAP und ihre Nebenorganisationen waren Teil dieses Netzwerks: Mit der faschistischen Machtübergabe/nahme erfüllten sich vielleicht nicht die individuellen Karrierewünsche einzelner Personen aber durchaus die politisch-ökonomischen Ziele auf „kleinstem gemeinsamen Nenner“. Wichtig in diesem Zusammenhang ist , dass diese durchaus fragile Machtblock dominiert wurde von Hegemonie der Großindustrie
(1) „Das Konzept des „Wegbereiters“ [hat sich] als fruchtbarer Ansatz erwiesen, da die Etablierung des NS-Regimes nur unter der Berücksichtigung all jener Akteure verstanden werden kann, die sich völkischem, nationalem und antisemitischem Gedankengut verschrieben, auch wenn sie selbst nicht Teil der NS-Bewegung waren.“
Aus: Tagungsbericht Wegbereiter des Nationalsozialismus: Personen, Organisationen, Netzwerke des völkisch-antisemitischen Aktivismus 1919-1933. 30.09.2013–02.10.2013, Gelsenkirchen, in: HSoz-Kult 12.04.2014.
Die NSDAP und ihre politischen Wegbereiter auf dem Weg zur Diktatur – Dokumente und Beiträge
Die NSDAP
- Zur Entwicklung der NSDAP bis 1933
- Die Organisationen der faschistischen Bewegung
- Zur Ideologie des Faschismus als Bewegung
- Mitgliederstruktur der Partei vor 1933
- Wähler der Partei und Massanbasis des Faschismus
Konservativ-nationalistische Netzwerkstrukturen
- Die konservativen und völkischen Parteien
- Die Rolle des Militärs
- Politische Justiz in der Weimarer Republik
- Netzwerk aus konservativen – nationalistischen – völkischen – faschistischen (Interessen)-Verbänden
- Harzburger Front – Im Gleichschritt zur Diktatur
- Interessenverbände der Wirtschaft und die NSDAP
- Netzwerktreffen zwischen Großindustrie und NSDAP
Zur gesellschaftlichen Funktion der faschistischen Massenbewegung
Beiträge aus dem Internet und weitere Literaturhinweise