Nahrungsmittelknappheit und Hunger
„Hungerwinter 1946/47
Der Zweite Weltkrieg ist gerade überstanden, da steht die Bevölkerung Mitteleuropas vor einer erneuten Katastrophe. Angesichts der ohnehin schon kritischen Versorgungslage der Nachkriegszeit führt der extrem lange und kalte Winter – einer der strengsten des 20. Jahrhunderts – zu einer entsetzlichen Hungersnot.
Schon im November fallen die Temperaturen unter Null, immer neue Frostwellen jagen durch die Lande, im Februar werden vielerorts neue Kälterekorde gemessen. Nach einer Missernte und dem Wegfall der Agrargebiete in den ehemaligen Ostgebieten sind in Deutschland kaum Lebensmittelreserven vorhanden. Frostempfindliche Naturalien wie Kartoffeln verderben. Die USA liefern zwar große Mengen Getreide, doch zerstörte Verkehrswege, zugefrorene Wasserstraßen, fehlender Treibstoff und Zonengrenzen behindern dessen Verteilung. Vor allem in den Städten und Industriegebieten kommen nicht ausreichend Nahrungsgüter an. So unternehmen die Einwohner Hamsterfahrten zu den Bauern im Umland, der Schwarzmarkt blüht, die westalliierten Soldaten spenden ihre Schokoladenrationen für die unterernährten deutschen Kinder.
Auch Heizmittel sind kaum zu bekommen, die Menschen frieren – und erfrieren – in den Häuserruinen und Kellerlöchern, in denen sie Unterschlupf gefunden haben. Hunderttausende sterben in diesem Winter an den Folgen von Frost und Hunger.
Doch nicht nur Deutschland, in ganz Europa ist die Situation dramatisch. Auch in Großbritannien werden Lebensmittel und Strom rationiert, infolge der extremen Wetterbedingungen ist das öffentliche Leben beinahe zusammengebrochen. Am härtesten trifft es aber die Sowjetunion – geschätzte zwei Millionen Menschen lassen hier in den Hungerjahren nach dem Krieg ihr Leben.
Als Mitte März 1947 die Temperaturen endlich steigen, folgt das nächste Desaster. Im Zuge des Tauwetters setzen vor allem in Deutschland und Großbritannien folgenschwere Hochwasser und Überschwemmungen ein. Doch damit nicht genug: Infolge des „Hitzesommers“ kommt es erneut zu beträchtlichen Ernteausfällen und Stromsperrungen. Die eklatante Versorgungskrise endet in den meisten Regionen erst 1948.“