Straßenfilme

Die Verlockungen und Gefahren der Großstadt

Der Straßenfilm war ein bedeutendes Subgenre des deutschen Stummfilms in der Weimarer Republik.

Während das Motiv der Straße in Filmen verschiedener Genres auf sehr unterschiedliche Weise genutzt wird – sie ist gefährliche Verführerin, Symbol gesellschaftlicher Entfremdung und Ort des politischen Aufbruchs – ist das Motiv im Genre des Straßenfilms eindeutiger belegt. Thematisch konzentrierte er sich auf die Verlockungen und Gefahren des großstädtischen Lebens, dargestellt durch das Motiv der Straße. Die Protagonisten, oft Kleinbürger oder Außenseiter, geraten durch Versuchung und Entgrenzung in moralische oder kriminelle Konflikte, kehren aber häufig – wie von Kracauer betont – „reumütig“ in die bürgerliche Ordnung zurück.

Merkmale des Straßenfilms

  • Symbolik der Straße:
    Die Straße steht für Ambivalenz – sie bietet Abenteuer, aber auch soziale Desorientierung und Gefahr.
  • Ästhetik:
    Nachtaufnahmen, reflektierende Straßenoberflächen, Schaufenster, Totaleinstellungen – sie machen die Straße zur „lebendigen Hauptfigur“ (Eisner).
    Halbtotalen und totale Einstellungen, die die Figuren in ihre soziale Umgebung einbetten

Einordnung

 Siegfried Kracauer deutet die Großstadtstraße als Sinnbild eines „scheinlebenhaften“ Daseins und als Schauplatz regressiver Traumwelten. Die Straßenfilme suggerieren zwar Rebellion, enden aber fast immer mit Rückkehr zur Autorität. Sie zeigen somit unterschwellig eine autoritäre Weltsicht trotz scheinbarer Flucht aus bürgerlichen Normen.

Anton Kaes deutet Straße als existentiellen Ort der Moderne, in dem der Mensch Kontrollverlust und Entfremdung erlebt.

Filmtitel

Jahr

Regie

Inhalt / Bedeutung

Hintertreppe

1921

Leopold Jessner / Paul Leni

Frühes Beispiel mit expressionistischen Elementen; tragische Liebesgeschichte.

Die Straße

1923

Karl Grune

Prototyp des Genres; Kleinbürger gerät in Versuchung und kehrt reumütig heim.

Die freudlose Gasse

1925

G.W. Pabst

Kontrast zwischen Elend und Luxus; soziale Gegensätze im Wien der Nachkriegszeit.

Dirnentragödie

1927

Bruno Rahn

Asta Nielsen als alternde Prostituierte; endet in Mord und Selbstmord.

Abwege

1928

G.W. Pabst

Ehebruch, Isolation und Großstadtverlorenheit; psychologisch nuanciert.

Polizeibericht Überfall

1928

Ernő Metzner

Avantgardistischer Kurzfilm über Gewalt und Zufall im urbanen Raum.

Die Carmen von St. Pauli

1928

Erich Waschneck

Milieustudie im Hamburger Hafenviertel; Mischung aus Melodram und Sozialkritik.

Asphalt

1929

Joe May

Polizist verliebt sich in Diebin; visuell modern, mit Happy End.

Literatur

  • Kracauer, Siegfried: Das Ornament der Masse. Essays, Frankfurt/Main 1977.
  • Kracauer, Siegfried: Von Caligari zu Hitler. Frankfurt: Suhrkamp, 1979
  • Eisner, Lotte H.: Die dämonische Leinwand. Frankfurt: Fischer, 1980
  • Kaes, Anton: Film in der Weimarer Republik. In: Geschichte des deutschen Films, Stuttgart: Metzler, 1993

Online-Quellen

Filmischer Expressionismus

Kammerspielfilme

Historischer Ausstattungsfilm

Straßenfilme

Neue Sachlichkeit

Filmlustspiel

Gesellschaftskritischer Film

Proletarischer Film

Der Bergfilm

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