Wunderjahre in der Kellerbar

In den Göttinger Filmateliers entstehen zwei ganz unterschiedliche Satiren auf die „Wirtschaftswunderjahre“, deren Dreh- und Angelpunkt in beiden Fällen eine Kellerbar ist. In NICK KNATTERTONS ABENTEUER – DER RAUB DER GLORIA NYLON (1958, Regie: Hans Quest) nach den Comic-Strips von Manfred >Schmist spielt Karl Lieffen den messerscharf kombinierenden Titelheld, der den Raub eines verwöhnten Industriellentöchterchens aufzuklären hat. Seine imposante Spürnase führt ihn durch Abwasserkanäle direkt in die Alibi-Bar von Virginia Peng (Maria Sebald). Hier streiten sich zwei Erpresserbanden um die Tocher des neureichen Kunstfaserfabrikanten. Nick Knatterton kann sie schlie0lich auf dem Schloß von Lucius Nylon (Martin Held) dingfest machen.

Bernhard Wiki inszeniert mit DAS WUNDER DES MALACHIAS (1961) eine Satire ganz anderer Art. Pater Malachias wünscht sich nichts sehnlicher, als dass Gott die neben seiner Kirche befindliche Eden-Bar, dem verruchten Treffpunkt der örtlichen High Society, vom Erdboden verschwinden lässt. Sein Gebet wird erhört, von der Bar bleibt nur eine Ruine übrig. Gebäude, Inventar und Gäste des „Eden“ finden sich auf einer Nordseeinsel wieder. Doch statt paradiesischer Ruhe macht sich jetzt ein gigantischer Wallfahrtstourismus auf dem Kirchenplatz breit. Wickis Wirtschaftswundersatire ist böse: „Ingrimm und eine Art schwarzer Humor mischen sich wie in einem deutschen Film bisher nie.“ (Friedrich Luft)

Der Film wird vielfach preisgekrönt. Bernhard Wicki erhält u.a. den Regiepreis der Berlinale 1961. Für die Produktionsfirma amortisiert sich DAS WUNDER DES MALACHIAS JEDOCH NICHT: Die Deutsche Filmhansa beginnt zunächst mit der Produktion des Films. Im September 1960 wird sie zu 50% von der Ufa aufgekauft und in Ufa-Filmhansa umbenannt. Die Ufa-Hansa führt Wickis 3,7 Millionen-Projekt weiter. Ein halbes Jahr nach seiner Uraufführung wird sie im Februar 1962 zahlungsunfähig.

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