Wirtschaftspolitik der Regierung von Papen

Wirtschaftspolitik ohne Basis

Detlef Endeward (06/2025)

Die Regierung Franz von Papen (1. Juni – 3. Dezember 1932) war ein Präsidialkabinett ohne parlamentarische Mehrheit und ohne gesellschaftliche Verankerung. Sie war der politische Ausdruck eines Bündnisses zwischen Schwerindustrie und Agrarwirtschaft, das versuchte, eine autoritäre Krisenlösung durchzusetzen – allerdings ohne Rücksicht auf die Interessen der exportorientierten Industrie oder der organisierten Arbeiterschaft.

Wirtschaftspolitische Maßnahmen

Papen setzte die deflationäre Linie Brünings zunächst fort: Kürzung von Sozialleistungen, Lockerung des Tarifrechts, steuerliche Entlastung der Unternehmen. Gleichzeitig leitete er jedoch eine vorsichtige Wende zur expansiven Konjunkturpolitik ein:

  • Ausgabe von Steuergutscheinen im Umfang von 1,5 Milliarden RM zur Stimulierung der Wirtschaft
  • Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Umfang von 740 Millionen RM
  • Einrichtung eines „Freiwilligen Arbeitsdienstes“ zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit²

Diese Maßnahmen blieben jedoch begrenzt und wirkten zeitlich verzögert – ihr Nutzen kam letztlich der nachfolgenden NS-Regierung zugute.

Politische Zielsetzung und autoritäre Tendenzen

Papen verfolgte das Ziel eines „Neuen Staates“, der die parlamentarische Demokratie durch eine präsidiale Ordnung ersetzen sollte. Geplant war eine Verfassungsreform mit einem vom Reichspräsidenten ernannten Oberhaus, eingeschränktem Wahlrecht und der Vereinigung der Ämter von Reichs- und preußischem Ministerpräsidenten³. Der sogenannte „Preußenschlag“ vom 20. Juli 1932 – die Absetzung der SPD-geführten Regierung in Preußen – war ein zentraler Schritt in diese Richtung.

Einbindung der NSDAP und strategische Funktion

Da Papens Regierung keine Massenbasis hatte, versuchte sie, die NSDAP als politische Trägerin autoritärer Ordnung einzubinden. Die Aufhebung des SA- und SS-Verbots sowie die Neuwahlen vom Juli 1932 waren Zugeständnisse an die Nationalsozialisten. Die NSDAP wurde damit – so die Lernwerkstatt – zur „politischen Funktionsträgerin“ für die Krisenlösungsstrategien von Industrie, Agrarwirtschaft und Mittelstand¹.

Bewertung in der Forschung

Die Forschung bewertet Papens Wirtschaftspolitik ambivalent:

  • Dietmar Petzina sieht in ihr eine Fortsetzung der „wirtschaftlichen Selbstschädigung“ Brünings, allerdings mit ersten Ansätzen einer expansiven Wende⁴.
  • Harold James betont, dass Papens Maßnahmen zu spät kamen und politisch nicht legitimiert waren – sie hätten die Demokratie weiter delegitimiert⁵.
  • Detlef Lehnert und Hans Mommsen sehen in Papens Regierung den Übergang von der autoritären zur faschistischen Krisenlösung – der Unterschied zwischen beiden Wegen sei für die Eliten zunehmend irrelevant geworden⁶.

Literaturhinweise

Schule-BW: Kabinett von Papen – Wirtschaftspolitik, 2025.
Zeitklicks: Kabinett von Papen – Verfassungspläne, 2025.
Petzina, Dietmar: Konjunkturpolitik in der Weimarer Republik, Stuttgart 1968.
James, Harold: The End of Globalization, Harvard 2001.

Das könnte dich auch interessieren …