Hildesheim
Die seinerzeit einmaligen Fachwerkbauten Hildesheims dienen zu Beginn des 20. Jahrhunderts häufig als Filmkulisse. Hier wird 1914 das Vorbild aller filmischen Humunculi, Monstren und Gruselgestalten in Szene gesetzt: DER GOLEM von und mit Henrik Galeen und Paul Wegener. Wegener, der kurz zuvor als Der Student von Prag (1913) berühmt wird, spielt in der Maske des Golem ein künstliches Wesen aus Lehm aus der jüdisch-kabbalistischen Sagenwelt.
Der Film schildert das Wiederauffinden der mittelalterlichen Gestalt in der Gegenwart. Arbeiter entdecken die Lehmstatue bei Grabungsarbeiten unter einer alten Synagoge. Ein Amulett erweckt den Golem zum Leben; vom gefügigen Monstrum entwickelt er sich zum fühlenden Wesen. Er verliebt sich in Jessica (Lyda Salmonova) und wird sich der Tragik bewusst, dass er niemals Mensch sein kann. In blinder Raserei verfolgt er die Angebetete und stürzt am Ende von einem Turm in die Tiefe.
Von diesem ersten Golem-Film, bei dem der geniale Guido Seeber die Kamera führt, ist nur noch ein Fragment erhalten.
Weitere Verfilmungen unter der Regie Paul Wegeners: Der Golem und die Tänzerin (1917) und der bekanntere Der Golem, wie er in die Welt kam (1920). Beide Filme spielen nicht in Hildesheim.
1918 kehrt Paul Wegener erneut nach Hildesheim zurück, um dort – und nicht in Hameln – den Film Der Rattenfänger zu inszenieren. Wegener ist hier in der Rolle des fremden Flötenspielers zu sehen, der Hameln von der Rattenplage befreit und das Herz der Bürgermeistertochter Ursula (Lyda Salmonova) erobert. Deshalb muss er ohne den versprochenen Lohn von dannen ziehen und übt Rache. Er lockt alle Kinder der Stadt in einen Berg, der sich für immer hinter ihnen schließt.