Geschichte der Wochenschau in Deutschland

Entstehung der „Wochenschau“

Die Filmwochenschauen entwickelten sich aus kurzen Filmen, die seit Ende des 19. Jahrhunderts aufgenommenen wurden. Dabei wurden mehrere Filme mit unterschiedlichen Themen, wie Städtebilder, Katastrophen, Tiergeschichten, Modenschau und Sport, zusammengeklebt und als so genannte ‚Aktualitätenschau‘ angeboten. Die ersten Wochenschauen waren französische Produktionen, in Deutschland kamen sie ab 1910 auf dem Markt. Sie wurden zunächst auf Jahrmärkten und in Variétés gezeigt, später in Läden und den ersten Kinos. Im Ersten Weltkrieg dienten die Wochenschauen dazu, militärische Erfolge abzubilden. Dafür wurde 1917 die noch heute bekannte UFA (Universum Film AG) gegründet. Eine Kinovorstellung bestand üblicherweise aus Wochenschau, Kulturfilm (ein dokumentarischer Kurzfilm) und dem Hauptfilm. Erst 1930 entstand die erste „Wochenschau” mit Ton. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden alle bestehenden Wochenschauen zur Deutschen Wochenschau zusammengefasst und in der nationalsozialistischen Diktatur als zentrales Propagandainstrument genutzt.

Die „Wochenschau“ ab 1945

Nach dem Zweiten Weltkrieg verboten die Besatzungsmächte den Deutschen die Medienproduktion. Sie zeigten zunächst die Wochenschauen aus ihren eigenen Ländern in Deutschland. Bald ließen sie in ihren Besatzungszonen eigene Filmwochenschauen herstellen, die sich gegenseitig Konkurrenz machten: In den westlichen Besatzungszonen wurde die britisch-amerikanische Welt im Film, die private amerikanische Produktion Fox tönende Wochenschau und die von Frankreich beeinflusste Blick in die Welt ausgestrahlt. Die Wochenschauen dienten als wichtiges Informationsinstrument im Rahmen der Re-education zur Umerziehung der Deutschen zum demokratischem Denken. Erst Ende 1949 wurde auf Initiative der Bundesregierung und des Bundespresseamtes die unabhängige Neue Deutsche Wochenschau gegründet und in Hamburg hergestellt. In der sowjetischen Besatzungszone wurde Der Augenzeuge gezeigt und bei der staatlichen DEFA (Deutsche Film AG) produziert. Seit Gründung der DDR geriet die Redaktion des Augenzeugen zunehmend unter den Einfluss der SED, die schließlich jede Ausgabe kontrollierte, bevor sie in die Kinos ausgeliefert wurde.

Gestaltung und Produktion

Jede der etwa 10-minütigen Wochenschau-Ausgaben war mit Musik, Geräuschen und Kommentar unterlegt. Dabei war der Sprecher nicht zu sehen. Ein wesentliches Element war die Begleitmusik, die durch ihren düsteren oder heiteren, aufschwingenden oder anklagenden Ton die Gefühle der Zuschauer steuerte. Meinungsbildend wirkte auch die filmische Gestaltung der Themen durch Schnitt, Kameraführung und Bildwahl. Selbst die Reihenfolge der etwa acht bis 15 einzelnen Berichte lenkte die Wahrnehmung der Zuschauer: Sowohl der erste Bericht als Aufmacher als auch der letzte Bericht haben eine herausragende Bedeutung, weil sie besonders einprägsam sind. Die Wochenschauredaktionen etablierten ein großes internationales Netz für den Austausch von Nachrichtenmaterialien mit ganz Europa, Asien und Amerika. Dieses Fremdmaterial konnte im Kalten Krieg genutzt werden, um den ideologischen Gegner in ein ungünstiges Licht zu stellen. Die Wochenschauen hielten sich zwar noch bis in die 1970er Jahre, doch unterlagen sie schon seit den 1960er Jahren der Konkurrenz des Fernsehens, das auf das politische Tagesgeschehen schneller und präziser reagieren konnte.

Literatur

  • Hickethier, K. (2006): Wochenschauen in Deutschland nach 1945. Mobilisierung für eine neue Gesellschaft? In: Segeberg, H. (Hrsg.): Mediale Mobilmachung II. Hollywood, Exil und Nachkrieg. Mediengeschichte des Films Band 5. München: Wilhelm Fink, S. 272-298.
  • Hoffmann, K. (2005a): Menschen, Tiere, Sensationen. Die Wochenschau der 30er Jahre. In: Zimmermann, P. & Hoffmann, K. (Hrsg.): Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland Band 3. „Drittes Reich“ 1933-1945. Stuttgart: Reclam, S. 211-230.
  • Lehnert, S. (2013): Wochenschau und Tagesschau in den 1950er Jahren. Konstanz: UVK
  • Jordan, G. (1996): Der Augenzeuge. In: Filmmuseum Potsdam (Hrsg.), Jordan, G. & Schenk, R. (Red.): Schwarzweiß und Farbe. DEFA-Dokumentarfilme 1946-92. Berlin: Filmmuseum Potsdam & Jovis Verlagsbüro, S. 271-293.
  • Müller, C. (1998): Variationen des Kinoprogramms. Filmform und Filmgeschichte. In: Müller, C. & Segeberg, H. (Hrsg.): Die Modellierung des Sehens. Zur Geschichte des Kinoprogramms zwischen Kurzfilm und Langfilm. Mediengeschichte des Films Band 2. München: Fink, S. 43-75.
  • von Zglinicki, F. (1956): Der Weg des Films: Die Geschichte der Kinematographie und ihrer Vorläufer. Berlin: Rembrandt-Verlag.

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