Volksaufstand, Arbeiterrevolte oder Agentenputsch?

Leipzig 17. Juni 1953 (Bundesarchiv Bild 175-14676/CC-BY-SA)


Die Arbeiterrevolte vom 17. Juni 1953, in dem der Protest gegen die staatlich verordneten Erhöhungen der Arbeitsnormen kulminierte, und dessen Niederschlagung wurden filmisch bislang vor allem in dokumentarischer Form behandelt.

Sämtliche der zusammengetragenen Filme wurden in der BRD produziert, geben folglich den westdeutschen Blickwinkel auf den 17. Juni wieder. Legt man die historischen Interpretationen in Ost und West zugrunde:

  • Ost: der 17. Juni als Umsturzversuch durch West-Berliner Geheimdienste / US-amerikanische Militärdienststellen, der durch das Eingreifen der Roten Armee verhindert werden konnte,
  • West: der 17. Juni als spontaner, DDR-weiter Aufstand aller Bevölkerungsschichten für Freiheit und Demokratie,
  • die „Kompromiss-Theorie“ vom 17. Juni als (reinen Arbeiter-)Protest gegen die Normerhöhungen, nicht aber gegen das politische System der SED-Diktatur,

so ist nur ein einziger Film vertreten, Lutz Lehmanns EIN MITTWOCH IM JUNI, der die DDR-Geschichtsschreibung ernsthaft auf ihre Glaubwürdigkeit hin untersucht.

Der Großteil der aufgeführten Filme („ Jene Tage im Juni“„ Der Einheit der Nation verpflichtet“, „…und Freiheit vor allen Dingen!“) transportiert das westdeutsche Geschichtsbild, ohne dieses zu hinterfragen, und verbindet diese Interpretation mit einer mehr oder weniger ausdrücklichen Verurteilung der DDR. Neben Lehmanns „Ein Mittwoch im Juni“ demonstriert auch der aus Ost- und West-Wochenschauen montierte Film „Deutschland – 17. Juni 1953“ einen kritischen Umgang mit den historischen Filmquellen.

Bis auf Lehmanns Film (1973) stammen zudem sämtliche Titel aus den 80er Jahren, wobei als Produktionsanlass der jeweilige Jahrestag angenommen werden kann: Die einzige Ausnahme bildet Joachim Paschens als Überblicksdarstellung angelegter Film „Der Einheit der Nation verpflichtet“ (1985), der den 17. Juni nur sehr knapp behandelt. Dass keine Dokumentation zum zehnten Jahrestag vorliegt, mag darin begründet sein, dass 1963 der als schwerer wiegender Einschnitt in der Geschichte der deutschen Teilung empfundene Mauerbau die Erinnerung an den 17. Juni 1953 überschattete – ebenso wie 1990 der Tag der Deutschen Einheit auf das Datum der Wiedervereinigung (3. Oktober) umgeändert wurde und das Gedenken dementsprechend von den Ereignissen des 17. Juni 1953 weggelenkt haben mochte.

Wenn man den 1-minütigen Filmclip zum 17. Juni 1953 auf der aktuellen Seite der Bundesregierung anschaut, so ist auffällig, dass dieser in Kurzform nahezu ungebrochen die Sichtweise wiedergibt, wie sie im „Bericht“ aus dem Jahr 1953 anzutreffen ist. 

 



Kontextmaterialien im Internet

Sammlung von Dokumenten zum 17. Juni 1953 in der Stasi-Mediathek, darin u.a.

Internet-Präsenz des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR

Die Filme

Dokumente und Beiträge


Ausgehend von den Bildern des Filmdokument aus der Zeit des „Kalten Krieges“ werden in dieser UE die nachfolgenden Dokumentationen, die alle 10 Jahre  jeweils zum Jahrestag entstanden, daraufhin untersucht, wie sich in den Filmen die politisch motivierte Erinnerungskultur manifestierte.

Wenn man diese Erinnerungspolitik unter der Überschrift „Der Einheit der Nation verpflichtet“ bündelt, dann verwundert es nicht, dass dieses Gedenken nach 1989/1990  der erfolgten deutsch-deutschen Vereinigung  „zum Opfer“ gefallen ist.

Die aus Wochenschaumaterial zusammengestellte zeitgenössische „Reportage“ gibt vor, die Ereignisse in Berlin darzustellen und ihre Bilder sind zumeist die Grundlage für die nachfolgenden Dokumentationen.

Lutz Lehmanns 1973 vom Norddeutschen Rundfunk produzierte Dokumentation setzt sich mit drei unterschiedlichen Interpretationen der Ereignisse des 17. Juni auseinander.
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Joachim Paschen kontrastiert in seinem Film „Deutschland: Der 17. Juni 1953“ BRD- und DDR-Wochenschau-Beiträge, die in eine Darstellung der zum Aufstand hinführenden Vorgänge eingebunden werden. Die gezeigten Originalbeiträge entstammen der „Neuen Deutschen Wochenschau“…
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In seinem Film „… und Freiheit vor allen Dingen!“ behandelt Jürgen Haese den 17. Juni unter Bezug auf den Tag der deutschen Einheit, der in der BRD zwischen 1956 und 1990 gesetzlicher Feiertag war und an die Niederschlagung des Aufstandes in der DDR erinnern sollte.
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Die 1983 im Auftrag des Westdeutschen Rundfunks hergestellte Dokumentation „Jene Tage im Juni“ schildert Vorgeschichte, Verlauf und Niederschlagung des Aufstandes vom 17. Juni 1953. Neben westlichen Beobachtern (z.B. Journalisten des RIAS) kommen Zeitzeugen ausführlich zu Wort, die an den Geschehnissen direkt beteiligt waren bzw. als Streikführer gewirkt haben. Der Film interpretiert die Ereignisse des 17. Juni 1953 als kollektive Auflehnung der Ostdeutschen gegen die SED-Diktatur.
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Aus dem Blickwinkel des Jahres 1985 gibt Joachim Paschens Film eine historische Darstellung zur Teilung Deutschlands und Europas durch den Eisernen Vorhang. Nachgezeichnet werden die Ereignisse von der Festlegung der Besatzungszonen durch die Alliierten über die Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten, Berlin-Blockade und der Gründung der beiden deutschen Staaten bis hin zum Mauerbau im August 1961, wobei neben Originalfilmmaterial vor allem Kartenübersichten zum Einsatz kommen.
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Literatur

Film-, Foto- und Tonquellen zum 17. Juni 1953 in Berlin. Hrsg. vom Institut für den wissenschaftlichen Filme, Göttingen 1992

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