Die Rolle des Militärs

„Staat im Staate“
Konservative Elitekultur und kalkulierte Duldung rechter Gewalt

Detlef Endeward (07/2025)

Die Reichswehr, das Militär der Weimarer Republik, spielte eine ambivalente, aber letztlich folgenreiche Rolle bei der Zerschlagung der Demokratie. Obwohl sie formal der Verfassung verpflichtet war, agierte sie oft als Staat im Staate – mit monarchistischen Traditionen, antidemokratischer Haltung und strategischer Nähe zu rechten Kräften. Ihre Führung duldete, unterstützte oder förderte die NSDAP, weil sie sich davon die Verwirklichung eigener Ziele versprach..

 

Grundhaltung der Reichswehr

  • Verfassungstreue auf dem Papier: Soldaten wurden auf die Weimarer Verfassung vereidigt, doch viele Offiziere lehnten die Republik innerlich ab.
  • Elitäres Selbstverständnis: Die Reichswehr verstand sich als „überparteiliche“ Institution, die sich nicht in die Tagespolitik einmischen sollte – faktisch bedeutete das oft eine Ablehnung demokratischer Kontrolle.
  • Monarchistische und konservative Prägung: Viele Offiziere stammten aus dem Adel und hielten an kaiserzeitlichen Idealen fest.
 

Konkrete Beiträge zur Aushöhlung der Demokratie

  • Kapp-Putsch (1920): Teile der Reichswehr verweigerten den Befehl, gegen die Putschisten vorzugehen. General von Seeckt sagte: „Reichswehr schießt nicht auf Reichswehr.“
  • Tolerierung rechter Gewalt: Die Reichswehr bekämpfte linke Aufstände (z. B. Ruhraufstand 1920) mit Härte, während sie rechte Freikorps und paramilitärische Gruppen oft duldete oder unterstützte.
  • Geheime Aufrüstung: Trotz der Beschränkungen des Versailler Vertrags betrieb die Reichswehr verdeckte Rüstungsprogramme – teils in Kooperation mit der Sowjetunion.
  • Ablehnung republikanischer Verteidigungsbündnisse: Die Reichswehr stand dem republikanischen „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ feindlich gegenüber und lehnte eine Zusammenarbeit ab.

Machtzuwachs in den frühen 30er Jahren

  • Präsidialkabinette ab 1930 stärkten die Rolle der Reichswehr, da Entscheidungen zunehmend ohne Parlament getroffen wurden.
  • Reichspräsident Hindenburg, selbst ehemaliger Generalfeldmarschall, war eng mit der Reichswehr verbunden.
  • Kanzler Franz von Papen und General Kurt von Schleicher erwogen offen, die Demokratie durch ein autoritäres Präsidialsystem abzulösen – mit Rückhalt der Reichswehr.
  • Die Reichswehr wurde von Sparmaßnahmen ausgenommen und gewann politischen Einfluss.
 

Verhältnis zur NSDAP – Strategische Annäherung

  • Ziel der Reichswehrführung: Revision des Versailler Vertrags, Wiederaufrüstung, autoritäre Ordnung. Diese Ziele korrespondierten mit den Versprechen der NSDAP: Wiederherstellung der Wehrhoheit, Ausbau des Heeres, alleinige Trägerschaft der Reichswehr (nicht SA).
  • Die NSDAP erschien ab 1932 als nützlicher Partner, um diese Ziele zu erreichen – trotz ideologischer Differenzen.
  • Annäherung ab 1932: Führende Militärs wie General Kurt von Schleicher versuchten, die NSDAP in ein autoritäres System einzubinden.
  • Machtübertragung 1933: Die Reichswehr begrüßte Hitlers Kanzlerschaft, da sie sich von ihm eine Stärkung der militärischen Position versprach.
  • Eid auf Hitler (1934): Nach dem Tod Hindenburgs schworen die Soldaten nicht mehr auf die Verfassung, sondern auf den „Führer“ persönlich – ein symbolischer Bruch mit der Republik.
 

Fazit

Die Reichswehr war kein aktiver Zerstörer, aber ein mitentscheidender Wegbereiter des autoritären Umsturzes. Ihre passive Duldung rechter Gewalt, ihre Verachtung für die Demokratie und ihre strategische Kooperation mit der NSDAP trugen maßgeblich zur Erosion der Weimarer Republik bei.

Literatur

 

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