Hitlers Kontakte zur Großindustrie

Wie Verbindungen hinter verschlossenen Türen den Aufstieg der NSDAP stärkten

Detlef Endeward (07/2025)

Hitler hatte nachweislich bereits in der ersten Phase der NSDAP-Entwicklung gute Beziehungen zu den „höheren Kreisen“ der Weimarer Republik – und dies nicht vereinzelt, sondern ziemlich häufig und regelmäßig. (1) Dies ist auch deshalb bedeutsam, weil die Führung der NSDAP, mit Hitler an der Spitze „es liebte, bei entscheidenden Vorgängen auf informellen, nicht-amtlichen und daher oft nicht-schriftlichen Ebenen zu operieren.“ (2)

Die Führungsperson einer zu damaligen Zeiten ziemlich unbedeutenden und durch den dilettantisch durchgeführten Putsch eher verrufenen Partei bewegte sich nichts desto trotz wie selbstverständlich in eben diesen „höheren Kreisen“!

Diese an die Person gebundene Beziehungspflege fand nach der Neugründung der Partei 1925 ihren Fortgang.

Hitlers Reisen führten ihn vor allem ins Ruhrgebiet, weil er dort auf großes Interesse seitens der Schwerindustrie hoffen konnte. Im Zeitraum zwischen Februar 1926 und Februar 1933 sind insgesamt mehr als 40 Treffen zwischen Hitler und verschiedenen Industriellen und Bankiers identifiziert. Die Größe dieser Versammlungen war sehr unterschiedlich. Einerseits gab es Großveranstaltungen, die von 200 bis 600 Industriellen oder deren direkte Vertreter besucht wurden, andererseits gab es Treffen zwischen Hitler und führenden Industriellen oder Bankiers in einer „viel intimeren Atmosphäre“ statt – in Villen, Luxus-Hotels oder teure Restaurants, wobei maximal 20 bis 40 Industrielle und Bankiers anwesend sind.(3)

Dass dabei auch finanzielle Zuwendungen erfolgten ist in Einzelfällen belegt in viel mehr Fällen aber wahrscheinlich, ein vielleicht nicht entscheidender aber doch schon beachtenswerter Aspekt im Rahmen der organisatorischen Festigung der Partei. Herausheben kann man den Kauf des Völkischen Beobachters, die „Subventionierung“ des NS-Fuhrparks und der persönlichen KFZ des „Führers“ in München.

Wenn man die Funktion derartiger politischer Netzwerke und „Denkfabriken“ betrachtet, heißt das: die Person Hitler war eine bekannte und mitgehandelte Karte im politischen Ränkespiel der nationalen Eliten zwischen Absprachen und Widerrufen, politischen Abwägungen und dem Schmieden von Allianzen. (Das dürfte im Übrigen auch für weitere Führungspersonen der faschistischen Bewegung gelten.)

Die diversen völkisch-nationalistischen Gesprächskreise und die Interessenvertretungen der industriellen Eliten wiesen dabei unterschiedlich viele und unterschiedlich stark ausgeprägte Schnittstellen auf. Das „System Hugenberg“ hatte dabei lange Zeit eine hervorgehobene Bedeutung, zumal Hugenberg die vielfältigen  Möglichkeiten seines Medienkonzerns nutzen konnte.

Der Blick auf nachweisbare finanzielle Zuwendungen an einzelne Personen und Organisationen ist sicher wichtig, aber zu begrenzt, weil viele Zahlungen nicht durch die Bücher, also nicht belegbar, stattgefunden haben dürften.

Die Lesart, dass eine Unterstützung z.B. v. Papens und/oder der DNVP zu einem bestimmten Zeitpunkt gleichzeitig eine Absage an Hitler bzw. die NSDAP gewesen sei, mag für das jeweils zur Frage stehende Ereignis gelten, ganz sicher aber nicht für den strukturellen Zusammenhang. Es waren jeweils taktische Erwägungen, die tagesaktuelle Entscheidungen beeinflussten, keine grundsätzlichen Ablehnung. Die Person Hitler war seit Jahren und die Partei spätestens seit 1930 IMMER eine politische Option.

Seit den Wahlen 1930 wurde dann mit der Verschärfung der ökonomischen Krise – neben einzelnen Personen – auch die Partei mit ihren Nebenorganisationen für die Interessenvertreter des Großgrundbesitzes und der Großindustrie zunehmend politisch interessant.

Die Zusammenstellung  der persönlichen Kontakte auf „höchster Ebene“ und von wichtigen schriftlichen Dokumenten stellen ziemlich sicher nur einen Bruchteil der tatsächlichen Kontakte dar. Im Rahmen der wechselseitigen Versuche von Vertretern der NSDAP oder der Industrie eine Verbesserung  des Verhältnisses zueinander zu finden und in der Endphase der Weimarer Republik zur politischen Zusammenarbeit zu kommen, dürften sehr wahrscheinlich zahlreiche Treffen stattgefunden haben. Die folgende Auswahl wird somit nur  „die Spitze eines Eisberges an Kontaktbemühungen“ darstellen, wenn man in Betracht zieht, das politische Einflussnahme und Bündnisbildung intransparent, nicht öffentlich – und damit zumeist auch nicht dokumentiert –  ablief.

Zur Dokumentenlage über diese „Netzwerkbildung“ siehe folgende Aussage eines der damaligen „Netzwerker“:

Oft genug ist ohne jedes Beibringen von Unterlagen bereits die Behauptung irgendeiner unzulässigen (!) politischen Handlung der Schwerindustrie einem Beweis gleichgestellt worden. Dabei hätte es nahegelegen, sich klarzumachen, daß wirklich vertrauliche Dinge, wie sie gerade die Befassung mit wichtigen politischen Fragen darstellt, nur in vertrautestem Kreise behandelt zu werden pflegen, ohne Hinzuziehung von Gewährsmännern industriefeindlicher Kreise und Zeitungen oder gar der kommunistischen Presse … Dinge, die man nicht einmal über einen ganz kleinen Kreis eigener Berufsgenossen hinaus bekannt werden ließ, hat man bestimmt nicht Außenstehenden anvertraut.

Der Autor plaudert hier gewissermaßen aus der Schule seiner eigenen Erfahrungen, war er doch als Herausgeber des „Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsdienstes“ selbst zu Beginn der 30er Jahre einer der Mittelsmänner zwischen Ruhrindustrie und faschistischer Partei. (4)


Anmerkungen

  1. In  Zusammenhang mit der hier personenorientierten Darstellung ist es wichtig, die Kritik Kühnls an der sog. „Agententheorie“ zu berücksichtigen. Kühnl führt aus, dass in dieser Theorie „in der Tat bestehende Kausalbeziehung zwischen Kapitalismus und Faschismus […] allzu direkt und personalistisch-voluntaristisch aufgefaßt [wird], so daß die Nähe zu Verschwörungstheorien nicht zu übersehen ist. Tatsächlich muß diese Beziehung stärker als eine vermittelte und strukturelle gesehen werden: Nicht die direkte Unterstützung des Großkapitals bewirkte den Aufstieg des Faschismus, sondern die im kapitalistischen System begründete Wirtschaftskrise trieb die verängstigten Massen, vorab die proletarisierten oder von der Proletarisierung bedrohten Mittelschichten, zum Faschismus, der ihnen soziale Sicherheit und nationales Prestige versprach. Erst als sich der Faschismus zur Massenbewegung formiert hatte, setzte die Unterstützung des Großkapitals in größerem Umfang ein, die dann freilich die Propagandamöglichkeiten des Faschismus weiter verstärkte und seinen Aufstieg beschleunigte“. Reinhard Kühnl: Faschismustheorien. Ein Leitfaden. Aktualisierte Neuauflage, Distel Verlag, Heilbronn 1990, S. 249 f. Gleichwohl sind sie bedeutsam, da Politi eben von Menschen gemacht und zu verantworten ist.
    Siehe zu den strukturellen Rahmenbedingungen für die hier dargestellte „Kontaktgeschichte“ die Materialien unter Verhältnis zwischen Politik und Ökonomie am Ende der Weimarer Republik
  2. Hallgarten/Radkau: a.a.O., S. 440
  3. Karsten Heinz Schönbach: Hitler and the German Coal Industrialists: Passing the Keys to A Kingdom. Working Paper No. 230 October 28th, 2024, S. 22ff
  4. A. Heinrichsbauer, Schwerindustrie und Politik, Essen 1948, S. 15 f.; zitiert nach Kadritzke, Niels (1973): Faschismus als gesellschaftliche Realität und als unrealistischer Kampfbegriff. PROKLA. Zeitschrift für Kritische Sozialwissenschaft, 3(8/9), 103–143. https://doi.org/10.32387/prokla.v3i8/9.1797, S 124

Literatur

  • Gossweiler, Kurt: Hitler und das Kapital 1925–1928. In: Ders.: Aufsätze zum Faschismus. Berlin 1986
  • Hallgarten, Georg. W.F./Radkau, Joachim:DeutscheIndustrie und Politik von Bismarck bis in die Gegenwart, Reinbek bei Hamburg 1981
  • Kadritzke, Niels: Faschismus und Krise. Zum Verhältnis von Politik und Ökonomie im Nationalsozialismus.Frankfurt/New York 1976
  • Schönbach, Karsten Heinz, Faschismus und Kapitalismus – Bündnis zur Zerschlagung von Demokratie und Arbeiterbewegung, Berlin 2020
  • Schönbach, Karsten Heinz, Die deutschen Konzerne und der Nationalsozialismus 1926 – 1943, Berlin 2016

Dietrich Eckart, eine der entscheidenden Person der frühen nationalsozialistischen Bewegung, führte Hitler schon zu Beginn der 20er Jahe in die einflussreichen Münchner Kreise ein. Über ihn lernten er z.B. die Bechsteins im Juni 1921 in ihrer Berchtesgadener Villa kennen. Helene Bechstein wurde schließlich eine sehr frühe Verehrerin Hitlers. Während seiner Festungshaft 1923/1924 in Landsberg am Lech besuchte sie ihn oft. Sie führte den „nicht sehr stilsicheren“ Hitler in die „bessere Gesellschaft“ in Berlin ein und verhalf ihm mit Hilfe von Elsa Bruckmann und Winifred Wagner zu einem neuen Image.

Der Salon des Ehpaars Bruckmann sollte in München „nach dem Ersten Weltkrieg zu einer wichtigen Bühne Adolf Hitlers werden und das Ehepaar Bruckmann den Aufstieg der NSDAP maßgeblich fördern. (…)
Direkt nach seiner Haftentlassung, am Vorweihnachtsabend des Jahres 1924, machte Adolf Hitler dem Hause Bruckmann seine persönliche Aufwartung; von nun an verkehrten er und seine engsten Gefolgsleute wie Rudolf Hess und Alfred Rosenberg dort regelmäßig. Die Familie Baldur von Schirachs war ohnehin eng mit Bruckmanns befreundet. Hugo Bruckmann setzte sich verlegerisch für die nationalsozialistische Sache ein und unterstützte Alfred Rosenbergs »Kampfbund für deutsche Kultur«. In Adolf Hitler meinte man endlich den Chamberlainschen Geisteskönig gefunden zu haben, der Kunst und Politik zu einem Gesamtkunstwerk von Wagnerschem Dimensionen verschmolz. Die im Hause Bruckmann geknüpften Verbindungen sollten der »Bewegung« so manche Türe öffnen.“1)

In Bechsteins Berliner Salon wurde Hitler mit vielen einflussreichen Persönlichkeiten wie z. B. Familie von Hammerstein und General Kurt von Schleicher bekannt, und baldgaben  er und weitere Nazigrößen wie Rudolf Heß, Alfred Rosenberg und Baldur von Schirach den Ton an. 

Die Bechsteins unterstützten Hitler darüber hinaus mit großen Geldsummen und bürgten oft für hohe Kredite. Auch finanzierten sie erste Ausgaben der Parteizeitung Völkischer Beobachter. Über die Bechsteins kam Hitler auch mit dem Obersalzberg in Berührung, wo er sich 1933 ein zuvor gemietetes Haus kaufte und später den Berghof anlegte.

Anmerkungen

1) Weiß, V.: Am Tisch mit Rilke und Hitler


Literatur

  • Joachimsthaler, Anton: Hitlers Liste – Ein Dokument persönlicher Beziehungen. München 2003
  • Klee, Ernst: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007
  • Käfer, Miriam: Hitlers frühe Förderer aus dem Großbürgertum – das Verlegerehepaar Elsa und Hugo Bruckmann. In: Marita Krauss (Hrsg.): Rechte Karrieren in München. Von der Weimarer Zeit bis in die Nachkriegsjahre, Volk Verlag, München 2010, S. 52–79.
  • Martynkewicz, Wolfgang: Salon Deutschland. Geist und Macht 1900–1945. Berlin 2009
  • Weiß, Volker: Am Tisch mit Rainer Maria Rilke und Hitler. In: Beilage zu jungle world Nr. 45, 11. November 2010

 

„Worte der Einführung sind eigentlich unnötig bei dem Gast, den wir heute abend bei uns zu sehen die Ehre haben. … Sein mannhaftes Eintreten für seine Überzeugung hat ihm in den weitesten Kreisen Achtung, Verehrung und Bewunderung eingetragen. Wir freuen uns sehr, daß er heute abend zu uns gekommen ist. Dieser Freude haben auch die Klubmitglieder dadurch Ausdruck gegeben, daß sie heute abend so zahlreich erschienen sind. … Die heutige Veranstaltung ist so stark besucht wie vielleicht noch keine Veranstaltung des Klubs.“[1]

Mit diesen Worten empfing von Dr. Vorwerk, der Leiter des „Nationalclubs“ in Hamburg, seinen Gast, den Führer der NSDAP, Adolf Hitler vor den rund 400 – 450 Mitgliedern, bestehend aus Reedern, Werftbesitzern, Bankiers und Kaufleuten.

Dies war nicht der einzige Besuch Hitlers vor diesem Kreis von Wirtschaftsführern der Hansestadt. Am 1. Dezember 1930 konnte er wieder vor dem Klub sprechen und 1931 wurde auch Joseph Goebbels als Redner geladen.


  1. Kurt Gossweiler: Hitler und das Kapital 1925–1928. In: Ders.: Aufsätze zum Faschismus. Akademie-Verlag, Berlin 1986

In den Jahren 1926 und 1927 hatte Hitler bei seiner Ruhrkampagne fünf Reden im Ruhrgebiet vor Wirtschaftsführern gehalten.

  • 26.11.1926: Hitler-Rede in der Bonner Beethovenhalle
  • 29.11.1926: Hitler-Rede vor einem ausgewählten Kreis von Vertretern der Wirtschaft im Düsseldorfer Hof in Königswinter.

Adolf Hitler trifft sich in der Villa des Kunstverlegers Hugo Bruckmann mit dem Ruhrindustriellen Emil Kirdorf. Dadurch versucht Hitler finanzielle Unterstützung für die NSDAP von der Schwerindustrie zu erhalten. Im Anschluss werden Hitlers Ausführungen zum Programm und den Zielen der Nationalsozialisten im Verlag Bruckmann, mit den Geldern Kirdorfs, veröffentlicht.
[Overesch/Saal, S. 341]

Zehn Jahre nach dem Treffen äußerte sich Kirdorf zum Ergebnis der Unterredung in einem Interview mit der ,Preußischen Zeitung‘:

Die unerbittliche Folgerichtigkeit und klare Zusammenfassung seiner Gedankengänge begeisterten mich derart, daß ich mich völlig einverstanden erklärte mit dem, was er mir vorgetragen hatte. Ich bat den Führer, den mir gehaltenen Vortrag in einer Broschüre zusammenzufassen. Diese Broschüre habe ich dann in meinem Namen in Kreisen der Industrie und der Wirtschaft verbreitet. In der Erkenntnis, daß nur die Politik Adolf Hitlers zum Ziel führen werde, habe ich mich in der Folgezeit ganz seiner Bewegung zur Verfügung gestellt. Kurz nach der Münchner Unterredung fanden dann als Auswirkung der vom Führer verfaßten und von mir verbreiteten Broschüre mehrere Zusammenkünfte des Führers mit leitenden Persönlichkeiten des Industriereviers statt, in denen Adolf Hitler in knappen und klaren Worten seine Ansichten darlegte.

(zitiert nach: H.S. Turner: a.a.O., S:34/35)

11.09.1931

In Berlin trifft Hitler mit mehreren Industriellen zusammen, um ihnen seine wirtschaftspolitischen Ziele vorzustellen. Zu den Gästen gehören Fritz Thyssen, Emil Kirdorf und Albert Vögler

Industriellentreffen mit Adolf Hitler im Berliner Hotel Kaiserhof . Es wurde die Vereinbarung getroffen, im Falle eines sog. „Linksputsches“ der NSDAP 25 Millionen Reichsmark zur Verfügung stellten

ADN-Zentralbild Berlin 1931 Das Hotel „Kaiserhof“ am Wilhelmplatz. Scherl Bilderdienst

Hitler tritt auf Vermittlung Thyssens vor dem Industrieclub im Düsseldorfer Parkhotel vor geladenen Großindustriellen auf, um dort seine Politik vorzustellen.

Das Interesse an der Veranstaltung war mit 650 Zuhörern außerordentlich groß.
Karl Haniel, der damalige Vorsitzende des Düsseldorfer Industrie-Clubs, schrieb am 20. Januar 1932 an Gustav Krupp von Bohlen und Halbach auf dessen Hinweis, er habe keine Einladung erhalten:

„Der Andrang der Clubmitglieder zum Hitler-Vortrag übersteigt tatsächlich unsere kühnsten Erwartungen und der größte Saal des Parkhotels ist leider nicht größer zu machen als er nun mal ist“.

 

zit. nach Thomas Trumpp: Zur Finanzierung der NSDAP …, S. 144.

Thyssen nutzte das Schloss nicht nur für Familientreffen, Arbeitsessen, Empfang größerer Gesellschaften und regelmäßig stattfindende Jagdgesellschaften, es diente ihm  ausdrücklich für treffen zur ‚informellen Netzwerkbildung’ im Interesse seines Konzerns. So auch das Treffen von ThyssenAlbert Vögler und Ernst Poensgen mit Hitler, Göring und Röhm.

Ernst Poensgen: Hitler und die RuhrindustriellenEin Rückblick
Typoskript1945 zitiert nach: Willi Eichler: Europe speaksHeft 61London 1945online

DerAdressat der Eingabe

Generalfeldmarschall Paul von Beneckendorf und Hindenbug Bundesarchiv, Bild 183-S51620 / CC BY-SA 3.0

Die sogenannte Industrielleneingabe vom 19. November 1932 war ein Brief von führenden Vertretern aus Industrie, Bankwesen und Landwirtschaft an Reichspräsident Paul von Hindenburg. Ziel war es, die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler zu unterstützen – eine symbolträchtige Intervention aus wirtschaftlichen Eliten, die die politische Entwicklung der Weimarer Republik maßgeblich beeinflusste.

Kernpunkte der Industrielleneingabe

  • Zeitpunkt: 19. November 1932

  • Adressat: Reichspräsident Paul von Hindenburg

  • Initiator: Hjalmar Schacht (ehem. Reichsbankpräsident)

  • Ziel: Unterstützung Hitlers als Regierungschef zur Abwehr des politischen Stillstands

  • Bedeutung: Ausdruck des bedeutenden Einflusses wirtschaftlicher Eliten auf die Politik in der Endphase der Republik

Tabelle der Unterzeichner (Funktionen & Kontext)

 
Name Funktion / Position Zugehörigkeit / Kontext
Fritz Beindorff Eigentümer der Pelikan AG Aufsichtsrat Deutsche Bank
Emil Helfferich Vorstand Deutsch-Amerikanische Petroleum-Gesellschaft HAPAG, Keppler-Kreis
Ewald Hecker Präsident IHK Hannover, Ilseder Hütte Keppler-Kreis
Kurt von Eichborn Bankier
Kurt Freiherr von Schröder Bankier, Gastgeber späterer Verhandlungen Herrenklub, Keppler-Kreis
Carl Vincent Krogmann Hamburger Kaufmann, später Bürgermeister Hamburger Nationalklub
Robert Graf v. Keyserlingk Vorstand landwirtschaftlicher Arbeitgeberverbände Herrenklub
Erich Lübbert Generaldirektor Dywidag Stahlhelm-Wirtschaftsrat
Joachim von Oppen Präsident Landwirtschaftskammer Brandenburg
August Rosterg Generaldirektor Wintershall AG Keppler-Kreis
Friedrich Reinhart Vorstand Commerz- und Privat-Bank, Präsident IHK Berlin AEG, Keppler-Kreis
Hjalmar Schacht Ehem. Reichsbankpräsident Keppler-Kreis
Emil Georg von Stauß Vorstand Deutsche Bank Unterstützer der NSDAP
Fritz Thyssen Stahlindustrieller, bedeutender NSDAP-Financier Vereinigte Stahlwerke
Rudolf Ventzki Generaldirektor Maschinenfabrik Esslingen
Franz Heinrich Witthoefft Präsident Handelskammer Hamburg Commerz- und Privat-Bank
Kurt Woermann Reeder und NSDAP-Mitglied Woermann-Linie
Erwin Merck Chef der Hamburger Handelsbank H. J. Merck & Co.
Kurt Gustav Ernst von Rohr-Manze Gutsbesitzer Nachträglich ergänzt
Engelbert Beckmann (umstritten) Präsident des Westfälischen Landbundes Umstrittene Unterschrift
 

 Diese Liste basiert auf der aktuellen Forschungslage
Insgesamt unterzeichneten etwa 19–20 Persönlichkeiten den Brief. Einige Namen wurden nachträglich ergänzt. Manche Zuordnung ist umstritten (z. B. Engelbert Beckmann).

Adolf Hitler trifft sich mit Franz von Papen zu einem Gespräch mit dem Kölner Bankier Kurt Freiherr v. Schröder in dessen Villa Im Stadtwaldgürtel 35.
Zu dem streng geheimen Treffen erschien Hitler in Begleitung von Rudolf Heß, Heinrich Himmler und Wilhelm Keppler; das Gespräch führten Hitler und von Papen in Anwesenheit Schröders allein. Es diente der Vorbereitung einer Regierungsbeteiligung der NSDAP und war ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu Hitlers Kanzlerschaft. Der Bankier Schröder war schon vor 1933 für den Nationalsozialismus eingetreten und hatte sich mit nationalsozialistischen Wirtschaftsplänen befasst. Sein Engagement zahlte sich noch 1933 aus: er wurde Präsident der Kölner Industrie- und Handelskammer.

Das Treffen Papens mit Hitler im Haus des Bankiers Schröder am 4. Januar 1933 in Köln gilt für einige Historiker als die „Geburtsstunde des Dritten Reiches“ (Karl Dietrich Bracher).
Unter der Vermittlung des Bankiers Kurt Freiherr von Schröder einigten sich hier Franz von Papen und Adolf Hitler auf die Reichskanzlerschaft Hitlers.

Bodenplatte im Gehweg vor der Villa (2008)
CC BY-SA 3.0

Das Geheimtreffen vom 20. Februar 1933 war eine Zusammenkunft Adolf Hitlers nach der Machtübernahme mit 27 Industriellen in Hermann Görings Amtssitz im Reichstagspräsidentenpalais zur Finanzierung des Wahlkampfes der NSDAP bei den Reichstagswahlen vom 5. März 1933.

Bedeutung des Treffens

  • Legitimation durch Eliten: Die Teilnahme bedeutender Wirtschaftsführer verlieh Hitler zusätzliche gesellschaftliche Anerkennung.

  • Finanzielle Schlagkraft: Die Mittel ermöglichten eine beispiellose Wahlkampagne mit Plakaten, Flugblättern und Großveranstaltungen.

  • Illusion der Kontrolle: Einige Industrielle glaubten immer noch, Hitler politisch einhegen zu können – ein folgenschwerer Irrtum.

 
Name Funktion / Unternehmen
Ernst Brandi Vorsitzender des Bergbauvereins
Karl Büren Generaldirektor, Braunkohlen- und Brikett-Industrie AG
August Diehn Vorstandsmitglied, Wintershall AG
Ludwig Grauert Geschäftsführer, Arbeitgeberverband Nordwest
Günther Heubel Generaldirektor, C. Th. Heye Braunkohlenwerke AG
Günther Quandt Großindustrieller, später Wehrwirtschaftsführer
Wolfgang Reuter Generaldirektor, Demag
August Rosterg Generaldirektor, Wintershall AG
Hjalmar Schacht Ehem. Reichsbankpräsident, Organisator des Treffens
Georg von Schnitzler Vorstandsmitglied, IG Farben
Eduard Schulte Generaldirektor, Giesches Erben
Kurt Schmitt Vorstand, Allianz
Fritz Springorum Hoesch AG
Hugo Stinnes jr. Aufsichtsrat, Rheinisch-Westfälisches Kohlen-Syndikat
Ernst Tengelmann Vorstandsvorsitzender, Gelsenkirchener Bergwerks-AG
Albert Vögler Vorstandsvorsitzender, Vereinigte Stahlwerke AG
Fritz von Opel Vorstandsmitglied, Adam Opel AG
Gustav Krupp von Bohlen und Halbach Vorsitzender, Reichsverband der Deutschen Industrie (Krupp)
Ludwig von Winterfeld Vorstandsmitglied, Siemens & Halske / Siemens-Schuckertwerke
Wolf-Dietrich von Witzleben Bürochef von Carl Friedrich von Siemens
Hans von und zu Löwenstein Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Bergbauverein
Paul Stein (lt. Aussage Schnitzler) Vorsitzender, Gewerkschaft Auguste Victoria (IG Farben) (umstritten)
August von Finck Bankier, Aufsichtsrat in zahlreichen Unternehmen
 

Insgesamt nahmen mindestens 24–27 Industrielle teil. Die genaue Teilnehmerzahl variiert je nach Quelle

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