Das Kinoprogramm der Zeit
Petra Schepers (1991)
Das Programm der Kinos 1945/46 blieb weitgehend bestimmt von älteren deutschen Produktionen, in der Hauptsache unpolitische“ Unterhaltungsware.
Im August 1946 fand erstmals die deutsche Uraufführung eines synchronisierten englischen Films in Hannover statt, der Gloria-Palast zeigte Brief Encounter (Begegnung, 1945, Regie: David Lean). Die Aufführung stieß allerdings nicht auf einhellige Zustimmung des Publikums. Die Zeitschrift British Zone Review berichtete in ihrer Ausgabe vom Herbst 1946 über die Reaktion des hannoverschen Publikums: „Gut genug für England. Wir wollen nur deutsche Filme. Der Film Ohm Krüger war der beste! Nazi-Filme sind besser.“
Da die Besucherzahlen in den Kinos weiter stiegen, muss aber davon ausgegangen werden, dass solche negativen Reaktionen in der Minderheit blieben, denn es kamen ab Herbst 1946 zunehmend synchronisierte ausländische Unterhaltungsproduktionen in die Kinos. So erlebte Hannover am 20.9.1946 im Gloria-Palast die Aufführung des ersten amerikanischen Films Seven Sweethearts (Sieben junge Herzen, 1942, Regie: Frank Borzage) und im November 1946 folgte der erste sowjetische, Serdza Tschetyrech (Vier Herzen, 1941, Regie: Konstantin Judin). Beide Produktionen liefen mit Erfolg mehrere Wochen in verschiedenen hannoverschen Kinos. Im Winter 1946/47 wurde die Lage für die Filmtheater schwieriger wegen der Kälte und des Mangels an Energie- und Heizmaterial. Als die Verwaltung im März 1947 die Lieferung von Heizmaterialien an Geschäftsbetriebe einstellte, erhielt das Publikum nur noch Eintrittskarten, wenn für die Vorstellung ein Stück Brennholz mitgebracht wurde.
Neben ausländischen Produktionen kamen nun die ersten deutschen Nachkriegsfilme in die hannoverschen Kinos. Den Anfang machte am 5.4.1947 Sag die Wahrheit (1946, Regie: Helmut Weiß), ein Komödie mit Heinz Rühmann und Herta Feiler. Der Film gehörte zur Gruppe der sogenannten „Überläufer“. Die Dreharbeiten hatten Anfang 1945 begonnen, mussten aber beim Einmarsch der Alliierten abgebrochen werden. Die Fertigstellung des Films konnte dann 1946 ohne wesentliche Änderungen realisiert werden. Der erste „echte“ deutsche Nachkriegsfilm, der im Juli 1947 im Gloria-Palast aufgeführt wurde, war In jenen Tagen von Helmut Käutner. Der Film erzählt in sieben Episoden die Geschichte eines Autos und seiner Besitzer zwischen 1933 und 1945, er gibt Beispiele für Mut und Menschlichkeit in der zeit der Diktatur. Ziel ist nicht anzuklagen, sondern zu helfen, in der Gegenwart mit der Vergangenheit fertig zu werden.
Bis zur Währungsreform am 20.6.1948 konnten in Hannover vier weitere Kinos eröffnet werden, so dass nunmehr 13 Lichtspieltheater ihren Betrieb wieder aufgenommen hatten. Die Besucherzahlen hatten mit ca. 500.000 pro Monat wieder annähernd den Stand von 1937 erreicht.