Wege im Zwielicht (1948)

Szenenfoto (Foto: FIlminstitut Hannover)

Inhalt

Drei heimatlose Jugendliche geratenim kriegszerstörten Hannover in den Verdacht, am Tod eines Schwarzmarktschiebers schuld zu sein. Lukas, kommissarischer Bürgermeister in einem Heidedorf, ist zufällig Zeuge des tragischen Ereignisses und erkennt die Unschutd der Jugendlichen. Er gibt den Jungen Leuten die Chance auf einen Neuanfang in seinem Dorf und muss dabei selbst Opfer bringen.

Arbeitstitel: SOLANGE DAS HERZ SCHLÄGT; EIN BESSERES LEBEN

Regie: Gustav Fröhlich
Buch: Robert A. Stemmle
Regieassistenz: Walter Fredersdorf
Kamera: Franz Weihmayr
Kameraassistenz: Heinz Pehlke, Walter Schenk
Bauten: Erich Grave
Maskenbildner: Herbert Griesner
Schnitt: Walter Fredersdorf
Ton: Werner Kobold
Musik: Wemer Eisbrenner

DarstellerInnen:
Gustav Fröhlich (Otto Lukas)
Johanna Lepski (Edith Siems)
Sonja Ziemann (Lissy Stenzel)
Benno Sterzenbach (Stefan Korb)
Gert Schäfer (Peter Wille)
sowie AIfred Lauflrütte, Axel Scholz, Hubert Endlein, Peter A. Horn

Produktion: Junge Film-Union, Rolf Meyer, Hamburg
Erstverleih: Schorcht-Filmgesellschaft mbH. (West-Berlin/Wiesbaden/München/Frankfurt/Düsseldorf/Hamburg)- Sovexport- Film GmbH. (Ost-Berlin/ Ostdeutschland)
Produktionsleitung: Willi Wiesner
Aufnahmeleitturg: Adolf Essek, Georg Mohr
Drehzeit: August – Oktober 1947
Außenaufnahmen: Hannover, Umgebung von Celle
Länge: 2450m (Westall. Militärzensur): 90 Min.
2418m (Sowjet. Militiirzensur): 89 Min.
Zensurdatum : März 1948 (Westalliierte Militärzensur), 24.10.19 48 (Sowjet. Militärzensur)
Uraufführung: 9.4.1948, Hannover, Palast-Theater; Berlin-West 27.08.1948/Berlin-Ost 9.5.1948
Austauschfilm der Defa: DIE SELTSAMEN ABENTEUER DES FRIDOLIN B.

WEGE IM ZWIELICHT ist ein Zeitfilm, in dem sich eine ganze Reihe von charakteristischen Zeiterscheinungen spiegelt. Von den oben genannten Filmen unterscheidet er sich allerdings dadurch, dass das ländliche Leben als Handlungsort hervorgehoben und positiv besetzt wird. Hier finden sich neben dokumentarischen Aufnahmen auch romantische Motive, die einige Jahre später – im deutschen Heimatfilm der 50er Jahre – zur künstlichen Idylle stilisiert werden.

Das Bemühen, den ländlichen Raum positiv hervorzuheben, war in den frühen Filmen der „Junge Film-Union“ nach eigenen Aussagen Programm, genauso wie der Wunsch, neben bewährten Stars auch „neue Gesichter“ zu zeigen. In WEGE IM ZWIELICHT sind es Johanna Lepski, Sonja Ziemann, Benno Sterzenbach und Gert Schäfer. Das Bemühen, zur Erneuerung des deutschen Films nach 1945 beizutragen, ist unverkennbar und spiegelt sich auch im Namen der Produktionsfirma „Junge Film-Union“. In einer Selbstdarstellung der Filmfirma wurde WEGE IM ZWIELICHT 1948 bezeichnet als der Versuch, einen Zeitfilm zu machen, der kein Trümmerfilm sei, der aber zur Besinnung aufrufe, wobei man vor allem die jüngere Generation im Auge hatte. Auch die zeitgenössische Werbung für „Wege im Zwielicht“ spricht von einem Film für „unserer Jugend“.

Ende des Zweiten Weltkrieges und der Naziherrschaft sowie die damit verbundene Machtübernahme der Alliierten in Deutschland dar. In filmpolitischer und filmökonomischer Hinsicht war es tatsächlich eine Stunde Null. Das Filmvermögen des NS-Staates (im sog. UFI-Staats-Konzern war praktisch das gesamte Filmwesen zusammengeschlossen), dieses Filmvermögen war komplett beschlagnahmt und stand zumindest in den Westzonen Deutschlands für einen Neuanfang bis zu Beginn der 50er Jahre nicht zur Verfügung. Hier musste buchstäblich von vorn angefangen werden. Dabei erfolgte der Neuaufbau der deutschen Filmwirtschaft getrennt in den jeweiligen Besatzungszonen. Im Folgenden werde ich mich auf die britische Zone bzw. die Bi-Zone beschränken.

Wenn über die ersten Jahre nach 1945 im Bereich des deutschen Filmwesens gesprochen wird, dann fällt in der Regel der Begriff „Lizenzzeit„. Diese dauerte formal bis zum Sommer 1949: Solange benötigte man für alle Tätigkeiten auf dem Gebiet der Filmproduktion, des Filmverleihs und der Filmvorführung eine alliierte Lizenz. Alle Beteiligten vom Beleuchter bis zum Nebendarsteller brauchten zumindest eine Bescheinigung, dass sie politisch unbelastet waren. Ab 1947, als die westdeutsche Filmproduktion merklich in Gang kam, war die Lizensierungspraxis allerdings nicht mehr besonders streng.

Von Bedeutung war, dass Lizenzen für die Filmproduktion, ähnlich für Filmverleih und Theaterbetriebe, in den Westzonen nur an einzelne Personen vergeben wurden, nicht an Gesellschaften, Konzerne usw. Die Alliierten wollten damit verhindern, dass sich im Filmbereich neue Machtzusammenballungen ergaben, wie sie die UFA bzw. der UFI-Konzern im NS-Staat gewesen waren. Die Folge dieser Filmpolitik war eine Zersplitterung der westdeutschen Filmproduktion: Es entstanden viele kleine, in der Regel kapitalschwache Filmfirmen, von denen die meisten nicht einmal den ersten Film fertigstellen konnten. Als Produzenten firmierten oft die Filmschaffenden selbst, die von kaufmännischen Dingen kaum etwas verstanden.

Hinsichtlich der Themen und Stoffe der „neuen“ deutschen Filme machten die Westalliierten lediglich die Vorgabe, dass keine nazistischen, militaristischen usw. Filme gedreht werden dürften sowie solche, die die Besatzungsmächte kritisierten oder gegeneinander aufbringen könnten. Letzteres ist auch der Grund dafür, dass in deutschen Nachkriegsfilmen – anders als etwa in den amerikanischen Filmen, die auf deutschem Boden spielen, – erst gar keine Besatzungssoldaten auftauchen.

Um Verstöße gegen die alliierten Verordnungen auszuschließen, gab es eine Vorzensur auf Basis eines Drehskriptes bzw. Drehbuchs und eine Endzensur des fertiggestellten Films. Die Vorzensur wurde auch damit begründet, dass man das ohnehin knappe Rohfilmmaterial – mit dem die alliierten Dienststellen die deutschen Produzenten wenigstens teilweise versorgten – nicht für Projekte verschwenden dürfte, die dann später nicht genehmigt wurden. Es gibt aber auch Hinweise darauf, dass die angloamerikanischen Kontrolloffiziere bei ihrer Auswahl zeitnahe Stoffe bevorzugten gegenüber historischen oder sogenannten eskapistischen Stoffen.

Eine der ersten Produktionslizenzen zur Filmherstellung in der Britischen Zone erhielt der Drehbuchautor Rolf Meyer. Er gründete am 1. April 1947 die „Junge Film-Union“ in Hamburg mit einer Nebenstelle in Bendestorf in der Nordheide, wohin der Hauptsitz bald verlegt wurde. Diese Firma realisierte im Sommer/Herbst 1947 „Wege im Zwielicht“ als ihren zweiten Spielfilm. Insgesamt stellte die Firma bis zu ihrem Konkurs im Jahre 1952 19 Spielfilme her, darunter den Skandal-Film „Die Sünderin“ aus dem Jahre 1951.

Die Fertigstellung eines Spielfilms im Jahre 1947, das hieß nicht nur die politischen Hürden überwinden (Lizenz, Vorzensur, Endzensur), sondern auch die schwierigen materiellen Bedingungen meistern. Filmateliers standen zu dieser Zeit nicht zur Verfügung, jedenfalls nicht in der britischen Zone. So wich man für die Innenaufnahmen beispielsweise in den Tanzsaal einer Dorfgaststätte aus (wie im ersten Spielfilm der JFU) oder drehte im Fall von WEGE IM ZWIELICHT im Bahnhofsbunker in Hannover und im Kloster Wienhausen bei Celle. Es gab häufige Stromunterbrechungen und zum Filmdrehen braucht man viel Licht – damals noch mehr als heute. Gedreht werden konnte daher, wegen der besseren Stromversorgung, oft nur nachts. Filmausrüstungen und Rohfilmmaterial waren äußerst knapp und mussten wenigstens zum Teil „organisiert“ werden, wie es hieß, genauso wie beispielsweise die für den Bau von Dekorationen und Kulissen dringend benötigten Nägel, die nicht selten aus Weidezäunen entwendet wurden. Demgegenüber spielten die notwendigen Geldmittel zur Filmproduktion in der Vorwährungsreformzeit nur eine untergeordnete Rolle, da die Reichsmark weitgehend wertlos geworden war.

Bis zur Währungsreform waren Angebot und Nachfrage auf dem Filmmarkt für neue deutsche Filme kein großes Problem. Zwar dominierten von Anfang an die ausländischen Filme, zunächst oft zweitklassige Streifen, und  – vor allem in der ersten Zeit – die deutschen Reprisen (Wiederaufführungen alter deutscher Filme, die von den Alliierten zugelassen worden waren). Aber das Gesamtangebot an Filmen war nicht so groß, als dass die neuen deutschen Filme nicht auch ihr Publikum gefunden hätten, das durchaus neugierig auf Neuproduktionen war. Es gab meist lange Schlangen vor den Kinos, da das Publikum dem tristen Trümmeralltag entfliehen wollte. Dies lag auch daran, dass die Eintrittskarten im Verhältnis zu anderen Dingen des täglichen Lebens unverhältnismäßig billig waren. Eine Kinokarte kostete ca. 1 RM, das war weniger, als man für eine einzige Zigarette zahlen musste. Für ein Pfund Butter waren ca. 250 RM zu zahlen. Nach der Währungsreform änderten sich diese Relationen rasch. Die Kinos erlitten nun zum Teil drastische Besucherrückgänge. Auch für die Auswertung von WEGE IM ZWIELICHT war dies zu spüren. Der Film war zum Zeitpunkt der Währungsreform ca. zwei Monate im Einsatz. Für eine durchschnittliche Filmauswertung rechnete man damals etwa 18 Monate.

Nach der Währungsreform im Juni 1948 änderten sich diese Produktionsbedingungen grundlegend. Entscheidend war nun das Geld. 

Trotz dieser schwierigen Bedingungen entstanden von 1946 bis zur Währungsreform im Juni 1948 vierzig deutsche Spielfilme in Ost und West. Es waren überwiegend, etwa zu 75%, sogenannte Zeitfilme, vom Publikum schnell als Trümmerfilme bezeichnet. Auch WEGE IM ZWIELICHT ist ein Zeitfilm, in dem sich eine ganze Reihe von charakteristischen Zeiterscheinungen spiegelt. 

Peter Stettner (2023)

Filmaufnahmen in Hannover

Die Anfangsszenen des ohne Atetiers gedrehten Films spielen im Bahnhofsbunker Hannover sowie in der zerstörten Marktkirche,

Filmaufnahmen im Umland von Celle

Den Älteren aus Schwachhausen, Offensen, Wienhausen und Oppershausen ist „Wege im Zwielicht“ sicherlich noch ein Begriff. Ein Teil der Aufnahmen stammt direkt aus Oppershausen. Andere lassen deutlich das Kloster Wienhausen (Innenhof, Kreuzgang) erkennen. Im Vordergrund steht jedoch bei einem Großteil der Außenaufnahmen die Brücke. Bei dieser handelt es sich sehr wahrscheinlich um die Allerbrücke zwischen Wienhausen und Oppershausen. Da es kein Dokumentarfilm ist, ist es manchmal etwas schwierig zwischen Kulisse und Wirklichkeit zu unterscheiden. So kann man nicht sagen, ob die Trümmerteile der alten Brücke wirklich noch so dort vorhanden waren, oder ob es sich um „Requisiten“ handelt.

Heimatforschung Celle

Dreharbeiten WEGE IM ZWIELICHT (Foto: Filminstitut Hannover)

Das Filmdrama beginnt ats Trümmerfilm und endet mit Heimatfitm-Etementen. Nicht zutetzt geht es um Fragen nach Schuld, Verantwortung und Sühne nach I945.

Insgesamt brachte der Film ein mittelmäßiges Einspielergebnisse – die Produktionskosten wurden wieder eingespielt, ein nennenswerter Gewinn aber nicht gemacht. Es wurde bekannt (Spiegel), dass einige Tage nach Uraufführung des Films im Palast-Theater in Hannover, Jugendliche den Film ausbuhten, weil ihnen die auf das „wirkliche Leben“ zielende Darstellung an einigen Stellen zu romantisiert erschien.

Die zeitgenössische Presse urteilte ambivalent: Zum einen meinte man die „schonungslose Realität“ zu sehen, zum anderen eine „romantisierte Wirklichkeit“ und „überdeutliche Dialoge“. Unstrittig waren „gute schauspielerische Leistungen“ sowie eine „gute Kameraarbeit“.

Auffällig ist auch hier, dass die deutsche Opferperspektive in der Presse nicht problematisiert wird. Deutet auf kollektives Selbstverständnis ….

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