Von analog zu digital
„Die neue Kommunikationsfreiheit erfordert von uns die Fähigkeit zur riskanten Selbststeuerung“
Detlef Endeward (1996)
Unter dem Motto „Von analog zu digital“ fand vom 21. bis 27. Juli 1996 in Graz die jährliche Studienwoche der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Kommunikationspädagogik (IAK) statt. Ausgangspunkt für die inhaltliche Arbeit in Workshops, Vorträgen und Diskussionen war die rasante Entwicklung im Bereich der Informationstechnologien.
Mit folgenden Worten wurde damals die Studienwoche ausgeschrieben:
Entwicklungen im Bereich der Kommunikation und der Medien aufzuzeigen, gehört zu den Zielsetzungen der Studienwochen. Die Auswahl der Themen und Referenten bevorzugt dabei das Entdecken und die Entdeckenden. Statt den Blick auf Wirkungsfragen zu verengen, gilt es Zusammenhänge und Rückkopplungen zu verdeutlichen. Im Blick ist der verantwortungsbewusste Nutzer von Medien – und weniger der bedrohte Einzelne.
Mit der Studienwoche 1996 in Graz greift die IAK unter dem Tagungstitel “Von analog zu digital!”zunächst das Empfinden vieler auf: dass wir uns in einem tiefgreifenden Wandel befinden. Die Digitalisierung bedeutet im Kontext unserer kulturellen Entwicklung offensichtlich mehr als eine bloße technische Umstellung, zumal einer ihrer Schubkräfte die galoppierende Kommerzialisierung unserer Mediensysteme ist. Die Referate sorgen deshalb für einen entsprechenden “Querschnitt”.
Das Motto der Studienwoche ist zugleich auch der Titel des Hauptreferats, das Peter Glotz in einer öffentlichen Veranstaltung im ORF-Landesfunkhaus Steiermark hält. Unter der Leitaussage “Die neue Kommunikationsfreiheit erfordert von uns die Fähigkeit zur riskanten Selbststeuerung” plädiert Glotz im Unterschied zu vielen Stimmen aus Politik und Kultur dafür, die Chancen zu intensiverer und gezielterer Kommunikation bewusst wahrzunehmen. Damit verknüpft er eine Aufforderung an Bildung und Schule, den Nutzerinnen und Nutzern der Medien eine allgemeine Kommunikationskompetenz zu vermitteln, damit sie zur “riskanten Selbststeuerung” fähig würden.
Mehr als 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz waren zusammengekommen, um Risiken und Chancen dieser Entwicklung zu diskutieren, bisherige Sichtweisen zu überprüfen und sich auch auf einen Wechsel der Perspektiven einzulassen. „Von analog zu digital“ – das Motto der Studienwoche war zugleich auch der Titel des Hauptreferates, das Peter Glotz in einer öffentlichen Veranstaltung im Landesfunkhaus Steiermark hielt. Unter der Leitaussage „Die neue Kommunikationsfreiheit erfordert von uns die Fähigkeit zur riskanten Selbststeuerung“ plädierte Glotz im Unterschied zu vielen Stimmen aus Politik und Kultur dafür, die Chancen zu intensiverer und gezielterer Kommunikation bewusst wahrzunehmen. Damit verknüpfte er eine Aufforderung an Bildung und Schule, den Nutzerinnen und Nutzern der Medien eine allgemeine Kommunikationskompetenz zu vermitteln, damit sie zur „riskanten Selbststeuerung“ fähig würden. „Trauen Sie sich das zu“, ermutigte Glotz die Zuhörerinnen und Zuhörer, denn „die Leute sind gescheiter als die Politiker glauben.“
Diese Offenheit und zugleich vorwärtsgewandte Sicht in die (medien-)pädagogische Diskussion einzubringen, ist wichtig, denn diese beschäftigt sich noch immer allzu sehr mit der Abwehr vermeintlicher oder tatsächlicher Gefahren. Die Politik auf der anderen Seite bewegt sich häufig undifferenziert zwischen den Polen einer unkritisch-affirmativen Schönrednerei kommerzieller Interessen und einer bewahrpädagogisch motivierten unreflektierten Ablehnung. Auf der einen Seite steht – so Glotz – „die deutsche Lust am Verbieten“ und auf der anderen die Durchsetzung purer Marktinteressen unter dem Mäntelchen einer angeblichen Förderung von Medienkompetenz. Peter Glotz hat beides kritisiert. Sein Beitrag soll hier für ein breiteres Publikum zugänglich gemacht und zur Diskussion gestellt werden.
Zur Entstehung der Mediengesellschaft
- Alles Medien – oder was?
- Was steuert den Wandel
- Von der Aktualität zur Echtzeit – Beschleunigung und Kommunikationskultur
- Streifzüge durch die Geschichte der Medienbeschleunigung
Film – das Leitmedium des 20. Jahrhunderts
Wandel der Kommunikationskultur in den 80er und 90er Jahren
- Fernsehen im Wandel des Alltags
- Von analog zu digital
Origianltext
Peter Glotz: Von analog zu digital. Vortrag
anläßlich der IAK-Studienwoche Graz, 22. Juli 1996 (= Texte zur Medienpädagogik 10) Hrsg. vom Niedersächsischen Landesinstitut
für Fortbildung und Weiterbildung
im Schulwesen und Medienpädagogik (NLI), Hildesheim 1997 (pdf)
Dr. Peter Glotz verweist darauf, dass sich viele unserer Aktivitäten ändern werden: sortieren, speichern, kommunizieren, arbeiten, lehren/lernen, politisieren, administrieren, heilen, kaufen usw. aber auch spielen und zerstreuen. Und die Trends unserer Zeit Individualisierung, Dezentralisierung, Globalisierung treiben die Verschmelzung von Telekommunikation, Informatik und Audiovision voran. Doch stecken in der Entwicklung des „Netzes“ emanzipatorische Potentiale. Sie müssen freigelegt werden. Notwendig sei eine Doppelstrategie von Kommunikationsordnungspolitik und aufwendiger Medienerziehung. Notwendig wäre ein „kommunikatives Gewissen“, sprich das Beherrschen von Kontaktaufnahme, Kontaktverweigerung sowie von Kommunikationsmanieren und Kommunikationskonventionen.