Aktive Medienarbeit – Eine Chance für Medienkompetenz und Schulentwicklung

Eine Chance für Medienkompetenz und Schulentwicklung

Wolf-Rüdiger Wagner (1999)

Der Begriff der Medienkompetenz hat Konjunktur. Überall dort, wo man sich mit der Zukunft der Informationsgesellschaft und den Herausforderungen für das Bildungssystem beschäftigt, wird die Forderung nach Medienkompetenz aufgestellt.

Der Begriff der „Medienkompetenz“ hat einerseits eine pädagogische Tradition. Der Kompetenzbegriff wurde in den 70er Jahren durch Baacke in die medienpädagogische Diskussion eingeführt Mit diesem Begriff ist die Annahme verbunden, daß der Mensch von Natur aus fähig ist, sich sprachlich und mit Hilfe anderer Symbolsystem auszudrücken. Da diese Kompetenz dem Menschen angeboren ist, dürfte man streng genommen auch nicht von „Vermittlung“, sondern – pädagogisch bescheidener – nur von der „Förderung von Medienkompetenz“ sprechen.

Diese Tradition des Begriffs „Medienkompetenz“ ist pädagogisch wichtig, da sich aus dem Blick auf die „Kompetenzen“, über die Menschen verfügen, eine andere Perspektive für pädagogisches Handeln ergibt als über den Begriff der „Erziehung“.

Die aktuelle Konjunktur des Begriffs „Medienkompetenz“ ist jedoch kein Beweis für die Langzeitwirkung medienpädagogischer Diskurse. Je weiter man sich aus den Schutzzonen pädagogischer Diskussionszirkel hinausbewegt, desto direkter wird die Forderung nach Medienkompetenz mit dem rasanten technologischen Wandel begründet, von dem alle gesellschaftlichen Bereiche erfaßt werden.

Wenn heute in der öffentlichen Diskussion von Medienkompetenz die Rede ist, geht es vor allem um berufliche Qualifikationsanforderungen. In der selbstverständlichen und kompetenten Nutzung von Medien wird eine grundlegende Voraussetzung für die „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ gesehen. Dies gilt direkt und unmittelbar mit Blick auf die Anforderungen am Arbeitsplatz, aber auch darüber hinaus im Zusammenhang mit der Notwendigkeit zur ständigen Weiterqualifizierung.

Daraus ergibt sich ein enger Zusammenhang zwischen Medienkompetenz und Schulentwicklung, da die Diskussion über Schulentwicklung nicht zuletzt eine Diskussion über die Notwendigkeit von Veränderungen ist, die sich aus den Anforderungen der Informationsgesellschaft an das Lernen ergeben. Ein Blick auf diese gesellschaftlichen Anforderungen zeigt, daß eine zukunftsorientierte Schulentwicklung ohne die systematische Integration von Multimedia und Internet in Lehr- und Lernprozesse nicht denkbar ist. Umgekehrt kann der pädagogische „Mehrwert“ der neuen Medien nur über Schulentwicklung, d.h. über Veränderungen in der Unterrichtsgestaltung, im Rollenverständnis von Lehrkräften, in den curricularen und schulorganisatorischen Rahmenbedingungen realisiert werden.

Kritische Distanz – nicht nur von Medienpädagogen – muß es aber provozieren, wenn in der öffentlichen Diskussion Medienkompetenz auf eine Art Führerschein für Computernutzer und Netzsurfer verkürzt wird, wenn die Vermittlung von Medienkompetenz auf die bloße Anpassung an Arbeitsplatzanforderungen im Dienste der Standortsicherung hinauszulaufen scheint.

 

Kulturtechnik und Medienpädagogik

Produktiverer ist es, über den Begriff der „Kulturtechnik“ in die Diskussion über Medienkompetenz einzusteigen. Der Brockhaus liefert zum Stichwort „Kulturtechnik“ die Erklärung, daß es sich dabei im engeren Sinne um eine „Sammelbezeichnung für Lesen, Schreiben und elementares Rechnen“ handelt. Im weiteren Sinne zähle man auch andere „elementare Fertigkeiten, z.B. das Landkartenlesen, das Telefonieren sowie die Anwendung von Informationstechniken“ dazu. (Brockhaus 1990, S.591)

Beim Begriff „Technik“ ist wiederum zu unterscheiden, zwischen physikalischen Artefakten, wie Geräten und technischen Systemen, als Technik im engeren Sinn und methodischen, planvollen und zielgerichteten Verfahrensweisen als Technik im weiteren Sinn.

Typisch für die „Medienvergessenheit“ – und Technikignoranz – von Schule und damit mitverantwortlich für das bisherige Schattendasein der Medienpädagogik ist die Tatsache, daß dem Zusammenhang zwischen „physikalischen Artefakten“ und „methodischen Verfahrensweisen“ nie gebührend Rechnung getragen wurde, obwohl es z. B. auf der Hand liegt, daß komplexere Rechen- und Denkoperationen daran gebunden sind, das menschliche Gedächtnis durch Speichermedien zu entlasten. Kalkulieren und Kalkül hängt nicht umsonst mit dem lateinischen Wort für Kieselsteine zusammen, die als „Rechensteine“ dienten.

Bei den Kulturtechniken im engeren Sinne – also Schreiben, Lesen und Rechnen – hat man sich weitgehend auf die „Kultur“ konzentriert. „Kultur“ wird aber in der deutschen Tradition – außerhalb der Land- und Forstwirtschaft – dem Bereich des Geistes zugerechnet. Der Umstand, daß die kulturelle Evolution an Medien gebunden ist und dass diese mediale Basis die geistige Tätigkeit ebenso beeinflußt wie die sich die kulturelle Entwicklung in der Medienentwicklung niederschlägt, gerät nicht in den Blick. (Vgl. Wagner 1996)

Man kann sich aber eben nicht abstrakt mit „Geschichten“ beschäftigen, da Geschichten immer in einem Medium erzählt werden und eine mündliche überlieferte Erzählung anderen Gesetzen folgt als ein Roman oder Film. Auch Informationen im Sinne von Nachrichten existieren nicht unabhängig von den technischen Systemen, mit deren Hilfe das Recherchieren, Sammeln, Bearbeiten und Verbreiten von Nachrichten realisiert wird.

Umgekehrt wird bei den Kulturtechniken im weiteren Sinne dem Anteil der „Kultur“ zu wenig aufmerksam geschenkt und somit nur die technische Fertigkeit gesehen.

Wenn der Begriff „Kulturtechnik“ auf den engen Zusammenhang zwischen der Benutzung von Apparaten und technischen Systemen und der Anwendung „methodischen Verfahrensweisen“ verweist, bedeutet dies auch, daß Medienkompetenz sich nicht in der Fähigkeit, Medien zu bedienen erschöpfen kann. Medienkompetenz zielt auf den kompetenten Umgang mit Medien, zielt auf Kritik- und Analysefähigkeit und muß vor allem auch die Erweiterung der Ausdrucks- und Erlebnisfähigkeit einschließen. Dies wiederum rückt alle Formen des praktischen, aktiven Umgangs mit Medien in den Mittelpunkt.

 

Aktive Medienarbeit hat Tradition

Aktive Medienarbeit hat in der Schule eine Tradition, die im Rahmen der Schulfotografie und Schülerfilmarbeit bis in die 20er Jahre zurückreicht. Hier gibt es Traditionslinien, die z.B. auf Kunsterzieherbewegung mit ihrer Entdeckung des „Schöpferischen“ im Kinde und der Betonung der Eigentätigkeit verweisen. Andere Traditionslinien führen zur Arbeitsschulbewegung und zur Projektmethode. Was ist Medienanalyse durch aktive Medienarbeit anderes als „Learning by doing“. In der Freinet-Pädagogik wird der Buchdruck, gekoppelt mit Linolschnitt für die Bilder, zum Medium für aktives und arbeitsteiliges Arbeiten und Lernen. Freinet knüpft am Mitteilungsbedürfnis der Schüler an – heute würde man von der Förderung kommunikativer Kompetenz sprechen.

In Freinets Begründung für die Arbeit mit der Schuldruckereien – und anderen Medien wie Filmkamera und Tonbandgeräte – finden sich die wesentlichen pädagogischen Argumente, die auch heute für die Nutzung von Multimedia und Internet sprechen. Es ging Freinet um das Lernen in Sinn- und Sachzusammenhängen, es ging um die kritische Distanz im Umgang mit den Massenmedien, zu denen er auch die Schulbücher zählte, und es ging ihm um Öffnung von Schule und um Schülerorientierung:

„Der wesentliche Vorteil der Schuldruckerei besteht nicht, wie einige glauben könnten, in der Originalität der Handarbeit […] Die wirklich folgenreiche Unterstützung, die unsere Technik der Pädagogik bietet, ist die Möglichkeit, unseren Unterricht zu modernisieren, indem wir in der Schule die Kommunikationsmittel zwischen Individuen benutzen, die uns die Zivilisation gegenwärtig zur Verfügung stellt.“ (Freinet 1963, S. 77)

Trotz dieser Tradition und der pädagogischen Legitimation findet aktive Medienarbeit bis heute jedoch nicht als Teil des Regelunterrichtes und integriert in fachdidaktische Konzepte, sondern in Arbeitsgemeinschaften, im Rahmen von Projekten, während eines Schullandaufenthaltes oder bei Klassenfahrten statt.

Das Besinnen und Aufarbeiten auf die im engeren schulpädagogische Tradition aktiver Medienarbeit macht deswegen Sinn, weil man damit unmittelbarer Anschluß findet an pädagogische Leitideen und Konzepten wie „Öffnung von Schule und Unterricht“ und „Erfahrungs- und Lebensweltbezug“, die auch in der aktuellen Diskussion über Schulentwicklung eine Rolle spielen.

Wie sich aus Beispielen aus der Unterrichtspraxis zeigen läßt, setzt aktive Medienarbeit fächerübergreifende Zusammenarbeit und offenere Formen der Unterrichtsorganisation voraus. („Computer + Unterricht“ Heft 29/1998) Da dies so ist, fristete aktive Medienarbeit in der herkömmlichen Schule eine Nischenexistenz. Damit ergeben sich aus der Diskussion um Schulentwicklung und veränderte Lernkultur neue Chancen für die aktive Medienarbeit – und bietet aktive Medienarbeit Chancen für die Schulentwicklung.

 

Medienkompetenz und die Entwicklung von Qualitätsstandards

Aktive Medienarbeit eröffnet Freiräume, kann aber ohne entsprechende Medienkompetenz zur Beliebigkeit verführen. Solange nur Printmedien, Fotografie, Videofilm, Tonaufzeichnungen, Wandzeitungen oder Schultheater zur Verfügung standen, mußte man sich von Fall zu Fall entscheiden. Jetzt ist alles kombinierbar: Um so wichtiger wird die Fähigkeit, die „produktive Differenz“ zwischen Medien zu erkennen und zu nutzen.

Aktive Medienarbeit befördert nur dann Medienkompetenz, wenn an die Multimediapräsentation oder die Videocollage und Wandzeitung, ebenso selbstverständlich qualitative Ansprüche formuliert werden wie z. B: an eine Inhaltsangabe oder den mündlichen Vortrag eines Gedichts und das Medienprodukt an den Anforderungen des Kommunikationsprozesses und den Möglichkeiten des Mediums gemessen werden.

Die spezifische Qualität aktiver Medienarbeit entfaltet sich erst, wenn der Produktionsprozeß durch die Veröffentlichung des Medienprodukt abgeschlossen wird. Erst durch die Veröffentlichung erhält die Arbeit am Produkt Ernstcharakter, erst über die Reaktion der Adressaten erhält man Distanz zur eigenen Arbeit und erschließen sich Einsichten über Angemessenheit der gewählten Vermittlungsform.

 

Aktive Medienarbeit und neue Lernkultur

Aktive Medienarbeit gilt schon lange als der „Königsweg der Medienpädagogik“. Die Unzufriedenheit mit der ausschließlich sprachlich-analytischen und zumeist lehrerzentrierten Kritik an den Massenmedien war ein entscheidender Anstoß für das pädagogische Interesse an aktiver Medienarbeit.

In der Medienpädagogik wurde die aktive Medienarbeit früher unter anderem damit begründet, daß es darum gehe, den Produktcharakter von Medien aufzudecken. Heute würde man anstatt „produzieren“ und Produkt“ die Begriffe „konstruieren“ und Konstrukt“ verwenden.

Die (medien)pädagogische Begründung für „Aktive Medienarbeit“ reduziert sich jedoch nicht auf den Beitrag zur Medienanalyse und Medienkritik und sollte auch nicht darauf reduziert werden:

  • Aktive Medienarbeit als der produzierende und gestaltende Umgang mit Medien kommt in besonderer Weise den Forderungen nach einem Lernarrangement entgegen, durch das die Aktivität der Lernenden gefördert und strukturiert wird.
  • Die Kompetenz, sich über Medien zu artikulieren, ist eine wichtige Voraussetzung zur aktiven Beteiligung am gesellschaftlichen Willensbildungsprozeß (Herstellen von Öffentlichkeit für bestimmte Fragen und Probleme, Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit).
  • Der aktive Umgang mit Medien eröffnet Ausdrucksmöglichkeiten, die der individuellen und ästhetischen Selbstverwirklichung dienen (ästhetisch-kulturelle Praxis).
  • Aktive Medienarbeit intensiviert durch die Recherche vor Ort und die Bearbeitung der „Medienprotokolle“ die Auseinandersetzung mit der Umwelt.
  • Die gemeinsame Arbeit an einem Medienprodukt bietet sich auch als inhaltlicher und formaler Rahmen für Bearbeitung von Gruppen-, Lebens-, Alltagssituationen an (sozialpädagogische Intervention).
  • Aktive Medienarbeit stellt eine besondere Form des projektorientierten bzw. produkt- und handlungsorientierten Lernens dar.

In konkreten Projekten werden diese Ansätze und Begründungsebenen vermischt auftreten, aus ihrer jeweiligen Gewichtung ergeben sich jedoch spezifische Akzentuierungen der Arbeit und besondere Anforderungen an die koordinierende Lehrkraft bzw. fächerübergreifende Zusammenarbeit.

Gemeinsam ist diesen verschiedenen Ansätzen jedoch, daß sie zu einer neuen Lernkultur passen, in der schüleraktiverienden und auf Kooperation angelegten Methoden ein hoher Stellenwert zukommt.

Bei allen Ansätzen aktiver Medienarbeit läßt sich eine bestimmte Nähe zu fachdidaktischen Ansätzen feststellen, z. B. zwischen Modellen der „aktiven Videoarbeit“ und Ansätzen einer handlungsorientierten Literaturdidaktik oder dem Interesse an „Oral history“ bzw. an Lokalgeschichte. Für die aktive Medienarbeit im Zeichen von Multimedia ergeben sich neue „Schnittstellen“: So eröffnen die vielfältigen Informationsarten (Text, Grafiken, Illustrationen aller Art) und die hypermediale Verknüpfung von Bildschirmseiten andere Möglichkeiten als ein Videofilm, eine Tonkassette oder eine Ausstellung/Wandzeitung. Nicht zufällig bieten sich daher Multimediaproduktionen offensichtlich für die Aufarbeitung historischer und ökologischer Themen an bzw. fördern eine multiperspektivische Auseinandersetzung mit einer Thematik.

Lernen – insbesondere wenn es um das Aushandeln von Bedeutung geht – ist an soziale Interaktion gebunden. Damit ergibt sich die Forderung, Medien nicht in erster Linie zur Informationsvermittlung einzusetzen, sondern in kooperative Lernformen einzubinden, sie als Kommunikationsangebote und -anlässe einzusetzen. Dies ist auch eine originär medienpädagogische Forderung: Mediale Botschafen sind ebenso wie ihre Rezeption das Ergebnis von Selektions- und Konstruktionsprozessen. Die Selektions- und Konstruktionsprinzipien der medialen Botschaften und der eigenen Medienrezeption lassen sich jedoch nur über dialogische Verfahren aufdecken und bearbeiten.

Dieses Sinnaushandeln setzt dialogische Prozesse voraus wie sie sich in der gemeinsamen Arbeit an einem Medienprodukt ergeben. Aktive Medienarbeit ist verbunden mit einem „Prozeß des Sinnaushandelns“, in dem die eigene Perspektive und die Perspektive des Kommunikats bewußt gemacht und verglichen werden müssen.

 

Medienkompetenz als qualifikatorische Grundanforderung

Wenn Medienkompetenz zur qualifikatorischen Grundanforderung sowohl für die Teilhabe am Arbeitsmarkt als auch für das lebenslange Lernen wird. ergibt sich dadurch eine entscheidende Ausweitung der bisherigen Diskussion über Medienpädagogik. Medienpädagogik hatte bisher vor allem die Mediennutzung im Freizeit- und Unterhaltungsbereich sowie die Rolle der Massenmedien im Prozeß der öffentlichen Meinungsbildung im Blick. Diese Aufgabe von Medienpädagogik, einen Beitrag zur selbstbestimmten, kritischen und kreativen Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben zu leisten, bleibt bestehen.

In der Informationsgesellschaft erweitert sich jedoch der Aufgabenbereich der Medienpädagogik und das Selbstverständnis der Medienpädagogik muß sich dementsprechend verändern: „Zur medialen Ausbildung gehört insbesondere auch die Vorbereitung auf den medialen Umgang in verschiedenen Rollen: in der Rolle als Partizipierender an der Informationsgesellschaft (in Belangen der Ausbildung und beruflichen Tätigkeit), in der Rolle als Konsument in der Freizeitgesellschaft und insbesondere auch in der Rolle als Bürgerin/Bürger in der Demokratie.“ (Doelker 1998, S.66)

Da der Begriff Multimedia genauer betrachtet für Multicodalität und Multimodalität steht, steht er auch für eine zunehmende Komplexität medialer Botschaften. Damit wird die Fähigkeit zur Decodierung komplexer medialer Botschaften zu einer Schlüsselqualifikation. Hier handelt es sich nicht nur um den in unserer „Schriftkultur“ zu konstatierenden Nachholbedarf an einer „visueller Alphabetisierung“, sondern im besonderen Maße um die Fähigkeit, das Zusammenspiel von Sprache, Bildern und Ton zu entschlüsseln.

Freinet hat – wie bereits angesprochen – von der Arbeit mit der Schuldruckerei gesagt, das pädagogisch Wichtige sei nicht der handwerkliche Umgang mit dem Setzkasten, sondern die Tatsache, daß die Schüler Kommunikationsmittel der Gesellschaft benutzen, in der sie aufwachsen.

In Anlehnung und Weiterführung dieses Ansatzes müssen die Kinder und Jugendlichen heute im handelnden Umgang mit den Medien unserer Zeit, die Chance erhalten, Erkenntnisse und Einsichten über die Leistungsfähigkeit – und Grenzen – von Medien zu erwerben. Noch nie war der Wechsel vom Rezipienten zum Produzenten so einfach, diese gesellschaftlich wichtige Fähigkeit zum Rollenwechsel muß jedoch gelernt und trainiert werden.

Unter pragmatischen Gesichtspunkten läßt die Medienaktive die Einbeziehung unterschiedlicher Fächer, aber auch sehr unterschiedlicher Ansätze zu. Inszenierungen und Rollenspiele finden genauso ihren Platz wie die Arbeit am Text, die Recherche per Interview oder die Suche nach Dokumenten und Bildern in einem Archiv.

Diese „integrierende Funktion“ der aktiven Arbeit an einer Produktion sollte nicht unterschätzt werden. Dadurch bietet sich innerhalb einer Schule für Mitglieder des Kollegiums die Möglichkeit, auf der Basis ihrer traditionellen Fachkompetenzen und Neigungen mitzuarbeiten. Als Zuarbeiter, die die inhaltlichen Voraussetzungen für das Produkt schaffen, müssen sich nicht zwangsläufig auf den technischen Produktionsprozeß einlassen – und haben doch die Chance, sich legitimerweise mit dem Endprodukt und dessen Erfolg zu identifizieren.

Auch innerhalb der Schülergruppe kann das arbeitsteilige und gleichberechtigte Einbringen unterschiedlicher Kompetenzen eine integrierende Wirkung haben.

 

Aktive Medienarbeit und Öffnung von Schule (außerschulischer Lernort)

Seit der Gründung von Offenen Kanälen wird den Schulen in diesen regionen die Möglichkeit geboten, ihre Arbeit in der lokalen Öffentlichkeit zu präsentieren und den OK für die Entwicklung von Medienkompetenz im beschriebenen Sinne zu nutzen. Pädagoginnen und Pädagogen sind also aufgefordert, sich die kreativen Potentiale, die in dieser Form der Medienarbeit leigen, zu erschließen und produktiv zu nutzen. Dies würde zugleich zu einer Optimierung des Schulklimas beitragen. Schulradio und –fernsehn könnten beispielsweise Kooperationen mit OffenenKanälen und dem NKL eingehen, schulischen Medienwerkstätten mit praktischer Foto-, Film und Videoarbeit könnten das technische Equipment und die fachliche Betreuung der Offenen Kanäle nutzen. Die Offenen Kanäle würden ihre lokale Verankerung und Akzeptanz durch die Integration der Schulen erhöhen und sich mit Schülern und Lehrkräften potentielle Nutzer erschließen.

 

Literatur

Baacke, Dieter: Kommunikation und Kompetenz: Grundlegung einer Didaktik der Kommunikation und ihrer Medien, München, 1973

Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 12, 19., völlig neubearbeitete Auflage, Mannheim 1990, S. 591

„Computer + Unterricht“: Themenheft „Aktive Medienarbeit“ Heft 29/1998

Doelker, Christian: Internet oder das allmähliche Verschwinden der Schule, in: Journal für Schulentwicklung, Heft 1/1998, S.63 – 68

Mandl, Heinz/Reinmann-Rothmeier, Gabi u. Gräsel, Cornelia: Gutachten zur Vorbereitung des Programms „Systematische Einbeziehung von Medien, Informations- und Kommunikationstechnologien in Lehr- und Lernprozesse“ – Materialien zur Bildungsplanung und zur Forschungsförderung hrsg. von der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung, Heft 66, Bonn 1998

 

Fernsehen zum Selbermachen

Aktive Medienarbeit – Eine Chance für Medienkompetenz und Schulentwicklung

Materialsammlung zum Projekt

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