1. Niedersächsische Tage der Medienpädagogik 1993 in Leer

Medien: Warner oder Angstmacher ?

Die erste neu konzipierte Nachfolgeveranstaltung der Jahrestagungen der niedersächsischen Bildstellenleiter fand vom 25. bis 27. Juni 2993 in Leer statt und wurde vom damaligen niedersächsischen Kultusminister Rolf Wernstedt eröffent.

Die Tagung  unter der Thematik „Medien: Warner oder Angstmacher?“ setzte sich mit Fragen zur Wirklichkeitsvermittlung durch Medien – damals vor allem durch die politische Berichterstattung im Fernsehen -, deren Wirkungen auf Zuschauer und auswirkungen auf die Gesellschaft auseinander. Die Einführungsreferate hielten Dr. Hans Peter Peters vom Forschungszentrum Jülich zum Thema „Massenmedien und Risikogesellschaft“ und  Martin Wiebel vom WDR Köln zum Thema „Aufklärung durch Fernsehen?“

Im Mittelpunkt der Tagung stand die Arbeit in fünf Workshops, in denen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer intensiver mit  verschiedene Aspekten des Themas beschäftigten.

  • Die „Dritte Welt“ – ein Jagdgebiet?
    Mit Beiträgen von Peter Heller, Filmautor, München und Prof. Dr. Asit Datta, Universität Hannover
  • „Das Boot ist volll“ – Von „Ausländerfluten“ und anderen „Gefahren“.
    Mit Beiträgen von Bascha Mika, TAZ Berlin und Eckhart Pohl, NDR
  • Krieg – Live im Wohnzimmer
    Mit Beiträgen von Dr. Kurt R. Hesse, Universität Bamberg und Christoph-Maria Fröhder, Auslandskorrespondent der ARD
  • Rechtsradikalismus im Fernsehen. Aufklärung oder Plattform für nationalistisches und rassistisches Gedankengut?
    Mit Beiträgen von Wolfgang Kapust, WDR Köln
  • Umweltkatastrophen – mediengerecht aufbereitet
    Mit Beiträgen von Nina Kleinschmidt, Filmautorin und lngrid Jütting, Greenpeace

In diesen Workshops wurden Themen behandelt, die auch heute noch bzw. wieder aktuell sind und die gesellschaftliche Diskussion und politische Auseinandersetzung wesentlich bestimmen.

Referentinnen und Referent bei den Medientagen

Vorbemerkung zur Veranstaltung

„Wenn in der letzten Zeit über Medien gesprochen wird, steht wieder einmal das Thema „Medien und Gewaltdarstellungen“ im Mittelpunkt der Diskussion. Anlass hierzu ist die zunehmende“ Grausamkeit der Bilder“ und die“ Lust auf Gewalt“, wie sie sich in den Einschaltquoten niederschlägt.

Diese Diskussion ist unzweifelhaft wichtig, denn letztlich geht es um den gesellschaftlichen Konsens über Wertvorstellungen. Medienpädagogisch greift diese Diskussion jedoch zu kurz, wenn sie einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen medialer Gewaltdarstellung und Erscheinungsformen der Gewalt in der Gesellschaft unterstellt. Medien wirken vermittelter, unter Umständen aber nach-haltiger auf das gesellschaftliche Klima ein, indem sie unser Lebensgefühl, unsere Einstellung zur Zukunft und unser Problembewusstsein beeinflussen. Der kanadische Medienphilosoph McLuhan erwartete, dass durch die die Verbreitung des Fernsehens die Welt wieder zum Dorf werde. Am Bildschirm könne man – so wie früher auf dem Dorfplatz – zum Augen- und Ohrenzeugen aller wichtigen Ereignisse werden. Wer von dem globalen Dorf eine neue Überschaubarkeit und Unmittelbarkeit erwartet, hat sich getäuscht. Heute wissen wir, dass wir auf dem elektronischen Dorfplatz die weltweiten Turbulenzen der Risikogesellschaft miterleben. Das Ausmaß individueller und gesellschaftlicher Verunsicherung hat Auswirkung auf das Angstpotenzial und die Bereitschaft zur bzw. Akzeptanz von Gewalt.

Medien sind nicht nur Teil der uns um-gebenden Wirklichkeit, Medien konstruieren Wirklichkeit für uns. Sie setzen Themen auf die „Tagesordnung“, sie bestimmen entscheidend, wie Probleme wahrgenommen werden und worüber gesprochen wird. Viele Phänomene, die uns beschäftigen, sind den meisten von uns erst durch die Medien als Probleme bewusst geworden. Beispiele hierfür sind die Aidskampagnen oder die Auseinandersetzung mit der Asylproblematik sowie mit dem Fremdenhass und der Gewalt. Ohne die Medien würden diese Themen uns kaum in dieser Form beschäftigen, da wir in unserem Alltag zumeist keine unmittelbare Berührung mit diesen Themen haben. Dasselbe gilt im Prinzip auch für viele Umweltthemen, vom Ozonloch bis zu Tschernobyl. Medien begnügen sich nicht, bestimmte Themen anzubieten. Sie verstärken Tendenzen und beeinflussen die „Stimmungslage der Nation“, aber auch unsere individuelle Befindlichkeit.

Diese Abhängigkeit von den Medien ist unausweichlich. In einer komplexen Industriegesellschaft mit ihren weltweiten Verflechtungen reichen die unmittelbaren Erfahrungen nicht mehr aus, um uns ein Bild von dieser Welt zu machen. Wir sind – ob wir es wollen oder nicht – auf medienvermittelte Wirklichkeit angewiesen.

Daher erscheint es notwendig und sinnvoll, sich auf dieser Tagung damit auseinanderzusetzen, wie Wirklichkeit in den Medien konstruiert und inszeniert wird, und nachzufragen, welche Rolle die Medien bei der Definition der Probleme spielen, die uns beschäftigen.“ [1]

[1.] aus: Programmflyer zu den 1. Niedersächsischen Tagen der Medienpädagogik, Hannover – Oktober 1993

Niedersächsische Medientage

Zur Geschichte der Medientage

1. Niedersächsische Tage der Medeinpädagogik 1963 in Leer

2. Niedersächsische Medientage 1995 in Hannover

3. 1997 in Wolfsburg

4. 2001 in Nienburg/Weser

Film-Begleitprogramm:
Spielfilme zur Tagungsthematik im Kinocenter Leer und Kurzfilme im Plenum

Als öffentliches Begleitprogramm wurden im Kino Spielfilme gezeigt, die sich aus unterschiedlicher Perspektive mit Aspekten der Tagungsthematik befassen:

  • LEKTIONEN IN FINSTERNIS, Regie: Werner Herzióg, D 1992
  • DER MARSCH, Regie: David Wheatley, GB 1990
  • REPORTER DES SATANS, Regie: Billy Wilder, USA 1961
  • Jahr 2022 – DIE ÜBERLEBEN WOLLEN, Regie: Richard Fleischer, USA 1973

Im Tagungshaus wurde ein Kurzfilmprogramm angeboten, in dem es die Filme MASCHINE; POOF; SMILE; DIE LETZTE TAGESSCHAU .u.a. zu sehen gab.

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