Sterne (1959)
Inhalt
In einer von Deutschen besetzten bulgarischen Provinzstadt werden griechische Juden unter unmenschlichen Bedingungen vorübergehend gefangen gehalten, um dann ins Vernichtungslager Auschwitz überführt zu werden. Über den Stacheldraht hinweg lernt der Unteroffizier Walter (Jürgen Frohriep) die Jüdin Ruth (Sascha Kruscharska) kennen. Für eine in den Wehen liegende Mitgefangene bittet sie um Hilfe.
Doch Walter zuckt teilnahmslos die Achseln. Seine gleichgültige, unmenschliche Haltung ruft in Ruth tiefe Empörung hervor und sie schreit dem Deutschen ihre ganze Verachtung ins Gesicht. Aus seiner Passivität aufgeschreckt, schickt Walter nach einem Arzt. Das jüdische Mädchen beginnt ihn zu interessieren. Ihr Schicksal und die Gespräche mit ihr rütteln an seinem Gewissen, lassen ihn seine Mitschuld an diesem Elend und der menschenverachtenden Grausamkeit der Nationalsozialisten bewusst werden. Allen rassistischen Gesetzen zum Trotz verliebt sich Walter in Ruth und will sie heiraten.
Als Walter Ruth retten will, kommt er zu spät, die Waggons mit den Deportierten sind auf dem Weg nach Auschwitz. Im Schlamm zurückgeblieben – ein Stück Stoff mit einem Judenstern. Walter sieht von nun an seinen Platz an der Seite der bulgarischen Partisanen.

Originaltitel | Sterne Звезди |
Produktionsland | DDR Bulgarien |
Originalsprache | Deutsch Bulgarisch Ladino |
Erscheinungsjahr | 1959 |
Länge | 92 Minuten |
Altersfreigabe | FSK 12[1] |
Stab | |
Regie | Konrad Wolf |
Drehbuch | Angel Wagenstein |
Produktion | DEFA, Berlin Studio für Spielfilme, Sofia |
Musik | Simeon Pironkow |
Kamera | Werner Bergmann |
Schnitt | Christa Wernicke |
DarstellerInnen |
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Auszeichnungen Der Film wurde auf den Filmfestivals in Edinburgh, Wien und Cannes ausgezeichnet. Das in Koproduktion mit Bulgarien entstandene Werk konnte in Cannes aufgrund bundesdeutscher Proteste nur als bulgarischer Beitrag gezeigt werden. |
Aus einem Interview mit Konrad Wolf
Frage.: Was können Sie nun über die Dreharbeiten in Bulgarien sagen? Sind Sie mit deren Verlauf zufrieden, und finden Sie, daß unsere Landschaft organisch mit dem Inhalt des Films zusammenfließt?
K.W.: Fast die Hälfte des Films sind Außenaufnahmen, die wir hier in Bulgarien gemacht haben. Außerdem drehen wir in Bulgarien auch die Hälfte der Innenaufnahmen. Unser ganzes Bestreben geht natürlich dahin, die Umwelt, in der die Handlung abläuft, genau und wahrhaftig wiederzugeben. Vielleicht wird es Sie interessieren, warum wir gerade die Stadt Bansko für die Außenaufnahmen gewählt haben? Das geschah aus folgenden Gründen: Bansko ist ein kleines Städtchen, eigentlich ein Mittelding zwischen einem Städtchen und einem Dorf. Gerade so einen besiedelten Ort brauchten wir, um dem Zuschauer bewußt werden zu lassen, daß unsere Helden in einem solchen Punkt Europas leben und handeln, der weit von den Fronten, weit vom Feuer des Krieges entfernt liegt. Der Umstand, daß der Krieg irgendwo fern hinter den blauen Gebirgszügen, die Bansko umgeben, tobt, ist für die Psychologie der beiden Deutschen Walter und Kurt wichtig. In diesem idyllischen Fleckchen fühlen sie sich geborgen und glauben, daß sie in aller Ruhe das Ende des Krieges abwarten können. Doch dann kommt der Transport der Juden. Es erweist sich, daß man nicht vor dem Krieg davonlaufen kann. Die Umwelt ist weiterhin so ruhig und idyllisch, aber der seelische Zustand unserer Helden hat sich verändert. (…)
Frage: Im Film spielen deutsche und bulgarische Schauspieler. Sagen Sie uns bitte etwas über Ihre Arbeit mit ihnen.
K.W.: Das Schauspielerkollektiv im Film ist sehr differenziert zu sehen. So wird zum Beispiel die Rolle des Kurt vom erfahrenen und talentierten Schauspieler Erik S. Klein (Berliner Ensemble) gespielt. Dagegen ist der Schauspieler Jürgen Frohriep in der Rolle des Walter neu auf der Filmbühne und völlig unerfahren. Bei den bulgarischen Schauspielern ist die Situation nicht viel anders. Unsere größte Sorge war die Darstellerin der Hauptrolle. Nachdem es uns nicht gelang, für die Rolle der Ruth die großartige jüdische Schauspielerin Hay a H arareet zu eng agieren, nahmen wir Sascha Kruscharska-Wyltschanowa; sie ist Studentin des zweiten Studienjahres an ihrer Theaterhochschule. (…) Dann sind da aber die erfahrenen Schauspieler wie Elena Chranowa, Stefan Pejt-schew, Iwan Kondow, Milka Tujkowa. Mir hat es sehr gefallen, daß Ihre großen Schauspieler bereit waren, kleine Rollen im Film zu spielen. In sprachlicher Hinsicht sind wir zu einer riskanten, doch mir scheint interessanten und richtigen Lösung gekommen. Die handelnden Personen in unserem Film sprechen in drei Sprachen! Die Juden untereinander: spanio-lisch, Ruth und Walter: deutsch, Walter und Kurt: deutsch, Walter mit den B ulgaren: schlecht und gebrochen bulgarisch, die Bulgaren untereinander: bulgarisch. (…) Aber uns liegt daran, daß der Film vielsprachig ist, um die Atmosphäre jener Zeit, als Hitlers sinnloser Krieg die Völker auseinandertrieb und zerstreute, wahrheitsgetreu wiederzugeben. (…)
Aus: ‚Iskusstwo kino‘, November 1958, in: Konrad Wolf: Direkt in Kopf und Herz, Aufzeichnungen, Reden, Interviews, Berlin 1959
