Rüstungsproduktion und Waffenhandel im Kaiserreich

Rüstungsproduktion – ein zentraler Bestandteil der Wirtschaft des Kaiserreichs

„Die Jahre zwischen 1890 und 1914 gelten als eine der massivsten Hochrüstungsphasen der deutschen Geschichte. In dieser Zeit wurden die rüstungswirtschaftlichen und waffentechnischen Voraussetzungen geschaffen, die den Ersten Weltkrieg als industrialisierten Krieg erst möglich machten. Großen Anteil an dieser Entwicklung hatte das von den Montankonzernen dominierte rheinisch-westfälische Industriegebiet, das vor dem Ersten Weltkrieg das Zentrum der deutschen Rüstungsindustrie war. Auch im Ersten Weltkrieg wurde die Rhein-Ruhr-Region ihrem Ruf als Waffenschmiede des Deutschen Reiches mehr als gerecht.“ (Michael Gaigalat: Rüstung für deutsche Weltmachtpolitik. In: W&F 2015/3)

Rüstungsproduktion war ein zentraler Bestandteil der Wirtschaft des Kaiserreichs, mit starkem Einfluss auf Politik und Außenpolitik. Es existierte ein enger militärisch-industrieller Komplex, der Auftragspolitik, technologische Entwicklung und Exportpolitik miteinander verknüpfte. Diese Verflechtungen legten die Grundlage für das Wettrüsten vor dem Ersten Weltkrieg und für die gesellschaftliche Bedeutung der Industrie in Deutschland

U-Boot-Flotte des Kaiserreichs

Erstes deutsches U-Boot S. M. U 1 der Kaiserlichen Marine

1906 wurde das erste U-Boot in Dienst gestellt. Bei Kriegsausbruch1914 verfügte die Marine des Kaiserreiches über 28 U-Boote. Die Produktion wurde dann im Krieg erheblich ausgeweitet. Mehrere Hundert Boote in verschiedenen Klassen. Vor Kriegsbeginn teileten sich folgende Werften die Produktion: Bremer Vulkan, Krupp Germaniawerft, Kiel
F. Schichau, Danzig und Kaiserliche Werft Danzig.

Anmerkungen:

  1. Darstellung nach wikipedia (Letzter Abruf: 25.05.2024)

Das Kruppsche Unternehmen ist heute Aktiengesellschaft, aber nur der Form nach; in Wahrheit reiner Familienbesitz. Die Zusammenhänge eines solchen Unternehmens mit anderen kapitalistischen Unternehmungen und mit der Staats- und Militärverwaltung sind nicht so leicht an der Hand des Adressbuches der Direktoren und Aufsichtsräte und des Zahlstellenverzeichnisses, der Geschäftsberichte und Bilanzen erschöpfend zu erkennen. Die geschäftlichen Beziehungen greifen hier leichter ins Persönliche über und umgekehrt; Verwandtschaft und Freundschaft können eine ähnliche Rolle spielen wie in der Diplomatie zur Zeit des Feudalismus und Absolutismus, zur Zeit der Kabinettskriege. Es handelt sich ja schließlich um ein Stück wirtschaftlichen Despotismus, das eine derartige kapitalistische Organisation darstellt. Man ist natürlich mit Offizieren und Staatsbeamten in höheren Stellungen verwandt, sogar nahe verwandt, und befreundet, sogar eng befreundet. Natürlich gilt das gleiche wiederum von den Direktoren und Aufsichtsräten der Firma Krupp, die durch ungeheure Gehälter an der Firma und ihrem Wohlergehen stark interessiert sind. Auch sie, wie an anderer Stelle gezeigt, zum größten Teil dem höheren Beamten- und Offiziersstand entstammend, haben durch Verwandtschaft und Freundschaft und aus früherer Kameradschaft her allerhand Fäden. Zur Bürokratie und der Militärverwaltung kommen noch die intimsten Beziehungen zu den verschiedenen Souveränen und insbesondere zu dem deutschen Kaiser und dem ganzen Kaiserhause hinzu in diesem Falle Krupp; so kann man sich ausmalen, welch ein Grad jener von Herrn Witting so gesegneten und gepriesenen Symbiose zwischen dem Staat und einem solchen Unternehmen sich herausgebildet hat, und die geschäftlichen Beziehungen tragen ihre eigene Konsequenz in der gleichen Richtung in sich. So ist es natürlich kein Wunder, dass sich schließlich die Auffassung festsetzt, Krupp und das Reich sind eins, wenn nicht gar Krupp als ein geheimer Nebenkaiser oder gar Überkaiser empfunden wird. Dieser Zustand bedeutet an und für sich bereits eine schwere Gefahr für die Unabhängigkeit und Pflichtmäßigkeit der Staatsverwaltung. Da heißt es denn nach jenem primitiven Empfinden: Noblesse oblige! Die Stellung einer solchen Firma [ist] schon an und für sich so fabelhaft günstig, so unerhört bevorzugt, dass jeder Versuch, der Firma darüber hinaus noch besondere Erleichterungen im Konkurrenzkampf zu verschaffen, auf einen ganz elementaren Widerspruch allenthalben wird stoßen müssen. Wenn man erfahren musste, wie Krupp das Deutsche Reich im Verhältnis zu dem Ausland bei den Panzerplattenlieferungen überteuerte, auswucherte, so zeigt dies mit erschreckender Deutlichkeit die Gefahr einer solchen Monopolstellung. Als man aber erfuhr, dass sich Krupp nicht schämte, in schmutziger Weise, wie irgendein beliebiger Fabrikant, der ins Geschäft zu kommen sucht, durch Traktamente, Schmiergelder, Bestechungen unter grober Überschreitung des Strafgesetzes systematisch Jahre hindurch durch ganze Generationen von Zeugfeldwebeln und Militärbeamten in der Zentrale der Militärverwaltung Korruption sät, demoralisierend wühlt und bohrt, um sich noch besondere, ungesetzliche Vorteile gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen, so musste dies allerdings, um das Wort einer liberalen Zeitung zu gebrauchen, dem Fass den Boden ausschlagen und eine stürmische Empörung hervorrufen. Kernfäule war es, was man hier entdeckte, Kernfäule in der Zentrale der Militärverwaltung, Kernfäule in der Zentrale des trotz alledem gewaltigsten industriellen Unternehmens und der unbedingt riesenhaftesten, in einer einzigartigen, unvergleichlichen Position dastehenden, selbst den Kern der deutschen Rüstungsindustrie, ja die berühmteste Rüstungsfabrik der Welt bildenden Firma Krupp. Nicht Hinz und Kunz ist Krupp, das gilt’s zu beachten! Die Kruppsche Korruption mit den geschäftlichen Schmierereien anderer Firmen auf die gleiche Stufe stellen geht um nichts in der Welt an. Hier handelt es sich nicht um die Kleinen von den Meinen, sondern um den Sturz eines Erzengels des Kapitalismus, ja des Abgotts der hochkapitalistischen Welt selbst in den Sündenpfuhl schmutzigen Alltagsgeschäftsgeistes. (…)


Vollständiger Text

Aus einem unvollendeten Manuskript
[Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Zentrales Parteiarchiv, NL 1/22, Bl. 29-32; NL 1/30, Bl. 26-30, 46-51, 63/64,76-78, 96-101,140-144,169-172,173,174/175, 178/179,188-191.und Karl Liebknecht: Reden und Aufsätze. Hrsg. von Julian Gumperz, Hamburg 1921, S. 72-74. Nach Karl Liebknecht, Gesammelte Reden und Schriften, Band 7, S. 3-33]
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Sozialistische Klassiker 2.0

Ökonomische Bedingungen

Karl Liebknecht 1913 im sozialdemokratischen „Vorwärts“:

„Brutal, robust, voll zynischen Hohns gegen alle Argumente und Methoden einer sozusagen feineren Gesittung, wie der Militarismus selbst, diese konzentrierte, systematisierte Roheit der Gewalttätigkeit – so ist die Rüstungsindustrie. (…) Ungeheuerlich in ihren Kräften, unersättlich in ihren Ansprüchen, leidenschaftlich in ihrem Profitwillen. Gefüttert mit den sauren Groschen der Armen, die sie in süße Millionen für Geldfürsten wandelt. (…) Und nicht gedeihend bei Glück, Freiheit und Frieden der Völker, sondern bei Zwietracht, Kriegsgefahr, Krieg, die ihre Nahrung bilden: Je mehr Völkerhass, um so mehr Profit!“

Liebknecht, Karl: Was ist? Was wird sein? „Vorwärts“ Nr. 95 vom 21. April 1913. In: Reden und Aufsätze in zwei Bänden. Band 1. Frankfurt am Main, 1971

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