Kontinentalimperialismus

Europäische Großraumwirtschaft unter deutscher Führung

Großraumwirtschaft ist ein „Sammelbegriff für verschiedene Konzepte von unterschiedlichen Interessengruppen (…), um eine relative wirtschaftliche Autarkie Deutschlands in einem übernationalen Wirtschaftsverbund zu erreichen.“ (Wikipedia)

Vorstellung und Pläne für eine europäische Großraumwirtschaft unter deutsche Führung gab es schon im Zusammenhang mit der Konstituierung des Deutschen Zollvereins (1834).  Ziel war es, die Länder Ost- und Südosteuropas  zu Agrar- und Rohstofflieferanten des Deutschen Reiches zu machen. Die Umsetzung dieser kontinentalimperialen Pläne in den folgenden Jahrzehnten  erfolgte im Wesentlichen durch Kapitalanleihen und über eine wirtschaftliche Durchdringung, z.B. durch den Bau von Eisenbahnlinien. Diese Wirtschafts- und Außenpolitik  musste zwangsläufig zur Konfrontation mit den politischen und ökonomischen Interessen v.a. in Rußland, aber auch bei den Seemächten Großbritannien und Frankreich führen.

Die sich verschlechternden wirtschaftlichen Beziehungen zu Rußland schon zu Bismarcks Zeiten beschreibt Hallgarten (S. 57) wie folgt:

  1. Die deutsche Industrie fand sich immer mehr vom russichen Markt abgeschnitten und suchte ihn durch Finanzmaßnahemen zurückzuerobern.
  2. Die russische Industrie, noch sehr rückständig, suchte sich, und zwar unter Aufstachekung panslawistischer Gefühle durch ihren leitenden Geist, Katkow, sowie durch Zollschranken hiergegen zu wehren.
  3. Die russischen Agrarier fanden fanden zu ihrem Schrecken den deutschen Markt versperrt.
  4. Die deutschen Agrarier setzten setzten am 17. Dezember 1887 (…) im Reichstag eine Erhöhung der Zollsätze für Weizen und Roggen von 3 auf 4 M für die Tonne durch (….)
  5. Der erbitterte Kampf deutscher und österreichischer Handels – und Bahninteressen um Bau und Kontrolle der E>isenbahnverbindunge nach Konstantinopel, gegen den Widerstand der russischen Finanz-, Bahn- und Wirtschaftsinteressen…“

An dieser Entwicklung zeigt sich exemplarisch, wie politische und ökonomische Interessen sich durchdringen und gegenseitig beeinflussen.

In den Kriegszielen nach Ausbruch des Krieges 1914 finden dies deutschen Interessen und Pläne ihren fortgeschrittensten Ausdruck.


Ausführlich siehe dazu die Kapitel von G.W.F. Hallgarten: „Die deutsche Industrie und die Katastrophe der Bismarckschen Politik“ (S. 54ff) und „Die deutsche Industrie und die ‚Weltpolitik’“ (S: 69ff) in: Hallgarten, George W.F./Radkau, Joachim: Deutsch Industrie und Poltik von Bismarck bis in die Gegenwart.Reinbeck bei Hamburg 1981 (Erstfassung Europäische Verlagsanstalt 1974)

Ökonomische Bedingungen
Imperialismus und Kolonialismus  Die erste Globalisierung

Politische Bedingungen
Imperialismus und Kolonialismus: Außenpolitik im Kaiserreich

  • Die deutsche Industrie und die „Weltpolitik“

Ökonomische Interessen und geostrategische Kriegsziele Deutschlands

Kriegstüchtige Gesellschaft: Nationalismus und Militarisimus

1914: Der kalkulierte Krieg

Ausgewählte Literatur

Eine geopolitische Vision aus dem Jahr 1912

Arthur Dix galt mit seinen wirtschaftsgeographischen Studien als einer der Vordenker damaliger deutscher Europapolitik. Er prägte den Begriff des „Mitteleuropäischen Staatenbund-Imperialismus“, ein Konzept mit dem Absatzmärkte für deutsche Industriewaren gesichert und die Monopolstellung US-amerikanischer Warenlieferungen durch Einfuhren aus Südost-Europa und dem Nahen Osten gebrochen werden sollte. (wikipedia)

Dix benannte offen, welches Ziel im Deutschen Reich mit der Initiierung und Realisierung eines europäischen Zollverbandes verbunden wurde:

Ein „mitteleuropäischer Staatenbund- Imperialismus“. Die Priorität bestimmte der Autor folgendermaßen: „Die eigenen Interessen des Reiches verweisen uns (…) auf den Zusammenhalt mit dem europäischen Südosten: auf die gemeinsame Freihaltung des mitteleuropäischen durch Vorderasien führenden Ausgangs nach dem Indischen Ozean hin; auf die wirtschaftliche Annäherung und wechselseitige Kräftigung des Landes zwischen Elbe und Euphrat; auf die Ergänzung unserer volkswirtschaftlichen Produktion durch die Produktion in Südosteuropa und die zu entwickelnden vorderasiatischen Kulturen; auf den festen militärpolitischen Zusammenhalt der Lande quer durch Mittel- und Südosteuropa in der Abwehr nach Ost und West.“ (Deutscher Imperialismus (1912) zitiert nach: german-foreign-policy)

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