Hallo, Fräulein! (1949)

Inhalt

Die Musikstudentin Maria gründet kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine internationale Jazzkapelle, mit der sie über das Land tingelt. Unterstützt wird sie dabei vom musikliebenden amerikanischen Offizier Tom und vom deutschen Ingenieur Walter. Die beiden Männer machen Maria den Hof. Als Walter zu erkennen glaubt, dass er keine Chance gegen Tom hat, zieht er sich zurück. Wenig später steckt die Kapelle in Schwierigkeiten und Walter erweist sich als Retter in der Not, der daraufhin endlich Maria in seine Arme schließen darf.

Originaltitel Hallo, Fräulein!
Produktionsland Deutschland (ABZ)
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1949
Länge 84 Minuten
Stab
Regie Rudolf Jugert
Drehbuch Margot Hielscher, Helmut Weiss
Produktion Camera-Film GmbH, Hamburg-München
(Georg Richter)
Musik Friedrich Meyer
Kamera Georg Bruckbauer
Schnitt Luise Dreyer-Sachsenberg
DarstellerInnen
  • Margot Hielscher: Maria Neubauer
  • Hans Söhnker: Walter Reinhardt
  • Peter van Eyck: Tom Keller
  • Bobby Todd: Cesare
  • Heidi Scharf: Renate
  • Iska Geri: Grit
  • Hannelore Bollmann: Herta
  • Helmut Zacharias: Geiger

In HALLO, FRÄULEINI aus dem Jahr 1949 will Margot Hielscher als Sängerin Maria Neuhaus „die schwergeprüfte Menschheit mit einer Show beglücken“, wie es der gelernte Architekt Walter Reinhardt (Hans Söhnker) nennt, der von der amerikanischen Militärregierung für acht Tage auf Probe in einer kleinen Stadt in Süddeutschland als Bürgermeister eingesetzt worden ist. „Ich weiß sehr wohl, daß wir im Augenblick andere Sorgen haben, und gerade deswegen glauben wir, daß die Menschen etwas brauchen, worüber sie eben diese Sorgen für eine paar Stunden vergessen können“, entgegnet ihm die selbstbewußte Maria und kündigt ihren Job als Sekretärin im Rathaus. In Jugerts zweitem Film hat sich nicht viel verändert: Unterhaltung vor dem Hintergrund der düsteren Zeit.

Mit Hilfe des amerikanischen Besatzungsoffiziers Tom Keller, gespielt vom damaligen amerikanischen Film-Offizier Peter van Eyck, stellt Maria Neuhaus ein Orchester zusammen. Jazz-Musik wollen sie spielen, und da van Eyck gerade Urlaub hat, springt er als Dirigent ein. Ein Amerikaner weiß immerhin, was Jazz ist, die deutschen Musiker müssen ihn erst noch lernen. Walter Reinhardt. Wie Tom Keller in Maria verliebt, gibt seinen Bürgermeisterposten auf und wird Tournee-Manager. Die Männer machen hier, was eine Frau sagt. Bis jetzt, denn noch hat keiner der beiden Gewißheit, wen Maria (mehr) liebt.

Der Film verheißt eine neue Völkerfreundschaft, begründet durch die internationale Zusammensetzung des Orchesters. Musik verbindet. Das erkennt auch Walter, und nach dem ersten erfolgreichen Konzert hält er vor dem Abendessen eine kleine Rede:

„Als ich das Orchester spielen sah, und da saßen so friedlich nebeneinander der Franzose mit dem Deutschen, der Ungar mit dem Tschechen, der Amerikaner mit dem Deutschen und der Grieche mit dem Italiener, da, so spürte man plötzlich, wurde aus diesem Nebeneinander und Miteinander ein Füreinander. Und ich muß Ihnen gestehen, das war für mich die schönste Erfahrung an diesem erfolgreichen Abend. Diese Musik, die mir so nichtig erschien, erhielt plötzlich den größten Wert, erfüllte plötzlich das höchste Ziel, nämlich: Getrennte zu verbinden, aus Feinden Freunde zu machen. und aus einer Fülle unterschiedlicher Einzelstimmen eine Harmonie zu formen. Eine moderne Harmonie.“

Pathetische Worte eines Deutschen, der sich freut, daß alle sich wieder verstehen – und niemand mehr den Deutschen böse ist. Den Jazz hält Walter für grauenhaft, dabei sind es eher recht traditionelle Big-Band-Standards. Gegen Ende des Films gibt es eine Montage von Zeitungsausschnitten, deren Schlagzeilen davon berichten, daß Maria Neuhaus und ihr Orchester vom Publikum ausgebuht wurden: Die Deutschen wollten diese amerikanische Musik nicht hören, eine Artikelüberschrift lautet: „Hot-Jazz und amerikanische Songs unbeliebt beim deutschen Nachkriegspublikum“. „Schade, daß sie ausschließlich Jazz singt, sie könnte doch viel mehr“, bedauert Walter gegenüber Marias Mutter (Cläre Ruegg). „Wenn ich nur Einfluß auf sie hätte.“ „Sie haben“, antwortet die Mutter und weiß schon, daß er der Mann ihrer Tochter werden wird. In ihrem letzten Konzert singt Maria Neuhaus dann das, was auch Zarah Leander ein paar Jahre früher in Filmen gesungen hat, deutsche Schlager mit großer Orchesterbegleitung. Vom vermeintlich rebellischen Jazz ist nichts geblieben. Und die starke Frau, die sich um jeden Preis durchsetzen und „ihre“ Jazz-Musik machen wollte, die die Männer für ihre Arbeit und ihren Erfolg benutzt hat, diese Frau singt am Ende des Films (ihre Augen sind dabei auf Walter gerichtet): „Sie leben und sie sterben für die Liebe/Ihr Glück liegt stets in eines Mannes Hand/Und diesen Mann, den suchen sie/Mit Hilfe ihrer Phantasie.“ Wie in vielen anderen Nachkriegsfilmen gibt die Frau ihr emanzipatorisches Handeln, das sie notgedrungen im Krieg durch die Abwesenheit der Männererlernen mußte, wieder auf, sobald sie den Mann ihrer Träume gefunden hat.

HALLO, FRAULEIN! ist ein Wiederaufbaufilm. Der Ehrgeiz von Maria Neuhaus zeigt, was man erreichen kann. wenn man die Ärmel hochkrempelt und verbissen das selbstgesteckte Ziel verfolgt. Geschickt appelliert der Film daran, sich nicht vor den Herausforderungen der Zeit zu drücken. Als Reinhardt sich mit Maria streitet, weil er glaubt, daß er gegenüber dem Amerikaner das Nachsehen hat, sprudelt es aus ihm heraus:

„Sich einem Ami an den Hals zu werfen! Leider ist es wahr, daß sie auch nicht besser sind als all die anderen. Denn er ist ja der Sieger. Er hat ja nicht nur Zigaretten, Nylons und Schokolade zu bieten, sondern auch außerdem noch die Aussicht, an einem muskulösen Arm sie ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu entführen. Und damit all dem zu entgehen, was an Scheibenhonig in unserem Land noch vor uns liegt.“

Walter kündigt seinen Job bei Maria und wird wieder Architekt: Kein schlechter Beruf für den Wiederaufbau. Es folgt eine expressive Montage von der Musiktournee und mannigfachen Bauarbeiten, die der Architekt Reinhardt leitet, gezeigt in dynamischen Überblendungen, Doppel- und Mehrfachbelichtungen, geschnitten zu rhythmisch vorantreibender Musik. Am Ende kommt es zur Synthese von Aufbau und Ablenkung von den Strapazen dieser Arbeit: Walter stellt eine gerade im Bau befindliche Werkhalle als Konzertsaal für Maria Neuhaus zur Verfügung. Musiker und Bauarbeiter fassen gemeinsam an, um Sitzreihen aufzubauen und die kahlen Wände zu schmücken. Der Erfolg des Konzerts bestätigt alle Beteiligten in ihrem Einsatz, läßt die Mühen vergessen. Eine Gemeinschaft, in der ein jeder seinen (alten) Platz (wieder-)findet, braucht die größten Trümmerberge nicht zu fürchten.


Aus: Rolf Aurich/Heiner Behring: „Ein einstmals wohlrenommierter Regisseur“. Der Hannoveraner Rudolf Jugert und der deutsche Nachkriegsfilm. In. Lichspielträume. Kino in Hannover 1896 – 1991, a.a.O., S. 109

In dem Harvestehuder Villen-Parterre in Hamburg, dessen riesige Kalte-Pracht-Räume Helmut Käutners »camera«-Film mit einigen Batterien voluminöser Sessel zu füllen versucht, sitzt Rudolf Jugert*) und zerbricht sich den Kopf. Darüber nämlich, wer für seinen neuen Film »Hallo Fräulein« das Drehbuch schreiben soll.

Margot Hielscher, die schwarze jugendliche deutsche Film-Schlange, hat die Idee für den Film nach eigenen romantischen Erlebnissen geliefert. Es wird ein Zeitfilm, aber kein Trümmerfilm. Die Verleiher haben energisch gegen Trümmerfilme protestiert. Das Publikum »kaufe« ihnen keine Ruinen mehr ab. Die »camera« hat daraufhin ihr umfangreiches Programm etwas enttrümmert. (…)

aus:  DER SPIEGEL 12/1948 –

„Unbeschwertes Lustspiel mit swingender Musik, das dem Nachkriegsproblem des „Fraternisierens“ zwischen Siegern und Besiegten einige heitere Seiten abgewinnen kann.“ So lautet das kurze Urteil beim filmdienst.

(…) Einer der halbwegs annehmbaren Jazz-Filme aus deutscher Produktion. Gute bis sehr
gute schauspielerische Leistungen. Annehmbares Drehbuch! Am besten gelungen
sind die musikalischen Leistungen von Margot Hielscher, dem NWDR Tanzorchester
und dem musikalischen Leiter.

aus: Jazzfilm.de

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