Frau und Fremd in den Medien

Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie die fremde Frau in den Medien dargestellt wird

Die hier nach fast 30 Jahren wiedergegebenen Texte  sind auf Grundlage von Vorträgen, die am 6. März 1996 im Rahmen der Veranstaltung „Frau und Fremd in den Medien“ zum Internationalen Frauentag 1996 im Landesfunkhaus Niedersachsen des Norddeutschen Rundfunks gehalten wurden, entstanden.

Zu dieser Veranstaltung hatte die Gleichstellungsbeauftragte des Landesfunkhauses, Pari Niemann, eingeladen.

Eröffnung

Pari Niemann (1996)

ch begrüße Sie ganz herzlich zu unserer Veranstaltung anlässlich des Internationalen Frauentags.

Wie es sich gehört, geht es heute auch um das Thema Gleichstellung. Die Jahrestage wie z.B. der 8. März, der Internationale Frauentag, haben zumindest einen Vorteil. Man wird gezwungen, über den Anlass des Jahrestages nachzudenken und eine Bilanz zu ziehen: Wie stand es mit der Gleichstellung von Mann und Frau in Deutschland bei der ersten internationalen Frauenkonferenz 1911, als der 8. März als Frauentag vorgeschlagen wurde, und wie steht es jetzt mit der Gleichstellung? Es braucht nicht viel Überlegung, um festzustellen, dass die Frauenbewegung viel erreicht hat, dass die Frauen im Beruf und im gesellschaftlichen Leben zwar immer noch benachteiligt werden, aber nicht mehr daraus wegzubekommen sind.

Der Internationale Tag der Frau gibt uns auch Anlass nachzudenken und eine Bilanz zu ziehen darüber, wie es mit der Gleichberechtigung der Frauen in Deutschland steht, deren Herkunft und Abstammung nicht deutsch ist. Wie steht es mit der fremden Frau?

„Frau und Fremd in den Medien“ ist der Titel dieser Veranstaltung. Wir im Landesfunkhaus Niedersachsen sind ein wichtiger Teil der Medienlandschaft in Niedersachsen und bieten heute uns und den Gästen diese Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie die fremde Frau in den Medien dargestellt wird, was für ein Bild von ihr in den Medien vermittelt wird.

Unser Programm besteht aus zwei Teilen. Den kulturell-literarischen Teil übernimmt die Autorin Frau Dr. Saliha Scheinhardt. Sie liest aus ihrer Erzählung Träne für Träne werde ich heimzahlen und gibt uns damit ein Bild der fremden Frau.

Den fachlich-journalistischen Teil übernehmen Fachfrauen aus zwei ARD-Rundfunkanstalten, Xenia Bloom und Navina Sundaram: Sie beschreiben aus ihrer Sicht die fremde Frau in den Medien.

Die Übermittlung eines authentischen Blicks ist heute unter anderem deswegen gesichert, da alle drei Frauen Einwanderinnen sind, die in Deutschland leben und arbeiten.

Frau und Fremd in den Medien

Zölibat und Ahnenpass für
die Karriere als Journalistin? (1996)

Alte Stereotype sterben nicht leicht 1996)

Zum literarischen Teil

Dr. Saliha Scheinhardt kam 1967 mit 17 Jahren aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland, um hier ohne die fundamentalistischen, religiösen und traditionellen Zwänge ihr Leben selbst zu gestalten. Sie arbeitete als Fabrikarbeiterin, als Kellnerin und als Stewardess, legte 1971 die Sonderbegabtenprüfung ab, studierte an der Pädagogischen Hochschule in Göttingen und arbeitete dann an einer Hauptschule. Schon als junges Mädchen war Saliha Scheinhardt literarisch tätig; sie bekam mit 17 Jahren in ihrer Heimatstadt Konya den Literaturpreis für Essay und Geschichten in der Zeitschrift „Cargi“. Sie gehört dem Verband der deutschen Schriftsteller der IG Medien an und bekam 1993 den „Alfred Müller-Felsenburg-Preis für aufrichtige Literatur“. Von 1985 bis 1987 war sie die erste nichtdeutsche Stadtschreiberin in Offenbach.

Ihr erstes Buch Frauen, die sterben, ohne daß sie gelebt hatten kam 1983 heraus und wurde unter dem Titel Abschied vom falschen Paradies verfilmt. Sie veröffentlichte bisher [1996] neun Bücher, zuletzt ein Jugendbuch mit dem Titel Sie zerrissen die Nacht über die Flucht eines kurdischen Mädchens in die Bundesrepublik.

Saliha Scheinhardt schreibt über Frauen in Deutschland, über Migrantinnen und Flüchtlinge, Arbeiterinnen, Kellnerinnen, Bewohnerinnen von Containerhäusern. „Die Kraft meiner literarischen Existenz schöpfe ich von ihnen“, sagt sie. Sie schreibt über Frauen, die Opfer von Gewalt des Patriarchats sind. Die Frauen in ihren Erzählungen sind leidende Frauen, die bei Leserinnen und Lesern kein Mitleid erregen, sondern Hochachtung und Respekt ernten.

Saliha Scheinhardt schreibt nicht in ihrer Muttersprache, sondern in der Sprache von Goethe und Brecht. Man entdeckt dennoch die Verspieltheit der orientalischen Erzählliteratur und den Erzählhumor des großen türkischen Schriftstellers Aziz Nesin, der ihr literarisches Vorbild gewesen ist. Inhaltlich und sprachlich schlägt sie Brücken zwischen zwei Welten.

Pari Niemann

Literatur:

  •  Träne für Träne werde ich heimzahlen Kindheit in Anatolien, rororo TB aktuell Bd. 12234 Reihe Frauen aktuell. Rowohlt Verlag Reinbek bei Hamburg 1987
  • Sie zerrissen die Nacht. Herder TB 4232, Freiburg/Br. 1993
  • Frauen, die sterben, ohne daß sie gelebt hatten. Dagyeli Verlag, Frankfurt/Main 1991
  • Filmfassung: Abschied vom falschen Paradies VHS-Kopie 42 48624
    Für schulische und außerschulische Bildungseinrichtungen in Niedersachsen kostenlos zu entleihen.

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