Gründung politischer Parteien

Kurt Schumacher und Annemarie Renger in Hannover

Die Bemühungen um eine Wieder- bzw. Neugründung von Parteien setzte in den einzelnen Orten bereits unmittelbar nach dem Einmarsch der alliierten Truppen ein. Vor allem ehemalige Mitglieder der Parteien aus der Weimarer Zeit wurden wieder tätig.

Die Alliierten duldeten zwar die Entstehung von lokalen Parteigruppen, erlaubten jedoch keine öffentliche politische Betätigung. Vor allem waren keine überlokalen Organisationsversuche gestattet. Die ersten überregionalen Kontakte und Organisationsbestrebungen mussten von daher in privatem Rahmen, fast ,,geheim“, stattfinden. Trotzdem: als im September 1945 die Organisierung auf Kreisebene erlaubt wurde, waren die organisatorischen Vorbereitungen bei den meisten Parteien bereits

weit fortgeschritten. Anfang 1946 wurden die Beschränkungen für die politische Betätigung weiter zurückgenommen, auch wenn die Arbeit der Parteien weiterhin der Kontrolle durch die Militärregierung unterlag. Für politische Versammlungen mussten schriftlich Genehmigungen eingeholt und außerdem regelmäßig Tätigkeitsberichte abgeliefert werden.

Für die ersten aktiven Parteimitglieder stellten sich vor allem zwei Aufgaben

Über die Mitarbeit in den verschiedenen kommunalen Gremien das Bemühen, die Lebensverhältnisse der Bevölkerung zu verbessern – und daneben den Ausbau und die Stabilisierung der Parteiorganisation zu betreiben. Die führenden Parteimitglieder beklagten das große Desinteresse der Bevölkerung an der Politik – insbesondere an der Kommunalpolitik – und an der Arbeit der Parteien. Vor allem die jüngeren Menschen beteiligten sich nicht im erhofften Maße am demokratischen Neuaufbau. Die teilweise sehr niedrige Wahlbeteiligung offenbarte bei einigen Wahlen diesen Sachverhalt deutlich.

Das Parteisystem in diesen Jahren war geprägt von einer relativ großen Parteienvielfalt.

Beispielsweise beteiligten sich an den ersten Bundestagswahlen 1949 14 Parteien, von denen 11 auch Mandate erwerben konnten.

Die heute bekannten beiden ‚Volksparteien‘ – SPD und CDU – hatten sich in dieser Ausgeprägtheit noch nicht sofort gebildet.

Es gab die Parteien des ‚bürgerlichen Lagers‘, unter denen die CDU damals aber noch nicht so eindeutig dominierte wie lange Jahrzehnte später: so war in Niedersachsen beispielsweise die Niedersächsische Landespartei, die NLP – spätere DP – äußerst bedeutsam für die politische Entwicklung des Landes.

Und es gab die Arbeiterparteien SPD und KPD. Letztere war eine anerkannte politische Kraft mit Vertretern in fast allen kommunalen und überregionalen Gremien, sogar mit einem Minister in der ersten Niedersächsischen Landesregierung.

Trotz sozialer und politischer Unterschiede führte der Zwang der Verhältnisse dazu, dass in der Kommunalpolitik die Parteien zunächst in der Regel sehr eng miteinander kooperierten. Die anstehenden Entscheidungen erforderten vielfach Einstimmigkeit – nicht zuletzt auch, um gegenüber den Militär-Regierungen Forderungen vertreten zu können.

Bald verschärften sich allerdings die politischen Kontroversenzwischen den Parteien. Auch die politische Arbeit vor Ort auf dem Lande in den kleinen Städten verlief nicht unabhängig von den „großen“ politischen Entwicklungen. Die unterschiedlichen Vorstellungen über die Zukunft des Landes traten in allen Politikfeldern – insbesondere der Wirtschaftspolitik – immer deutlicher hervor und wirkte sich zunehmend auch auf die zunächst gemeinsam getragenen politische Alltagsarbeit aus.

 

 

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