Wir sind die Generation ohne Glück, ohne Heimat und ohne Abschied
(Nach)Kriegserfahrungen in Literaturverfilmungen
Die Kurzgeschichten „Auf der Flucht“ von Wolfdietrich Schnurre sowie „Das Brot“ ,Nachts schlafen die Ratten doch“ und „Jesus macht nicht mehr mit“ von Wolfgang Borchert gehören zu den wichtigen literarischen Verarbeitung von Alltagserfahrungen im Krieg. Die beschriebenen Extremsituationen sind jedoch nicht nur auf Kriegszeiten beschränkt, viele Menschen haben zum Beispiel in der Nachkriegszeit ähnliche Erfahrungen durchmachen müssen. In ihrer knappen sowie treffenden Sprache und der Dichte der menschlichen Erfahrungen in Extremsituationen sprechen sie auch die heutige Schülergeneration an. Auch wenn ihr die Erfahrungen von Not, Hunger und Elend fehlen, so erlangen die Geschichten durch aktuelle Kriegsbilder eine ungeahnte Aktualität.
In den 1990er Jahren verfilmte der Regisseur Wolfgang Küper drei Erzählungen von Wolfgang Borchert und Wolf-Dietrich Schnurre, die sich mit den existenziellen Grenzerfahrungen der Menschen im Krieg und in der Nachkriegszeit beschäftigen. Die Verfilmungen dieser zentralen Texte sind darum für den Geschichts- und Literaturunterricht ein Glücksfall, weil sie Interpretationen aus doppelt veränderter Perspektive darstellen: Eine Auseinandersetzung mit den Verfilmungen führt direkt in das Zentrum der Texte, denn die Art der Übertragung in das Film-Medium muss am Text belegt werden. Die Filmsprache wird damit in ihren Leistungen und Begrenzungen so ernst genommen wie die Texte. Die Filme übertragen zum einen die Texte in Film-Bilder, übersetzen also die Worte in ein Medium aus Bildern und Sprache. Zum anderen blicken sie aus heutiger Perspektive auf die Kriegs- und Nachkriegserfahrungen – aus einem Abstand von 50 Jahren, jedoch vor dem Hintergrund von neuen Kriegserfahrungen in Europa.
Diese Website ist so konzipiert, dass eine fundierte und abwechslungsreiche Beschäftigung mit den Vorlagen und den Verfilmungen im Unterricht möglich ist. In dem Grundlagenartikel (Nach)Kriegsgeschichten und ihre Verfilmungen finden sich Analysen der vier Filme sowie unterschiedlichste Arbeitsvorschläge zum Einsatz im Unterricht. Dabei ist Wert auf eine handlungsorientierte Vorgehensweise gelegt worden. Außerdem liegen zu den drei Küper-Verfilmungen Unterrichtseinheiten vor, die die Fächer Deutsch und Religion betreffen und als Vorschlag für eine unterrichtliche Umsetzung anzusehen sind. Als Arbeitsmaterialien liegen sowohl die Texte als auch die Drehbücher aller vier Geschichten vor. Die Set-Fotos – also Fotos, die einzelnen Filmeinstellungen nachgestellt sind, jedoch keine direkten „Standbilder“ aus den Filmen darstellen – sollen das Unterrichtsgespräch über die Filme erleichtern sowie die Erarbeitung einzelner Aspekte der Filmgestaltung bzw. des Filmeindrucks ermöglichen.
Die Texte basieren im Wesentlichen auf der Broschüre (Nach)kriegserfahrungen – Kurzgeschichten und ihre Verfilmungen / Frank Hellberg (Hrsg.). Hildesheim : NLI, 1997. – Reihe ‚Materialien zur Medienpädagogik‘, Heft 14
Hier finden Sie neben der Dokumentation der Filme zahlreiche Texte, die sich mit dem Einsatz der Kurzgeschichten und ihrer Verfilmungen im Schulunterricht der Sekundarstufe I und der gymnasialen Oberstufe auseinandersetzen.
Frank Hellberg beschäftigt sich im ersten Abschnitt am Beispiel der drei Verfilmungen von „Das Brot“, „Auf der Flucht“ und „Nachts schlafen die Ratten doch“ mit dem Thema Literaturverfilmungen im Unterricht.
Der Filmemacher Wolfgang Küper beschreibt die besondere Rolle, die ein Regisseur als privilegierter Rezipient bei der Verfilmung einer literarischen Vorlage innehat.
In den folgenden Punkten Arbeitshinweise und Unterrichtseinheiten werden konkrete Vorschläge für mögliche Fragestellungen im Unterricht und die Gestaltung von Unterrichtsstunden zum Thema gemacht.
Außerdem werden Kontextmedien vorgestellt – Filme, die einen ähnlichen thematischen Hintergrund haben und z. B. für vergleichende Analysen herangezogen werden können.