Georgstraße vom Kröpcke zum Aegidientorplatz

Die Georgstraße wurde auf den eingeebneten Wallanlagen vom Aegidientor zum Steintor angelegt. Sie ist benannt nach König Georg III, der zu den 1787 begonnenen Arbeiten 15.000 Taler beisteuerte. Jedem Bauwilligen gewährte der Magistrat 10 Jahre Abgabenfreiheit, einen Zuschuss von 500 Talern und Steine aus der Stadtziegelei. Dennoch kam die Bebauung der Georgstraße nur schleppend voran: 1807 waren von 27 Grundstücken lediglich 8 vergeben. Die Randlage an den ehemaligen Befestigungsanlagen schien für die Bürger Hannovers wohl nicht von großem Interesse zu sein. Erst nach dem Ende der napoleonischen Epoche und einem Jahrzehnt des wirtschaftlichen Aufschwungs wurde die Bautätigkeit 1825 wieder aufgenommen.

1819 beschrieb Splicker die Straße folgendermaßen:

Die Georgstraße ist nur auf einer Seite bebauet; die nach dem Stadtgraben zu gehende ist frei. Diese Straße folgt der alten Richtung des Walles und beschreibt daher keine gerade Linie, sondern ist in der Maaße unterbrochen, daß die beiden nicht völlig gleichen Abtheilungen einen stumpfen Winkel bilden. (…) Die Breite der Straße beträgt 150 Fuß. Für die Fußgänger ist den Häusern gegen überein breiter, mit zwei Reihen von Lindenbäumen besetzter, nicht gepflasterter Fußweg eingerichtet, der durch eiserne Ketten, die zwischen aufgerichteten Pfeilern von Sandsteinen befestigt sind, von der Straße abgesondert wird. An dieser Straße haben zwei ehemalige Bastionen zwei ziemlich große Plätze gebildet, von denen der eine mit Bäumen bepflanzt, der andere mit einer der Altstadt gehörigen Windmühle besetzt ist.“ (16)

Diese Mühle auf der Sparrenbergbastion musste 1845 dem von Laves geplanten Hoftheater, der heutigen Oper, weichen. Das Hoftheater bildete seit dieser Zeit den sowohl optischen als auch gesellschaftlich-kulturellen Mittelpunkt der Georgstraße. Auf der angrenzenden Grünfläche wurden im Laufe der Zeit zahlreiche Denkmäler bedeutender Hannoveraner, zum Beispiel des Militärchirurgen Georg Friedrich Louis Stromeyer, des Technologen Karl Karmarsch und des Generalmusikdirektors Heinrich Marschner, errichtet.

Bedingt durch den Bau des Bahnhofes und der Ernst-August-Stadt rückte die Georgstraße immer mehr in das sich verlagernde städtische Zentrum. Die Bauplätze wurden immer teurer. Die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbauten öffentlichen Gebäude wichen Geschäftshäusern. Auch das wohlhabende Bürgertum veräußerte seine innerstädtischen Grundstücke an Geschäftsleute und zog sich in die landschaftlich schönsten Außenbezirke zurück. Doch erst um 1880 wurde eine geschlossene Bebauung der Georgstraße erreicht.

Die Straße entwickelte sich von nun an zum Geschäfts-, Banken- und Bürozentrum. Da die inzwischen beste Geschäftsgegend der Stadt die wirtschaftlich rentabelste Ausnutzung der teuren Grundstücke forderte, entstanden meist mehrstöckige Bauten, wobei nur noch die oberen Stockwerke Wohnraum boten.

Durch die wachsende Zahl der Nobelgeschäfte mit ihren reich dekorierten Schaufenstern, vor allem im „vornehmen“ Bereich zwischen Kröpcke und Aegi, gewann der „Schorsenbummel“ an Attraktion. Gemeint ist damit das Flanieren auf der Georgstraße am Sonntagvormittag. Der Name ist von der englischen Aussprache des königlichen Namens abgeleitet. Der Schorsenbummel war Ausdruck des bürgerlich-städtischen Kultur- und Konsumbedürfnisses. In der Georgstraße fand Hannover seinen gesellschaftlichen Treff- und Mittelpunkt. Obwohl die Georgstraße mehr und mehr zur Hauptgeschäftsstraße wurde, behielt sie besonders im Bereich zwischen Aegi und Kröpcke viel von dem ihr einst zugedachten Promenadencharakter, nicht zuletzt dank der Grünanlagen in diesem Abschnitt. Diese Anlagen am Georgs- und Theaterplatz und auch am Aegidientor gehörten zu den ersten Gestaltungen des 1890 eingerichteten städtischen Gartenbauamtes. Mit ihren exotischen Pflanzen, Zierstrauchgruppen, klargegliederten Blumenbeeten, gepflegten Rasenflächen und ihren zum Verweilen einladenden Parkbänken animierten diese Schmuckplätze das städtische Publikum zum Flanieren. Die Straßenbahn und vor allem der wachsende Automobilverkehr beeinträchtigten zunehmend den Promenadencharakter der Georgstraße.

Eine weitere Attraktion dieses Prachtboulevards war ein seltsamer Pavillon, der an der äußersten Spitze des Theaterplatzes stand und aufgrund seines maurisch-byzantinischen Stiles auf den ersten Blick etwas fremdartig wirkte. Er stammte von der Pariser Weltausstellung des Jahres 1867 und wurde von den Hannoveranern ,,Mongolentempel“ genannt. Sechs Jahrzehnte diente dieser Tempel als Verkaufsstätte für Topf- und Schnittblumen bis er 1928 von einem modernen Blumenpavillon ersetzt wurde.

1943 wurden der Pavillon zerstört und die Gebäude an der Georgstraße stark beschädigt. Es dauerte lange, bis der Straßenzug vom Kröpcke zum Aegi wieder zum Flanieren einlud. In den 70er Jahren wurde die Straßenbahn unterirdisch gelegt und die Straße auf zwei Fahrbahnen reduziert, wobei sie für den Durchgangsverkehr nicht von großem Interesse war. Durch diese Maßnahme hat der Fußgänger mehr Bewegungsfreiheit, ohne das Auto ganz zu verdrängen. Die Promenade auf der ,,Bummel“-Seite wird von unterschiedlich gestalteten und genutzten Platzräumen begleitet: Georgsplatz, „Grünes Dreieck“ südlich der Oper und der Opernplatz“ (13), unter dem eine Parkgarage angelegt wurde. Die „Shopping“-Seite besteht durchgehend aus fünfgeschossigen Gebäuden und ermöglicht mit dem zehn Meter breiten Fußweg einen behinderungsfreien und geruhsamen Einkaufsbummel.

In Zusammenhang mit einem Konzept zur erweiterten Verkehrsberuhigung der Innenstadt plant die Stadt, die Georgstraße bis 1999 zur Fußgängerzone umzugestalten und für den Autoverkehr zu sperren. Diese Maßnahme würde der Georgstraße ihr altes Gesicht einer großzügig angelegten Promenade wiedergeben.

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