Das Café Kröpcke

1869 verlegte der Hofkonditor George Robby, ein gebürtiger Schweizer, sein zuvor in der Leinstraße beim Schloss betriebenes Kaffeehaus in die Georgstraße. Er hatte sich diesen für hannoversche Verhältnisse ungewöhnlich konstruierten Caf6haus-Pavillon von dem hiesigen Architekten Otto Goetze, angeblich nach einem Vorbild der Pariser Weltausstellung, im Schatten von Hoftheater und Polytechnikum und nur wenige hundert Meter entfernt vom Bahnhof bauen lassen.

1872 fuhr die erste Pferdebahn an dem neuen Café vorbei, und neun Jahre später stand es, nachdem der Karmarschstraßen-Durchbruch die Bahnhofstraße zur Altstadt hin geöffnet hatte, an der bedeutendsten Kreuzung des modernen Hannover.

1885 pachtete der Oberkellner Wilhelm Kröpcke den Betrieb. Dieser legte 1894 hinter dem Pavillon, zum Theater hin, einen Kaffeegarten an, der 2.500 Menschen Platz bot und die Beliebtheit des Lokals noch steigerte. Die Stadt, die 1893 das Café gekauft hatte, benannte es 1895 nach dem langjährigen Oberkellner und Pächter,,Café Kröpcke“. Es wurde eines der populärsten Kaffeehäuser des Kontinents, geradezu ein Wahrzeichen Hannovers, denn so viel Zeit blieb den umsteigenden Reisenden, dass sie den kurzen Weg vom Bahnhof zum Kröpcke gehen konnten.

Nach und nach bürgerte sich die Bezeichnung „bei“ oder „am Kröpcke“ für die Kreuzung Georg- und Bahnhofstraße ein, für diesen Platz, der eigentlich keiner war und lange auch keinen Namen hatte.

Trotz seines fremdartigen Äußeren war und blieb das Café Kröpcke bürgerlich. Zwar trafen sich auch Künstler und Literaten in angestammten Nischen und reservierten Kabinetten, doch an die Berliner Künstler- und Literatencafés reichte es nicht heran. Hugo R. Bartels beschreibt rückblickend das Leben der mit dem Bürgertum konkurrierenden Bohème im Café Kröpcke:

„Damals war “Kröpcke“ Treffpunkt, Heim, Haus, Arbeitsplatz und Diskutierbude. Journalisten, Maler, Schauspieler, Schriftsteller, Architekten, Kunstkritiker, Philosophen, Tänzerinnen und Primaballerinen trafen sich hier. Sie bildeten keinen Club. Wer ihnen den Namen ,,Kröpcke-lndianer“ angehängt hat, ist heute nicht mehr auszumachen. Mag sein, daß er aus jener Zeit stammt, da wir beschlossen, jene runden, steilen Hüte zu tragen, die man „Bombe“ nennt. Das geschah aus Gründen der Distanzierung. (…) So sehr wir mitten im geistigen und künstlerischen Geschehen jener Zeit waren, so abseits wollten wir sein von den anderen, die im Kröpcke saßen, den „Bürgern“, denen die übrigen Räume des Cales überlassen blieben.(…)“ 1)

Diese Bürger setzten sich im Kröpcke zum Skat zusammen, lasen ausführlich die zahlreich dort ausliegenden Zeitungen und Zeitschriften und lauschten dem Salonorchester.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das alte Café-Gebäude zerstört, doch bereits 1942 zur ersten Industriemesse, wurde der Betrieb in provisorischen Räumlichkeiten wieder aufgenommen: Die mit Trümmern angefüllten Kellerräume wurden für die Küche, Büro- und Lagerräume, sowie Toiletten freigelegt. Darüber stand ein mit Zeltplanen behängter Leichtmetallbau.

Das Gartenbauamt setzte die Außenanlagen wieder in Stand, so dass insgesamt 1.500 Sitzplätze vorhanden waren. Eine kalte und warme Küche, eine eigene Konditorei und das „Nordwestdeutsche Unterhaltungsorchester“ sollten dazu beitragen, „den Charakter des früheren Caé6 Kröpcke wieder entstehen zu lassen.“ (Hannoversche Presse am 10. Juli 1947). Allerdings musste man zwei Mark Eintritt zahlen, und nach 18 Uhr wurde der Zutritt nur gegen Vorlage des Messeausweises gewährt.

Ein Jahr später war der nach Plänen von Dieter Oesterlen gebaute moderne Pavillon fertig. Dieser wurde schon damals nur als ein Provisorium betrachtet, da bereits zu dieser Zeit mit dem U-Bahnbau und dem damit verbundenen Abriss des Gebäudes gerechnet wurde.

Zwanzig Jahre danach war es soweit: Das Café Kröpcke musste einem „Riesenloch“ von 25 Metern Tiefe weichen. 1976 entstand der Neubau nach Plänen von Matthäi, Elschner und von Basewitz, dessen kupfergedeckte Tonnendächer wohl noch vage an die Eisenkonstruktion des ursprünglichen Café Robby erinnern sollen. Die Architekten mussten, bedingt durch Auflagen der Wirtschaftlichkeit, ein größeres Volumen im Café ermöglichen. Dadurch wurde allerdings der früher so reizvolle Kaffeegarten erheblich verkleinert und ist mit dem alten kaum noch zu vergleichen. Doch seine Anziehung als Treffpunkt, ob im oder vor dem Café, hat das „Kröpcke“ bis heute [1991 D.E.] gewahrt.

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