Ernst-August-Platz mit dem Bahnhof
Die freien Flächen des Steintorfeldes östlich des alten Stadtkerns boten die einzige Möglichkeit einer planvollen Stadterweiterung.
Anfang des 19. Jahrhunderts gab es ständig Diskussionen um eine östliche Stadterweiterung. Der Hofbaumeister Laves hatte hochfliegende Pläne zur Neugestaltung Hannovers eingebracht, doch die Stadt lehnte diese aus wirtschaftlichen Gründen und dem Argument, man brauche diesen Raum nicht, ab. Aber durch die Einrichtung der Eisenbahn wurde man zu einer Kompromisslösung gezwungen. 1843 genehmigte König Ernst August die Vergrößerung des Stadtgebietes um 18 Hektar.
1847 war der erste Durchgangsbahnhof des Kontinents fertiggestellt. Im gleichen Jahr wurde das Gebiet um den Bahnhof, die sogenannte Ernst-August-Stadt, eingemeindet.
Laves hatte das Bahnhofsgebäude so angelegt, dass dessen Haupteingang eine Achse über die Marktkirche, das Leineschloss bis zur Waterloo-Säule, die sogenannte Lavesachse, bildete. Vor dem Bahnhof war ein großzügiger Platzangelegt, von dem eine Hauptachse abrupt in der Georgstraße endete. Ursprünglich hatte Laves geplant, diese Achse bis zur Marktkirche durchgehend zu bauen. Dieses Vorhaben wurde später durch den Karmarschstraßen-Durchbruch realisiert. Von dem Bahnhofsvorplatz, dem Ernst-August-Platz, führten weitere Straßen Richtung Georgstraße (Schillerstraße) und zum Hoftheater (Luisenstraße). Eine andere Straßenachse (Theaterstraße) war auf die Rückfront des Theaters ausgerichtet und führte über die Königstraße bis an den Rand der Eilenriede. Eine Verbindung mit dem alten Stadtgebiet war nur über Nebenstraßen möglich.
Der Bahnhofsvorplatz erhielt 1861 mit dem Denkmal des Königs Ernst Augusts eine für lange Zeit gültige Form. Der Platz war umsäumt von zahlreichen Hotels und Gaststätten. Dies verdeutlicht die Beliebtheit Hannovers als Übernachtungsort, aber häufig mussten die Reisenden gezwungenermaßen hier übernachten: Bei langen Zugfahrten, z.B. von Köln nach Berlin, machte der Zug in Hannover einen Zwischenhalt, da man damals noch nicht nachts fuhr.
In den Jahren 1876 bis 1880 wurde aufgrund des wachsenden Zugverkehrs ein Neubau notwendig; das Emplangsgebäude wurde nach den Plänen von Hubert Stier gebaut. Gleichzeilig wurden die Gleise hochgelegt. Dadurch konnten nun die seitlichen Straßen unter den Gleisen in die Oststadt geführt werden und diese besser mit der Stadt verbinden. Seit dieser Zeit tangierte auch eine Pferde/Straßenbahn den Ernst-August-Platz und verband den Bahnhof mit der Altstadt. Die nächsten Jahrzehnte blieben Bahnhof und Bahnhofsvorplatz fast unverändert.
In den dreißiger Jahren machte der zunehmende Kraftfahrzeugverkehr einen Umbau des Platzes erforderlich, der das freie Befahren der Anlage verhindert und nur noch auf den seitlichenParktaschen erlaubt. Die mittleren Zierbeete mussten weichen, nur das Brunnenbecken blieb erhalten.
In dieser Form zeigte sich der Platz auch in der Kriegs- und Nachkriegszeit. 1958 ersetzt eine Wasserorgel das etwas verloren wirkende Wasserbecken.
Eine durchgreifende Veränderung erfuhr der Platz erst um 1980: lm Zusammenhang mit dem U-Bahnbau wurde die Passerelle vom Kröpcke bis zum Raschplatz unter den Bahnhof und Ernst-August-Platz geführt. Mit einer den Raschplatz einbeziehenden Verkehrslösung konnten die Straßenflächen eingeschränkt werden und der Platz wie in seiner frühen Zeit begleitende Baumpflanzungen erhalten. Die restlichen, vorläufig noch notwendigen, Stadtbahngleise wurden dem Fußgängerbereich zugeordnet.
Im Zusammenhang mit der geplanten großangelegten Verkehrsberuhigung im gesamten City-Bereich sollen ab 1995 die Straßen um den Ernst-August-Platz für den Durchgangsverkehr geschlossen und der Fußgängerbereich soll wieder ausgeweitet werden. Wenn dieser Plan verwirklicht wird, kann man in Zukunft ungehindert vom Bahnhof in die Hauptgeschäftsstraßen der Innenstadt gelangen. Das Nadelöhr Ernst-August-Platz wäre nicht mehr vorhanden und der Platzwürde seinem ursprünglichen Charakter als Empfangsplatz für die ankommenden Reisenden wieder gerecht werden.