Die IG Farben – Unverzichtbar für die Kriegsvorbereitung und den Krieg
Die I.G. Farben, die 1925 aus einem Kartell von Chemiegiganten entstand, trug bei zur Machtübergabe an die NSDAP, verdiente an der Kriegsvorbereitung und an der Kriegsführung Deutschlands als auch – über internationale Tochtergesellschaften – an derjenigen Amerikas. Der Konzern eignete sich Vermögen in den besetzten Ländern ein und machte Profit mit der Ausbeutung von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen – und trug bei zur systematische Massenvernichtung von Menschen.
Aufrüstung und Schattenfabriken
„Mit der Stickstoffproduktion zur Herstellung von Sprengstoffen und Treibladungen, Buna (einem synthetischen Kautschukersatz), synthetischem Benzin aus Kohle und einer Legierung aus Magnesium und Aluminium unter der Bezeichnung Elektron waren so vor und im Zweiten Weltkrieg bei entsprechenden Mengen- und Preisgarantien durch die Machthaber höchst profitable Geschäfte zu machen. Weitere bekannte Produkte von I.G. Farben waren u. a. die Kunstfaser Perlon und der Nervenkampfstoff Tabun.
Die I.G. spielte eine wichtige Rolle im Vierjahresplan. So basierte Hitlers Denkschrift zum Vierjahresplan auf Unterlagen der I.G., und in der Folge wurden viele Posten der Vierjahresplanbehörde mit deren Mitarbeitern besetzt, denen die I.G. außerordentlich hohe Gehälter zahlte, um sie mit dem Konzern verbunden zu halten. Das Unternehmen präsentierte am 15. Februar 1936 auf der 26. Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung Berlin (IAMA) den ersten Autoreifen aus synthetischem Buna-Kautschuk.
1937 wurden Pläne zur wirtschaftlichen Mobilmachung der IG-Werke ausgearbeitet, die als Kriegs- und lebenswichtige Betriebe taxiert wurden. Von der Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft (WIFO), an deren Gründung die IG-Farben zu 25 % beteiligt war, erhielt die IG neben Baukosten auch eine Art Lizenzgebühr zur Errichtung geheimer Schattenfabriken, die im Kriegsfall in die Rüstungsproduktion eingebunden werden sollten. (1) Während des spanischen Bürgerkrieges spendete die Gesellschaft den Putschisten mehrmals Beträge in Höhe von 100.000 Peseten. Gemeinsam mit Siemens und anderen deutschen Unternehmen unterstützte der Konzern die „Legion Vidal“, die Sanitätstruppe der Putschisten, und rüstete die Kämpfer aus. Bei den Luftangriffen der „Legion Condor“ auf Guernica und andere baskische Städte kam die von der I.G. Farben produzierte Elektron-Thermit-Stabbrandbombe B 1 E zum Einsatz.
Mit der Vermittlungsstelle W kooperierte die IG direkt mit der Wehrmacht in Fragen der Aufrüstung. Carl Krauch, I.G.-Vorstandsvorsitzender und Generalbevollmächtigter für Sonderfragen der chemischen Erzeugung, forderte am 28. April 1939 vor dem Generalrat des Vierjahresplans:
„Heute wie 1914 erscheint die deutsche politische und wirtschaftliche Lage – eine von der Welt belagerte Festung – eine rasche Kriegsentscheidung durch Vernichtungsschläge gleich zu Beginn der Feindseligkeiten zu verlangen. […] Deutschland muß das eigene Kriegspotential und das seiner Verbündeten so stärken, daß die Koalition den Anstrengungenfast der ganzen übrigen Welt gewachsen ist.“ (2)
1) Stefan Hörner: Profit oder Moral. Strukturen zwischen I.G. Farbenindustrie und Nationalsozialismus. Europäischer Hochschulverlag, Bremen 2012, S. 352)
2) Wolfgang Michalka: Deutsche Geschichte 1939–1945. Frankfurt am Main 1999, S. 123.
Informationen und Materialien zur Geschichte der IG Farben
- …von Anilin bis Zwangsarbeit
- Chronik der IG Farben von 1925 bis Anfang der 50er Jahre
- Die I.G. Farbenindustrie AG und der Faschismus
- Die I.G. Farben – unverzichtbar für die Kriegsvorbereitung und den Krieg
- Der IG Farben-Konzern und seine Beteiligung an NS-Verbrechen
- Die unheilige Allianz der IG Farben
- IG Farben – von Kriegszerstörungen weitgehend verschont
- Materialien zur Explosion bei der BASF in Ludwigshafen am 29. Juli 1948
- Filme zur Geschichte der IG Farben von den 20er Jahren bis in die Nachkriegszeit
- Literatur
Der Konzern, der Hitler den Weltkrieg ermöglichte
Es ist die Geschichte eines Megakonzerns, der in Friedenszeiten den Liberalismus liebte, sich aber im Krieg rasant in den Dienst des Staates und der Armee stellte – und in beiden Fällen prächtig verdiente. Das Beispiel IG Farben ist auch heute noch von höchster Relevanz, weil es zeigt, welch dramatische Folgen es haben kann, wenn sich Unternehmen und Politik zu nahe kommen. (…) weiter
aus: Thorsten Miersch Handelblatt, 28.07.2011