Wohnungsnot

Infolge der Bombenzerstörungen war in Hannover eine große Wohnungsnot entstanden. Der Neue Hannoversche Kurier schrieb darüber:

Nichts ist so sehr geeignet, uns über das drückendste aller Probleme, die Wohnungsnot, Klarheit zu verschaffen wie die nüchterne Sprache der Zahlen. Es zeigt sich sehr eindringlich, wie verzweifelt die Situation im zerstörten Hannover ist. Nach den Erhebungen des Statistischen Amtes der Stadt waren im September 16  218 Häuser mit 76  081 Wohnungen vorhanden. Gegenüber 1939 hat sich die Zahl der Häuser um 11  361 und die der Wohnungen um 67  920 vermindert. Die 76  081 Wohnungen enthielten 292  829 bewohnbare Räume, von denen 9177 für gewerbliche Zwecke benutzt wurden. Aus dem Vergleich ergibt sich, daß Hannover jetzt 360  067 weniger Wohnräume als 1939 hat!

[…] Nun ist bei den oben angegebenen Zahlen zu berücksichtigen, daß die rege Privatinitiative in den Sommermonaten eine beträchtliche Zahl von Räumen wieder bewohnbar gemacht hat. Man schätzt sie auf etwa 50  000. Eine große Linderung der Wohnungsnot konnte dadurch allerdings nicht eintreten, weil sich trotz Zuzugssperre die Einwohnerschaft beträchtlich vermehrt hat. So bedeutet es auch noch nicht viel, wenn man damit rechnet, daß etwa 40  000 Wohnräume bis März 1946 wiederhergestellt werden können, sofern Baumaterial und Arbeitskräfte ausreichend zur Verfügung stehen.

Das Wohnproblem in einer zerstörten Stadt wie Hannover zu lösen, wird auch bei zügigem Wiederaufbau eine ganze Reihe von Jahren in Anspruch nehmen.

(Neuer Hannoverscher Kurier vom 28. Dezember 1945, zitiert nach: Anpacken und Vollenden. Hannovers Wiederaufbau in den 50er Jahren. Ein Quellenlesebuch. Bearbeitet von Waldemar R. Röhrbein und Andreas Urban unter Mitarbeit von Wilhelm Karmann (= Schriften des Historischen Museums Hannover Heft 5), Hannover 1993, S. 38)


Die hannoversche Bauverwaltung registrierte in ihrem Bericht „Drei schwere Jahre“ die Zerstörungen an Hannovers Bausubstanz:

Von den 653  000 Wohnräumen des Jahres 1939 waren 1945 – unter Abzug der Küchen, die bei der heutigen Zusammendrängung von mehreren Haushaltungen in einer Wohnung nicht mehr als normale Wohnräume betrachtet werden können – nur noch 221  000 Wohnräume vorhanden, und davon war der größte Teil auch beschädigt. …

Von 87 Schulgebäuden wurden 39 zerstört, 4 blieben einigermaßen heil, alle anderen wurden mehr oder weniger schwer beschädigt. Von 50 Kirchen wurden 15 zertrümmert, darunter sämtliche historischen Kirchen der Alt- und der Neustadt, 18 wurden schwer beschädigt und nur 17 kamen mit geringen Gebäudeschäden davon.

Vernichtet wurden alle Theater.

Von den Lichtspielhäusern mit zusammen 19  000 Plätzen waren nach dem Kriege nur wenige mit zusammen 4000 Plätzen übriggeblieben.

Fast sämtliche Hotels und sonstigen Fremdenheime wurde zerstört. Von 2600 Fremdenbetten der Vorkriegszeit waren 1945 nur noch 217 vorhanden.

Neben diesen realen Werten fielen aber auch die meisten kulturhistorisch und baukünstlerisch wertvollen Bauten den Bomben oder den Flammen zum Opfer und können nie wieder ersetzt werden. Das Leibnizhaus, oft als das schönste Bürgerhaus Deutschlands bezeichnet, ist unwiederbringlich dahin, ebenso ist von der alten Kanzlei nichts geblieben. Das gotische Rathaus der hannoverschen Altstadt, das Leineschloß und das Wangenheimsche Palais, Werke des großen hannoverschen Städtebauers Georg Ludwig Laves, sind nur als Ruinen erhalten.


(zitiert nach: Drei schwere Jahre: ein Bericht der Bauverwaltung der Hauptstadt Hannover für die Zeit vom Beginn der Besetzung (April 1945) bis zur Währungsreform (Juni 1948), Hannover (Städtisches Presseamt) 1948, S. 6f.)


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