Theater am Thielenplatz (Filmstudio am Thielenplatz)

1951-1953 entstand am Thielenplatz nach Plänen des Architekten Dieter Oesterlen der Neubau eines Hotels, in dessen Untergeschoss das „Filmstudio am Thielenplatz“ eröffnet wurde. Betreiber war die Ufa Theater AG aus Düsseldorf, die es bis mindestens 2001 als Arthouse-Kino betrieb.

Der großen Kinobegeisterung (in den 50er Jahren) ist es wohl auch zu verdanken, daß bei den Kinoneubauten auch neue architektonische Ideen zum Tragen kamen. So wurde das Filmstudio am Thelenplatz als erstes unterirdisches Kino in Hannover errichtet. Bei dem Bau dieses Projektes war der Architekt D. Oesterlen mit der Aufgabe betraut, eine adäquate Synthese zwischen Kultur und Technik zu schaffen. Die geglückte Verbindung zwischen den Ansprüchen an eine ‚Filmwelt‘ und modernem Bauen zeigt sich bei der Gestaltung des Theaterplatzkinos vor allem „in der vorbildlichen Raumlösung, Mut zur Farbe, bewußte Einbeziehung des Lichts als Gestaltungsmittel.“ (Ein Film-Studio in Hannover, in: Architektur und Wohnform  1954/55, S. 211)

Oesterlen knüpfte bei der baulichen Gestaltung des Filmstudios nicht an Althergebrachtes an, sondern berief sich auf Erkenntnisse und Lehren des Bauhuses. Statt falschen ‚Luxus‘ und ‚edkorativem‘ Plunder war eine klare Formgebung, eine konstruktive Bauweise gefordert. Die Einlösung dieser Ansprüche zeigte sich vor allem  in der Rumgestaltung, die aufgrund des eher ungünstigen Grundrißzuschnitts interessante Ideen erforderte. Oesterlen schenkte vor allem dder Gestaltungs des Eingangsbereichs große Beachtung, denn der Besucher sollte beim Kinobesuch nicht dem Eindruck erliegen, daß er zum Filmbesuch in einen ‚Keller‘ hinabsteigen müsse.

Eine einladende Wirkung des Eingangsbereichs versuchte Oesterlen u.a. mit der Verwendung von Glas als Bauelement zu erzielen.

Zweigeschossige Glaswände geben bereits dem Straßenpassanten über die schön gewendelte Treppe hinweg den Blick frei in die mit Blattpflanzen geschmückte Eingangshalle bis hinab in den Wandelgang des Kinos, aus dem eine Mosaiksäule aufsteigt, um welche die Treppe kreist. Van de Veldes schöner Gedanke von der Linie, die eine Kraft ist, verwirklicht sich auch hier in Gestalt der frei im Raum schwebenden ‚Lichtlinie“, deren kühn geschwungenes Spiel der Decke ausgehend der kreisförmigen Biegung der Treppe ins Untergeschoß folgt. (Ein Film-Studio in Hannover, in: Architektur und Wohnform  1954/55, S. 214)

Eine weitere reizvolle Aufgabe ergab sich für Oesterlen in der Gestaltung des Zuschauerraums, der 600 Besuchern Platz bot und in zwei Räume unterteilt wurde Die Aufnahme vermittelt den Eindruck, dass der Raum alles andere als beklemmend oder beengend wirkt. lm Gegenteil, die Sessel wirken außerordentlich bequem und laden den Besucher zu einem gemütlichen Kinoabend ein. Vielleicht ist es diese scheinbare Bequemlichkeit, die diesem Kino später zu dem Namen ‚Puschenkino‘ verhalf. (Hannovers Kinos, In: Neue Hannoversche Presse, 18.08.1993)

Eine geradezu erstaunliche Ausweitung des Zuschauerraumes wurde durch die Einbeziehung des Lichtes als gestaltendes Element erreicht.

„Da sind zunächst die angestrahlten Säulen aus italienischem Mosaik, die asymmetrischen Wandlampenaus Plexiglas, die umlaufend angeordnet sind, in die Richtung der Spielwand weisen und den rückwärtigen niedrigen Teil in den großen Zuschauerraum mit einbeziehen.“ (Ein Filmstudio in Hannover, a.a.o., S. 214)

Ein weiteres raumbestimmendes Element ist die sogenannte ‚Lamellenwand‘. Die offene silbrige ‚Lamellenwand‘, deren Einzelteile mit Stoff überzogen sind, wurde auf die verputzte Wand montiert, die von unten direkt angestrahlt wird und „im Zusammenwirken mit der ‚Lamellenwand‘ eine entmaterialisierte Wirkung hat.“ (Ein Filmstudio in Hannover, a.a.o., S. 215) Neben den modernen gestalterischen Elementen, deutet die filmmäßige auf klappbare Vorführbühne auf ein neues Verständnis der Filmstudios hin.

„Der eigentliche Erfolg besteht darin, daß hier ein Filmtheater geschaffen wurde, das dem Wesen des modernen Films entspricht und alle Reminiszenzen an die Sprechbühne vermeidet; jede Einzelheit wurde im Verhältnis zum Ganzen sorgsam geprüft und ausgewählt, bis ein in sich ruhendes, harmonisches Ganzes entstand, das einen erfreulichen und fortschrittlichen Entwicklungswandel spiegelt.“ (Ein Filmstudio in Hannover, a.a.o., S. 217)

Im Laufe der Zeit hat sich auch die Kinolandschaft in Hannover stark verändert: Das Thielenplatzkino, das in den 50er Jahren noch zu den modernsten Kinos in der Stadt zählte und in den 70er.Jahren umgebaut wurde, ist heutzutage [1995] bei vielen jungen Kinobesuchern eher in Vergessenheit geraten. Dieses ‚kleine muffige Pantoffelkino genügt vermutlich nicht mehr den heutigen ‚Großleinwandansprüchen‘ vieler Zuschauer, und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis das Kino seine Türen schließen muss.


Aus: Martina Nörthen: Wiederaufbau anch ’45. Begleitheft zur gleichnamigen Diareihe. Hrsg. v. d. Landesmedienstelle im Niedersächsischen Landesverwaltungsamt, Hannover 1995

 


In Hannover ist das dritte UFA-Theater in der Stadt, das Filmstudio am Thielenplatz, durch den Direktor der Universum Film AG Arno Hauke vor zahlreichen Gästen eröffnet worden. Aus baupolizeilichen und städtebaulichen Gründen, schließlich auch, um eine gewisse Platznot auszuräumen, mußte Architekt Prof. Dieter Oesterlen, der für Entwurf und Bauleitung verantwortlich zeichnete, das Theater 2,75 Meter unter die Oberkante des Straßenniveaus legen. Aus der Not wurde eine Tugend: Der Kellercharakter bleibt durch eine zweigeschossige Halle und durch den Einblick vom Bürgersteig in das unter die Oberkante des Straßenniveaus legen. In die Halle schwingt der gebogene Treppenlauf, dessen Bewegung von einer frei im Raum schwebenden Neonschlange begleitet wird. Der Fußboden in der Eingangshalle besteht aus Marmorsplit. Die Wände sind aus gebrochenen, schichtweise verlegten Juraplatten gefügt. Treppenhaus-Wände hinter leuchtendem Glas. Aus dem Zuschauerraum ist das Gefühl der Enge verbannt. Außerdem ist den besonderen Anforderungen eines Studios entsprochen, das vormittags schulischen Zwecken dienen und nachmittags das Publikum ansprechen soll. Durch geschickte Nutzung des Lichts werden Weiten erzielt und Begrenzungen verwischt Auf obligatorische Theaterattribute — wie Vorhang, Bühne und Podium — ist verzichtet. Die Bildwand mit den beiden Klappflügeln scheint frei im Baum zu schweben. Der Bildwandausschnitt 8 mal 4,2 m ist je nach Bedarf veränderlich. 560 Plätze laden ein. In der Vorführkabine stehen Ernemann-X-Maschinen und eine UFA-Verstärkeranlage. Wie der technische Direktor der UFA Kemna versicherte, sind alle technischen Raffinessen beim Bau berücksichtigt werden. Das kleine Theater, eine Perle der UFA-Theater, wurde mit einem großen Film eröffnet: „Vom Winde verweht“. 
Aus: Der neue Film 85/1953

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