Alltagsprobleme und „Erziehung“ zur Eigeninitiative

Kurzfilme im Auftrag der britischen Besatzungsbehörden

In ihren Handlungen und Motiven beinhalten die geförderten Filme Re-education-Themen im engeren Sinne: einmal steht Unzufriedenheit, Neid auf andere, die es real bzw. vermeintlich besser haben, und damit verbunden die indirekte Aufforderung zur solidarischen Hilfe im Zentrum (Stadt und Land), das andere Mal die Kritik rücksichtslosen Verhaltens im Alltag (Sie sind nicht gemeint). Dass diese Filme, deren Inhalte und Aussagen ganz offensichtlich der Re-education entsprachen, von der Film Section auch finanziell gefördert wurden, liegt auf der Linie der oben skizzierten filmpolitischen Überlegungen.

Der Kurzfilm „Die Zauberschere“ ist eher im Sinne eines stimulierenden Wiederaufbauimpulses zur Verbesserung der materiellen Lage der deutschen Bevölkerung zu sehen: die Aufforderung zur phantasievollen und zupackenden Selbsthilfe, um sich mit ansprechender Kleidung versehen zu können.

Diese Aussage des Films liegt ebenfalls auf der Linie der skizzierten filmpolitischen Überlegungen der britischen Kontrollbehörden, wenn als Intention dieser Filme genannt wurde: „stressing individual initiative and achievement“. In diese Richtung zielen auch besonders die Veränderungswünsche, die die Film Section gegenüber der JFU formulierte: die Eigeninitiative und Selbsthilfe ausführlicher darzustellen im Verhältnis zur Inszenierung der problematischen Ausgangslage. Dass dieser Filmstoff nicht finanziell gesponsort wurde, heißt, dass der Aspekt des Mutmachens zur Verbesserung der materiellen Lage von der Film Section nicht so hoch eingestuft wurde, wie diejenigen Bemühungen, die auf ein verständnis- und rücksichtsvolles Verhalten der deutschen Bevölkerung gerichtet waren.

Neben der inhaltlichen Vorstellung der Filme wird hier auch auf die Hintergründe und Rahmenbedingungen eingegangen, die zu ihrer Entstehung führten.

Die Arbeitshinweise sollen Anregungen zur Arbeit mit den Filmen im Unterricht geben.


Die Filme

Dokumente und Beiträge


Es handelt sich dabei zunächst um die Kurz-Spielfilme STADTMEIER UND LANDMEIER und DIE ZAUBERSCHERE, die von der Hamburger Junge Film-Union produziert wurden und die deutsche Bevölkerung zu sozialem Verhalten und Eigeninitiative erziehen sollten. Sie wurden in den Kinos als Vorfilme gezeigt.

Die britisch-deutsche Koproduktion KREIS-RESIDENT-OFFICER“ war ausschließlich für Vorführungen in Großbritannien bestimmt. Der britischen Bevölkerung sollten die immensen Anstrengungen der Besatzungsbehörden zur Linderung der Not im Nachkriegsdeutschland vor Augen geführt werden.

Im 1949 von Rudolf W. Kipp realisierten Dokumentarfilm ASYLRECHT steht das drängende Thema „Flüchtlinge“ in der britischen Zone im Mittelpunkt. Die Filme „Stadtmeier und Landmeier“ und „Die Zauberschere“ können als Streaming-Videoclips über das Internet gesichtet werden.

Arbeitshinweies zu den Kurzfilmen

Die hier genannten Kurz- und Dokumentarfilme sind in ihren Ursprungsfassungen in den Jahren 1947 bis 1949 entstanden. Sie wurden produziert von deutschen Filmemachern, unterstützt, aber auch kontrolliert von der Britischen Militärverwaltung. Die beiden „Flüchtlingsnot-Filme“ sind ca. 10 Jahre später als Abwandlungen des Films „Asylrecht“ für den Schulunterricht hergestellt worden. Die Filme erlauben einen zeitnahen Blick in den schwierigen Lebensalltag der deutschen Nachkriegszeit. Dieser Blick ist zum Teil humorvoll („Stadtmeier und Landmeier“, „Die Zauberschere“), zum Teil aber auch eindringlich und erschütternd („Asylrecht“, „Flüchtlingsnot“). In diesem Blick spiegeln sich nicht nur die konkreten Alltagsprobleme jener Jahre, sondern auch die damalige Sichtweise auf diese Probleme: sowohl auf deutscher Seite als auch von Seiten der Britischen Besatzungsmacht.

In den „Flüchtlingsnot-Filmen“ geht es schließlich um die Sichtweise im politischen Kontext Ende der 50er Jahre. Im Folgenden werden einige Bearbeitungsvorschläge formuliert, die für die Arbeit mit den Filmen im historischen Unterricht hilfreich sein können. Zur Beantwortung der Fragen sollte auf die gegebenen Hintergrundinfos zurückgegriffen werden.

Filme allgemein
  • Welche Gründe gab es für die Filminitiative der Britischen Besatzungsmacht (Film-Section)?
  • Ordnen Sie die Filme jeweils den Themenbereichen zu, die von der Film-Section vorgeschlagen wurden!
Die Zauberschere (1947)
Die Zauberschere (1947)
  • Welche Probleme der Nachkriegszeit werden im Film angesprochen?
  • Was war die Absicht der Filmemacher und durch welche filmischen Mittel wurde diese realisiert?
  • Inwiefern sind die Vorgaben / Einflüsse der Britischen Besatzungsmacht wiederzufinden?
Stadtmeier und Landmeier (1948)
Stadtmeier und Landmeier (1948)
  • Welche Probleme der Nachkriegszeit werden im Film angesprochen?
  • Wie werden die Bauern / die Städter vorgestellt?
  • Welche Vorurteile werden auf Seiten der Bauern bzw. der Städter deutlich?
  • Aus welcher Perspektive wird der Film hauptsächlich erzählt, wer wird sympathischer dargestellt? Welche Gründe könnte es dafür geben?
  • Was war die Absicht der Filmemacher und durch welche filmischen Mittel wurde diese verfolgt?
  • Inwiefern sind die Vorgaben / Einflüsse der Britischen Besatzungsmacht wiederzufinden?
  • Vergleichen Sie „Stadtmeier und Landmeier“ mit dem Film bzw. den Angaben zu dem Film „Kreis-Resident-Officer“ (K.R.O.).
    • Worin bestehen die Unterschiede in der Aufbereitung der Themen für das britische und das deutsche Publikum?
    • Was sollten die Filme bei ihrem jeweiligen Zielpublikum bewirken?
Asylrecht- Report on the Refugee Situation, Jan. 1949 / Flüchtlingsnot an der Zonengrenze

Umfangreiches didaktisches Material, Hintergrundinformationen, Arbeitshinweise und interaktive Aufgaben zum Film Asylrecht sind im Bildungspaket enthalten.

Hintergrundinformationen zur Filmproduktion

Literatur
  • Stettner, Peter:
    Vom Trümmerfilm zur Traumfabrik – Die „Junge Film-Union“ 1947-1952. Hildesheim, Zürich, New York 1992
  • Stettner, Peter:
    Flüchtlingsbilder im Dokumentarfilm: Geschichte und Geschichten 1948-1960. In: Irmgard Wilharm (Hg.): Geschichte in Bildern – Von der Miniatur bis zum Film als historische Quelle. Pfaffenweiler 1995
  • Stettner, Peter:
    „Sind Sie denn überhaupt Deutsche?“: Stereotype, Sehnsüchte und Ängste im Flüchtlingsbild des deutschen Nachkriegsfilms. In: Rainer Schulze (Hg.): Zwischen Heimat und Zuhause – Deutsche Flüchtlinge und Vertriebene in (West-)Deutschland 1945 – 2000. Osnabrück 2001

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