Blumenkorso-Filme der 50er Jahre

Schmalfilme zu Hannoverschen Blumenkorsi der 50er Jahre

Der Blumenkorso war ein kurzlebiger Festumzug, der zum ersten Mal als Höhepunkt der 1951 abgehaltenen Bundesgartenschau durch die Hannoversche Innenstadt zog und auf seiner Route vom Königsworther Platz zur Stadthalle eine so große Menge an Schaulustigen begeisterte, dass er bis 1959 noch mehrfach wiederholt werden sollte: jedes Mal mit aufwendig geschmückten Wagen, darunter auch immer eigenwilligeren und phantasievolleren Konstruktionen, und unterstützt durch eine Vielzahl Musikkapellen und illustrer Tanz- und Trachtengruppen.

DVD der GFS „Blumenkorso 1954 in Hannover

Von den Blumenkorsi der Jahre 1952, 1953 und 1954 haben sich im Historischen Museum Hannover drei kurze Amateurfilme erhalten, die damals vom Schmalfilm-Club Hannover (SFC) bzw. den Schmalfilm-Amateuren Hannover (SFA) angefertigt wurden. Überliefert sind die auf farbigem Kodachrome-Material gedrehten 8-mm-Filme nur in stummer Version: Zeitgenössische Zeitungsberichte weisen darauf hin, dass sie einmal in vertonter Fassung vorlagen. Darüber hinaus ließ auch die Hannoversche Firma Foto-Otte zu den Blumenkorsi der Jahre 1953, 1954 und 1955 16-mm-Farbfilme drehen, von denen bislang nur ein einziger (der Film des Jahres 1953) bekannt geworden ist und von der GFS Hannover erworben werden konnte. Möglicherweise entstanden weitere, heute unbekannte Amateurfilme auch anlässlich der Korsi der Jahre 1957 und 1959.

Schwerpunkt der folgenden Darstellung soll der Blumenkorso-Film von 1954 sein. Die zeitgenössischen Quellen, die zitiert werden, stammen aus dem Stadtarchiv Hannover, dessen Bildbestände darüberhinaus zur Identifikation der einzelnen Festwagen herangezogen wurden.


Bundesgartenschau und Blumenkorso

Die „Erste Bundes-Gartenschau“, veranstaltet von der Hauptstadt Hannover und dem Zentralverband der Deutschen Gemüse-, Obst- und Gartenbau e.V., fand 1951 großen Anklang unter der hannoverschen Bevölkerung. Initiiert wurde diese Gartenschau durch den Berufsstand des Gartenbaus. Ein 1949 ausgeschriebener Ideenwettbewerb der Stadt Hannover richtete sich an alle freien, beamteten und angestellten Landschafts- und Gartenarchitekten innerhalb der Besatzungszonen. Der Text dieser Ausschreibung enthält deutliche Hinweise auf den weltanschaulichen Hintergrund zumindest der Mehrheit der Initiatoren, wenn es dort heißt: „Bei dem kleinen Lebensraum, der dem deutschen Volk verblieben ist, wird die Zukunft eine Verfeinerung aller landwirtschaftlichen Kulturen bringen. Die Krone aller bodenbetreuenden menschlichen Tätigkeit im Dienst am Fruchtbaren, Schönen, Edlen und Gesunden ist der Gartenbau und die Pflege einer Gartenheimat für das ganze Volk.“ (Ausschreibung Ideenwettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für die „Jadega“ (Jahresschau deutscher Gartenkultur und Landschaftspflege) in Hannover 1951, vervielfältigtes Manuskript, S. 1, zitiert nach: Gröning und Wolschke-Bulmahn. Von der Stadtgärtnerei zum Grünflächenamt. S. 135.) Die im Wettbewerb eingegangenen Vorschläge bildeten die Grundlage für den Aufbau eines Veranstaltungsgeländes durch das Garten- und Friedhofsamt Hannover.

Veranstaltet wurde die Gartenschau auf dem Stadthallengelände und auf dem Bereich zwischen Clausewitzstraße und Eilenriede, der ursprünglich für ein Sport-Areal vorgesehen war. Am gleichen Ort, an dem 1933 die Jahresschau Deutscher Gartenkultur ausgerichtet worden war, wurde in anderthalb Jahren von 1949 bis 1951 ein entsprechendes Veranstaltungsgelände wiederhergerichtet, auf dem z.B. über 100 Bombentrichter gefüllt werden mussten.

Am 28. April 1951 eröffnete die Gattin des Bundespräsidenten, Frau Elly Heuss-Knapp, die Gartenschau mit den Worten, der Garten gehöre „zum Wiederaufbau, er gehört zur Hoffnung nach der Zerstörung, zur Ruhe trotz aller Arbeit.“ (Die Bundesgartenschau, Offizielle Ausstellungszeitschrift Nr. 2/Juni 1951, S. 3, zitiert nach Mlynek und Röhrbein: Geschichte der Stadt Hannover. S. 705.) Das Angebot für die Besucher umfasste eine „Schau der Immergrünen“, den „Heidegarten“, den „Wassergarten“, ein „Tropenpflanzenhaus“, einen „Iris- und Liliengarten“, sowie einen „Friedhof mit Grabmalschau“. Die Gesamtfläche der Gartenschau war mit 21 ha verhältnismäßig klein, so dass sie sich in einem zwei- bis dreistündigem Rundgang vollständig besichtigen ließ. Insgesamt besuchten fast 1,6 Millionen Besucher die Veranstaltung. Die Üstra trug ihren Teil bei in Form einer zur „Blumenbahn“ erklärten Linie 6, die zwischen dem Stöckener Friedhof und Nackenberg verkehrte.

Die Gartenschau endete am 31. Oktober 1951. Ihr Höhepunkt stellte der am 5. August stattfindende Blumenkorso dar, auf dem weit über 100 Gruppen (Firmen, Vereine und Verbände) sich mit prächtig geschmückten Vehikeln von der Herrenhäuser Allee durch die Innenstadt bis zum Gartenschaugelände bewegten und dabei annähernd 400.000 Schaulustige anlockten. Der erste Preis der Jury ging an eine aus „60.000 weißen und roten Rosen hergestellte überdimensionale Geige“ der Firma Horstmann & Co. aus Schleswig Holstein. In der Festschrift zum Blumenkorso 1957 heißt es weiter: „Schon der erste hannoversche Blumenkorso unterschied sich in einem wesentlichen Punkte von den `klassischen´ Blumenkorso, etwa den holländischen oder denen von Nizza und Baden-Baden. Der Korso klassischen Stils besteht aus einem kurzen Zug prächtiger Blumenwagen, ohne jene Verbindung durch Trachten- und andere Gruppen, die mittlerweile für den hannoverschein Korso so charakteristisch geworden sind. Dass Hannover seinen eigenen Blumenkorso-Stil entwickeln konnte, war nur möglich, weil Vereine und Verbände – Kleingärtner, Volks- und Trachtengruppen, Sportler, um nur einige zu nennen – sich begeistert in den Dienst der guten Sache stellten und viel dazu beitrugen, den Korso so volkstümlich werden zu lassen.“ (Festschrift zum Blumenkorso 1957, S. 10) Mit Ausnahme der Jahre 1956 und 1958, in denen die Blumenernte schlecht ausfiel, sollte der Blumenkorso noch sechs Mal stattfinden, zum letzten Mal 1959.

Noch in 60er und 70er Jahren wurde in Diskussionen angeregt, die Gartenschau wiederaufleben zu lassen. Ihre Anlagen blieben im Stadthallengarten teilweise erhalten, so Staudenbeete und Rhododendren, vor allem aber der Rosengarten mit 150 verschiedenen Rosensorten.

Quellen und Literatur:

Festschrift zum Blumenkorso 1957.

Geschichte der Stadt Hannover. Band 2 – Vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Herausgegeben von Klaus Mlynek und Waldemar Röhrbein. Hannover 1994.

Gröning, Gert und Wolschke-Bulmahn, Joachim: Von der Stadtgärtnerei zum Grünflächenamt. 100 Jahre kommunale Freiflächenverwaltung und Gartenkultur in Hannover. Patzer-Verlag Berlin / Hannover 1990.

Grün in der Stadt Hannover 1890 – 1990. Herausgegeben vom Heimatbund Niedersachsen e.V., Hannover. Hannover 1990.

Mlynek, Klaus und Röhrbein, Waldemar: Hannover Chronik. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hannover 1991.


Über den Schmalfilm-Club Hannover und den Amateurfilmer Hans-Jürgen Brönstrup

Hans-Jürgen Brönstrup, 1926 in Hannover geboren, gehörte 1950 zu den Gründungsmitgliedern des Schmalfilm-Clubs Hannover (SFC), der heute noch existiert und ca. zwanzig Mitglieder umfasst. Mit seinem hauptsächlich Dokumentarfilme, aber auch Spielhandlungen umfassenden Repertoire konnte der SFC in den 50iger und 60iger Jahren bei öffentlichen Vorführungen ein Publikum begeistern, das weit über die Vereinsmitglieder hinausging und bis zu 250 Köpfe zählte. Bis in die 90iger drehten seine Mitglieder vorwiegend auf Doppel-8, Super-8 und 16mm, dann erst entstand die Mehrzahl der Projekte auf digitalem Video.

Hans-Jürgen Brönstrups um 1950 entstandener erster Kurzspielfilm inszenierte eine Abenteuergeschichte vor der Kulisse der Hagenburger Polizeihundeschule. Die beiden Kodachrome-Filme vom Blumenkorso 1952 und 1953, an denen er als Kameramann beteiligt war, bzw. als Gestalter verantwortlich zeichnete, gehören zu den zahlreichen Dokumentararbeiten seiner Filmkarriere, an deren Spitze auch eine Reportage über den Besuch der britischen Königin in Hannover im Mai 1965 steht. Zwar liegt der Schwerpunkt seines Schaffens im Dokumentarischen, doch finden sich in seinem bis heute 160 Titel umfassenden Oeuvre auch immer wieder Sketche und zum Teil sozialkritische Kurzspielfilme, von denen zahlreiche auf Landes- und Bundeswettbewerben mit Preisen ausgezeichnet wurden.

Mit dem Umzug nach Garbsen schied Brönstrup 1981 aus dem SFC aus und gründete den „Film- und Videoclub Garbsen“, dessen Vorsitzender er bis heute ist. 1985 ermöglichte dem gelehrten Malermeister eine Wunstorfer Lackfirma die Tätigkeit als Werbefilmer. Erst 1996 vollzog er die Umstellung von Super-8 auf Video, gegen das er als Medium lange Zeit skeptisch geblieben war. In seinem ca. zehn Quadratmeter großen Kellerraum archiviert Brönstrup nicht nur bis in die 50iger Jahre zurückreichende alte Filme, sondern schneidet und bearbeitet auch seine aktuellen Projekte: u.a. Musikvideoclips, und einen Film zum 25jährigen Jubiläum des „Film- und Videoclubs Garbsen“ mit Szenen aus dessen Vereinsgeschichte.

Die Vereinsmitglieder des SFC kommen jeden zweiten und vierten Donnerstag im Freizeitheim Linden zusammen. In einmal jährlich stattfindenden clubinternen Filmwettbewerben werden einzelne Werke ausgewählt und dem Dachverband BDFA (Bundesverband Deutscher Film-Autoren) zur weiteren Auswertung empfohlen.

Homepage des SFC:
http://www.filmclub-hannover.de/


Zeitgenössische Pressereaktionen

Wagen aus dem Blumenkorso 1954

Im Februar 1956 kam es zu einer öffentlichen Vorführung, auf der die Filme der Firma Foto-Otto über die Blumenkorsi `53, `54 und `55 gezeigt wurden. Ausgerichtet wurde diese Veranstaltung durch den Verkehrsverein Hannover. Das Fotofachgeschäft hatte auch in der Festschrift zum Blumenkorso des darauffolgenden Jahres ankündigt: „Das große Foto- und Kino-Haus filmt den Blumenkorso farbig und wird auch Sie in allen Filmfragen beraten.“ (Festschrift 1957, S. 6)

Zwar bestand zwischen dem SFC Hannover und der Firma Foto-Otte eine Verbindung, da der Club in den 50iger Jahren die Räumlichkeiten der Firma benutzte und von ihr auch sein Filmmaterial bezog. Doch gibt es keinen Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen den 8-mm-Filmen des SFC und die 16-mm-Produktionen von Richard Otte.

1. Hannoversche Presse, Ausgabe Nr. 30, vom 4. Februar 1956:
„Blumenkorso 1956: `Sinfonie der Freude´
Verkehrsverein sprach durch die Blume / Drei Farbentonfilme Als das Licht ausging, war es plötzlich Sommer. Leuchtender Sonnenschein ergoss sich auf die Leinwand im Europa-Saal des Hauses der Jugend. Farbenprächtige Blumen und sommerfroh gekleidete Menschen, fröhliche Musik und schwingende Fahnen: der Verkehrsverein führte am Donnerstag abend drei Farbtonfilme über den hannoverschen Blumenkorso vor. `Garten des Lebens´, `Die singende Stadt´ und `Bilderbuch der Heimat´, Filmstreifen in Kodachrome, von der Firma Foto-Otte blitzsauber aufgenommen, originell gestaltet und ausgezeichnet synchronisiert. (…) Im letzten Film hielt Richard Otte, ohne es freilich damals zu ahnen, die alte Kröpcke-Uhr aus lauter Blumen fest. Die Verbundenheit mit der Heimatstadt und ihren festlichen Veranstaltungen veranlasste ihn, vom ersten Blumenkorso an in leuchtenden Farben eine filmische Geschichte des Blumenkorsos aufzuzeichnen. Der Verkehrsverein wollte mit der Vorführung dieser Filme nette Erinnerungen in den Mitwirkenden hervorrufen und sie gleichzeitig `durch die Blume´ zur Mitarbeit bitten. Oberstadtdirektor Wiechert teilte als Vorsitzender des Verkehrsvereins mit, dass für den Blumenkorso 1956 schon 12 Zusagen und 25 Anfragen vorlägen. Der Korso heißt in diesem Jahr `Sinfonie der Freude´. Auch über ihn wird Richard Otte wieder einen lebenden Farbfilm drehen.“

2. Hannoversche Allgemeine Zeitung, Ausgabe Nr. 32, vom 7. Februar 1956: „Der Blumenkorso findet in diesem Jahr am 26. August statt. (…) Appetit machen die drei 16-mm-Filme, die Foto-Otte von den bisherigen Blumenumzügen `Garten des Lebens´, `Singende Stadt´ und `Bilderbuch der Heimat´ auf eigene Faust gedreht hat und jetzt vorführte. Diese Erinnerungen auf Celluloid sind von Jahr zu Jahr besser und lebendiger geworden, und mancher Hannoveraner hätte im verdunkelten Vorführungssaal einen besseren Zuschauerplatz gehabt als in diesem oder jenem Jahr in Wirklichkeit. Vor allem die Farben sind gut herausgekommen.“

3. Norddeutsche Zeitung, Ausgabe Nr. 30, vom 4. Februar 1956: „Wie man es gut macht, wie man es noch besser machen kann, zeigten (…) Kurzfilme über die Blumenkorsos der letzten drei Jahre. Nach einer Idee von Richard Otte gedreht, ließen sie noch einmal die Blumen und geschmückten Wagen vorübergleiten. Es waren bezaubernde Farben, doch hätte man sich – abgesehen von den vielen Wiederholungen – eine beweglichere Kamera gewünscht.“


Blumenkorso 1952

Blumenkorso 1953 -Garten des Lebens

Blumen-Korso in Hannover (1953)

Blumenkorso 1954 – Die singende Stadt

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