NS-Propaganda in Spielfilmen
Das 20. Jahrhundert ist das Jahrhundert des bewegten Bildes. Ein großer Teil des kulturellen Erbes steckt in unseren Filmen. Das Material spiegelt unsere Wahrnehmung, Kultur, unser Sozialleben und unsere Geschichte wider. Vor allem für junge Menschen sind der Zugang, die Kenntnis, der Umgang und die Vermittlung dieses kulturellen Erbes von größter Wichtigkeit für ihre persönliche Entwicklung als mündige Bürger/innen.
Dem erzähltheoretischen Ansatz der Geschichtsdidaktik folgend, liegt eine besondere Chance in der Auseinandersetzung mit Filmen darin, den Konstruktcharakter bzw. die Perspektivität von Geschichte zu erkennen (1) und auf diese Weise etwas darüber zu lernen, wie Geschichte eigentlich ‚funktioniert‘. Die De-Konstruktion der Propagandafilme, d.h. Analyse der Aussagen/Tendenz/ Zielsetzung offenbart Mechanismen nationalsozialistischer Propaganda. In der praktischen pädagogischen Arbeit dominieren diese inhaltsanalytischen Ansätze.
Die Produktion, Distribution und Rezeption von Filmen wird – wie bei allen Kulturprodukten – zu jeder Zeit und an jedem Ort durch die jeweiligen politischen, ökonomischen und kulturellen Rahmenbedingungen mitbestimmt und geformt. Die Filme der NS-Zeit müssen deshalb auch im Kontext der staatlich beeinflussten Produktion und Rezeption gesehen werden. (Vgl. filmportal)
In der Beschäftigung mit den Filmen muss die Perspektive erweitert werden. Filme jeglicher Art zeigen eine gestaltete Abbildung dessen, was sich zu einem bestimmten Zeitpunkt im Blickwinkel der Kamera befunden hat. Filme erzählen dabei Geschichte(n), mit denen Informationen aber auch Werte und Einstellungen vermittelt werden. Die Ereignisse, Vorgänge etc. können dann später – auch wenn sie längst Geschichte sind – in ihrer gefilmten Darstellung betrachtet und als Quellen ihrer Entstehungszeit befragt werden.
„Als Quellen sind Filme interessant, insofern sie selbstverständliche zeitgenössische Einstellungen transportieren jenseits der erkennbaren Intentionen der Filme.“ (Wilharm)
Zeitgeist und Mentalität der Entstehungszeit eines Films können durch die Analyse der seinerzeit eingefangenen Bilder erhellt werden. In diesem Sinne hat der Film Quellenwert als eine unabsichtliche Überlieferung, und ist – so verstanden – auch „Filmdokument“. Dabei kommt dem Spielfilm besondere Bedeutung zu. Von zufälligen Sachzwängen – der gerade angetroffenen „Wirklichkeit“ vor der Kamera – weitestgehend befreit, kann er Ideen und Wünsche, Ängste und Sorgen, Denk- und Handlungsweisen einer Zeit fotomechanisch oder elektronisch bannen. Wie wohl der Soziologe und Filmkritiker Kracauer als erster formulierte, reflektiert der (Spiel)film so psychische Dispositionen, die unbewussten, weil selbstverständlichen zeitgenössischen Einstellungen, die erst wahrgenommen werden, wenn sie fragwürdig geworden sind. Der Spielfilm ist in diesem Zusammenhang aussagekräftiger als andere Kunsterzeugnisse. Zum einen, weil er sowohl auf der Produktions- als auch auf der Rezeptionsseite gesellschaftlich bedingt bzw. angelegt ist, zum anderen, weil er aufgrund seiner fotografischen Technik auch manches bildlich einfängt, was nicht beabsichtigt war.
Daraus folgt, dass die Beschäftigung mit den Propagandaabsichten erweitert werden muss um die Analyse mentaler Strukturen in den Filmen und in der Rezeption der Filme. Darin liegt auch die Schnittstelle zur Beschäftigung mit aktuellen Wahrnehmungen der Filme.
(1) Wehen, Britta (2012): Historische Spielfilme – ein Instrument zur Geschichtsvermittlung? https://www.bpb.de/gesellschaft/bildung/kulturelle-bildung/143799/historische-spielfilme?p=0%2011.9.2012 [10.01.2022]
Die Filme
Dokumente und Beiträge
Die Auswahl der Filme aus dem Bestand der Stiftung orientiert sich an zentralen Propaganda-Motiven der NS-Ideologie. Kleinhans differenziert die unten aufgeführten Inhalte und Themen der Propaganda im Film des Dritten Reiches. Für jeden Themenbereich haben wir exemplarisch einen Film ausgewählt.
Zusätzlich behandeln wir den inszenierten Doukumentarfilm TRIUMPH DES WILLENS über den sechsten Reichsparteitag der NSDAP vom 4. bis 10. September 1934 in Nürnberg. Dieser NS-Propagandafilm gilt als eines der einflussreichsten Werke der Regisseurin Leni Riefenstahl.
Eine intensive Auseinandersetzung mit den Denkfiguren der NS-Ideologie ist im schulischen Kontext angesichts zunehmend wahrnehmbarer völkischer und nationalistischer Tendenzen in der Bevölkerung bedeutsam.
Kleinhans, Bernd (2004): Propaganda im Film des Dritten Reiches. 2004-11-02
https://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/propaganda-im-film-des-dritten-reiches/ [12.11.2018]
Materialien zur Arbeit mit NS-Propagandafilmen
- Vorbehaltsfilme der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung
- Diskussion zum Umgang mit den Vorbehaltsfilmen
- NS-Propaganda: Massenverführung und/oder aktives Mitwirken
- Pädagogische Arbeit mit NS-Propagandafilmen