Emil Mechau
Emil Christian Friedrich Theodor Mechau wurde am 19. April 1882 als Sohn des Siedemeisters Fritz Mechau und dessen Frau Minna, geb. Salge, in Seesen am Harz geboren. Nach einer Mechanikerlehre, die er 1896 bei der Firma Maibuhr in Liebenwerda begann, trat der damals 18jährige im Jahre 1900 bei der Firma Carl Zeiss in Jena ein. Dort arbeitete er zunächst als Mechaniker. Daran, wie er den Schritt von der Werkstatt ins Laboratorium schaffte, erinnert sich ein damaliger Kollege: „Mechau sollte eine Arbeit im Labor für optische Sonderaufgaben abliefern, in dem er aber zufällig niemanden antraf. Beim Umherschauen entdeckte er in einem optischen Aufbau eine dezentrierte Linse und richtete sie unaufgefordert aus. Hiermit gewann er das Interesse des Laborchefs, Prof. Siedentopf, der ihn zu sich ins Labor nahm und später zu seinem Assistenten machte. Als Zeuge einer Unterhaltung seines neuen Chefs mit dem Altmeister der Kinotechnik, Oskar Messter, über die Vermeidung der Dunkelpausen bei einer kinematographischen Projektion kam Mechau erstmalig mit dem Problem des optischen Ausgleichs in Berührung, das fortan sein Tun und Denken bestimmte.“ In dem Labor arbeitete er unter anderem auch mit dem späteren Erfinder der weltberühmten Kleinbildkamera LEICA, Oskar Barnack, zusammen.
Im Firmenarchiv der jetzigen Ernst Leitz Wetzlar GmbH finden sich die Erinnerungen eines ungenannten Mitarbeiters aus jenen Tagen. „Mechau war hochbegabt, selbstbewusst und impulsiv. Er hatte den Kopf voller großer Pläne. Barnack dagegen war still, zurückhaltend und etwas kränklich. Dieser Gegensatz war wohl der Grund für ihre Freundschaft. Zu dieser Zeit wurde bei der Firma Carl Zeiss in Jena an dem Problem gearbeitet, eine Kino-Projektor zu schaffen, der den Film nicht mehr ruckweise und unter Verwendung der Flügelblende vorführt, sondern ich gleichmäßig ablaufen lässt und durch optische Mittel die einzelnen Filmbilder auf dem Schirm festhält. Diese Aufgabe war zweifellos die schwierigste, die man auf optisch-feinmechanischem Gebiet kante, sodaß sie noch viele Jahre der Tummelplatz vieler Erfinder geblieben ist. Mechaus Vorschläge fanden keinen Anklang bei seinen akademisch gebildeten Vorgesetzten und so richtete er seinen Blick zur FirmaLeitz nach Wetzlar (und) fragte dort an, ab man ihm Gelegenheit geben wolle, einen Kino-Projektor mit optischem Ausgleich zu entwickeln.“
Tatsächlich trat Mechau, der als Autodidakt die Hochschulreife erworben hatte, 1910 als technisch-optischer Konstrukteur in die Firma Ernst Leitz, Optische Werke Wetzlar, ein und forschte an eben diesem Problem. Ein von ihm 1911 ausgearbeitetes Versuchsmodell erlangte 1913 Fabrikationsreife. Bedingt durch den Ersten Weltkrieg wurde die Produktion jedoch unterbrochen und erst 1919 im Zweigwerk Rastatt wieder aufgenommen. Dort wurde am 19. April 1922 die Ernst Leitz Kinowerke GmbH unter Beteiligung von Emil Mechau gegründet. Mechau wurde zum Geschäftsführer bestellt und sollte hier „den neuen epochemachenden Kinomatographen herstellen“.
Tatsächlich entstand noch im gleichen Jahr der „Mechau-Projektor Modell III“, dem bis dahin einzigen mit optischem Ausgleich, der sich praktisch bewähren konnte.
Mit Einführung des Tonfilms gab Leitz die Fabrikation der Mechau-Projektoren im Herbst 1929 an die AEG Kinomaschinenfabrik in Berlin ab. Mechau schied deshalb bei Leitz aus und wurde Chefkonstrukteur bei der AEG. Dort schuf er einen Großbildprojektor mit optischem Spiegelausgleich. 1931 wurden seine Verdienste gewürdigt, indem man ihm die „Messter-Medaille“ der Deutschen Kinotechnischen Gesellschaft verlieh. Etwa 1932 stellte die AEG die Fabrikation seiner Projektoren ein. 1934 richtete der Leiter der Fernsehabteilung der Firma TELEFUNKEN, Prof: Schröter, Mechau ein Sonderlabor ein. Innerhalb nur eines Jahres und mit wenigen Mitarbeitern schuf er, basierend aus seinen Forschungsergebnissen zum optischen Ausgleich bei der Projektion, das erste betriebsfähige Muster des Linsenkranz-Fernsehabtasters, mit dem es möglich wurde, Kinofilme im Fernsehen zu zeigen. Ein Prototyp wurde zur Funkausstellung 1935 der Öffentlichkeit vorgestellt, und auf der Pariser Weltausstellung 1937 erhielt eine Fernseh-Gegensprechanlage mit eben diesem Linsenkranzabtaster den „Grand Prix“. Emil Mechau hatte schließlich wesentlichen Anteil an der Entwicklung vollelektronischer Fernsehkameras, wie sie 1936 erstmals bei den Olympischen Spielen in Berlin eingesetzt wurden. Eine Weiterentwicklung dieser Kamera stellte er 1939 vor. Sie war ursprünglich für den Einsatz bei den Olympischen Spielen in Helsinki vorgesehen, die 1940 stattfinden sollten. Obwohl die Spiele aufgrund des Krieges abgesagt wurden, fand die Reportage-Fernsehkamera (Mechau-Ikonoskop) dennoch Verwendung: 1942 richtete eine Gruppe von Fernsehtechnikern der Reichspost im damals von Deutschland besetzten Paris ein Fersehstudio ein. Bis April1944 wurden dort Fernsehsendungen produziert und ausgestrahlt.
Während Mechau beruflich unerhört erfolgreich war, meinte es das Schicksal privat nicht sehr gut mit ihm. So musste er machtlos zusehen, wie sein einziges Kind, eine Tochter aus der 1907 in Jena geschlossenen Ehe, nur neunjährig an den Folgen einer Fleischvergiftung starb. Seine Frau verlor er 1932 nach jahrelangem Leiden, und sein einziger Bruder kam bei einem Luftangriff auf Jena ums Leben. Am 11. Juli 1936 schloss er die Ehe mit der Wirtschafterin Walli Heinisch in Berlin. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs brachte er seine Frau und seine beiden Kinder in Koßdorf bei Berlin unter. Am 28 Juni 1945 wurde er in ein Gehöft gerufen, um eine Eierhandgranate zu beseitigen. Es ist unerklärlich geblieben, warum er den Versuch machte, einen gefährlichen Fund zu entschärfen, den er mit dem Leben bezahlen musste. Am 1. Juli, dem 7. Geburtstag seines Sohnes Ernst, wurde Mechau auf dem Dorffriedhof in Koßdorf bestattet.