Die hannoverschen Jugenheime
Seit 1921 diente das Bella Vista als Jugendheim
Zwischen Disziplinierung und Selbstentfaltung
Auszug aus der Hausordnung von 1923
Der sog. „Jugendfrage“ wollte das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz von 1922 Rechnung tragen. Die „Jugendfürsorge“ für „auffällige“ Jugendliche wurde dabei von der „Jugendpflege“ für „normale“ Jugendliche unterschieden.
Die neueingerichtete Städtische Jugendpflege war auch für die Freizeitorganisation jugendlicher Gruppen zuständig. Freizeit sollte in eigens eingerichteten Jugendheimen der Bildung und Erziehung dienen und Jugendlicher verschiedener politischer und religiöser Einstellungen „im Geiste von Weimar“ einander näher bringen.
In Hannover gab es außer den vielen Vereinsheimen, die jedoch oft nur kleine Räume oder Hütten waren, zwei städtische Jugendheime, die von der Stadt betrieben wurden, der Lindener Berg und das Bella Vista. Die beiden Jugend-heime sollten eine moderne Jugendpflege ermöglichen.
Die vielfältigen Probleme der Jugendlichen wurden allerdings vorwiegend nur als ein „Kontrollproblem“ wahrgenommen. Es gab von daher auch Reglementierung. So durfte während der Freizeit in den städtischen Jugendheimen nur auf ganz bestimmten Plätzen Fußball gespielt werden. Rauchen und Alkohol trinken waren nicht erlaubt. Es war auch verboten, in der durch das Bella Vista-Gelände fließenden Leine zu baden, was viele Jugendliche jedoch nicht daran hinderte, dies doch zu tun. Die Hausmeister spielten also nicht nur im Wohnalltag eine zentrale Rolle, sondern auch in den Jugendheimen. Durch sie konnte das Freizeitverhalten der Jugendlichen kontrolliert und in „ordentliche“ Bahnen gelenkt werden. Die vom Arbeitsausschuß für Jugendpflege Hannover erlassene Haus- und Platzordnung erinnerte an althergebrachte Schulordnungen. Doch Jugendliche versäumten es nicht, die geltenden Regeln immer wieder geschickt zu unterlaufen.
Literatur
- Zadach-Buchmeier, Frank, Staatliche Jugendpflege in der kommunalen Praxis. Das Beispiel Hannover., in: v. Saldern, Adelheid (Hg), Stadt und Moderne. Hannover in der Weimarer Republik, Hamburg 1989, S. 155 ff
- ders., Lindener Berg und Bella Vista. Städtische Jugendheime zur Freizeitgestaltung Jugendlicher, in: Geschichtswerkstatt Hannover (Hg.), Alltag zwischen Hindenburg und Haarmann, Hainburg 1987, S. 47 ff
Das von Laves erbaute Bella Vista war bis zum Ersten Weltkrieg Hannovers größte Vergnügungsstätte
Volkstanz war neben Sport und Spiel im Bella Vista eine Beschäftigungsmöglichkeit von vielen.
Einigen reichte das nicht. Sie trafen sich dort leiber zu politischen Diskussionen
