Buddenbrooks. Ein Film in zwei Teilen (1959)

Inhalt

Verfilmung des Thomas-Mann-Romans vom Verfall der Lübecker Patrizier-Familie Buddenbrock im 19. Jahrhundert: nach dem Tod seines Vaters nimmt der älteste Sohn Thomas die Geschäfte des familieneigenen Handelshauses in die Hände, doch nach und nach zerfällt die Familie.


Teil 1

Der Film beginnt mit der ersten Begegnung von Antonie Buddenbrook, genannt Tony, und Bendix Grünlich, der kurz darauf um Tonys Hand anhält. Sie wird sowohl von Grünlich als auch ihren Eltern so sehr gedrängt, ihr Ja-Wort zu geben, dass sie sich nach Travemünde flüchtet. Doch auch dorthin folgt ihr Grünlich und Tony sieht sich gezwungen, nach ihrer Rückkehr nach Lübeck doch der Heirat zuzustimmen. Zu ihrer Hochzeit kehrt ihr Bruder Christian aus dem Ausland zurück. Sein Vater hatte ihn nach Valparaiso geschickt, damit er dort lernt, Verantwortung zu übernehmen. Nach ihrer Hochzeit ziehen Tony und Grünlich nach Hamburg. Christian arbeitet zwar im Kontor seines Vaters, unterhält jedoch weiterhin lieber die Belegschaft, als zu arbeiten. Sein älterer Bruder Thomas verlobt sich bald darauf standesgemäß mit der Kaufmannstochter Gerda Arnoldsen. Bei der Hochzeit von Thomas und Gerda verloben sich dann auch Clara Buddenbrook und Pastor Tiburtius.
Als während einer Senatssitzung in Lübeck eine Revolution losbricht, gelingt es Konsul Buddenbrook, die Gemüter der Aufständischen zu beruhigen. Doch auf der Fahrt nach Hause verwundet ihn ein durch das Fenster der Kutsche geworfener Stein tödlich am Kopf. Sein Sohn Thomas übernimmt die Firma und nimmt einen langjährigen Mitarbeiter des Konsuls als Teilhaber auf. Thomas wird wenig später von seinem Schwager um finanzielle Hilfe gebeten, doch er entscheidet sich nach einer Prüfung der Geschäftsbücher Grünlichs dagegen. Tony kehrt daraufhin mit Thomas nach Lübeck zurück und lässt sich von Grünlich scheiden. Kurze Zeit später wird Hanno geboren, der langerwartete Sohn von Thomas und Gerda.

Teil 2

Der zweite Teil beginnt mit der Hundertjahrfeier der Firma Buddenbrook. Hanno ist inzwischen im schulpflichtigen Alter und wird bereits von seinem Vater darauf vorbereitet, später mit in die Firma einzusteigen. Als der Münchner Hopfenhändler Alois Permaneder um Tony Buddenbrooks Hand anhält, stimmt sie der Heirat zu und folgt ihm nach München. Doch als einige Zeit später im Hause Buddenbrook der Senatsball stattfindet, erhält Thomas eine Nachricht von Tony, die sich von Permaneder wieder scheiden lassen will, da dieser sich nicht nur mit ihrer Mitgift zur Ruhe gesetzt, sondern sie auch noch betrogen hat. Trotz der mittlerweile schwierigen Situation der Firma stimmt Thomas der erneuten Scheidung seiner Schwester zu und Tony zieht zurück nach Lübeck.
Christian scheidet nach einem Streit mit Thomas aus der Firma Buddenbrook aus, geht nach Hamburg und eröffnet sein eigenes Geschäft. Er überwirft sich wenig später wegen seiner Heirat mit der wenig standesgemässen Schauspielerin Aline mit seiner Familie. Die Konsulin Buddenbrook stirbt bald darauf. Später lässt Aline Christian in eine Nervenheilanstalt einweisen, wo er sich jedoch recht wohl zu fühlen scheint. Derweil ist Hanno an Thyphus gestorben und hat damit endgültig das Ende der Buddenbrooks eingeläutet. Bei seiner Vereidigung als Senator bricht Thomas Buddenbrook durch eine zu spät behandelte Unterkieferentzündung zusammen und stirbt. Die Firma und das Wohnhaus werden verkauft, ausgerechnet an Wagenström, den grössten Konkurrenten der Firma.


Portraitfotos aus dem Film

Regie:Alfred Weidenmann.
Buch: Erika Mann, Harald Braun, Jacob Geis; nach dem Roman von Thomas Mann.
Kamera: Friedl Behn-Grund.
Bauten: Robert Herlth
Kostüme: Herbert Ploberger.
Maske: Franz Mayrhofer, Gerda Grosse, Gertrud Weinz-Werner
Schnitt: Caspar van den Berg
Ton: Werner Schlagge
Musik: Werner Eisbrenner

Darsteller:
Liselotte Pulver (Tony)
Nadja Tiller (Gerda)
Hansjörg Felmy (Thomas)
Hanns Lothar (Christian)
Lil Dagover (Konsulin)
Werner Hinz (Konsul)
Rudolf Platte (Herr Wenzel)
Maria Sebaldt (Aline Puvogel)
Günther Lüders (Corle Smolt)
Robert Graf (Bendix Grünlich)
Wolfgang Wahl (Hermann Wagenström)
Gustav Knuth (Lotsenkommandeur Schwarzkopf)
Matthias Fuchs (Leutnant von Throta)
Carsta Löck (Ida Jungmann)
Josef Offenbach (Bankier Kesselmeier)
Paul Hartmann (Hauptpastor Kölling)
Ellen Roedler (Anna)
Hans Leibelt (Dr. Grabow)
Gustl Halenke (Clara)
Walter Sedlmayr (Permaneder)
Horst Janson (Morten Schwarzkopf)
Fritz Schmiedel (Makler Gosch)
Hans Paetsch (Herr Arnoldsen)
Peter Lühr (Dr. Langhals)
Josef Dahmen (Rektor Wulicke)
Carl Ludwig Lindt (Marcus)
Frank Freytag (Pastor Tiburtius)

Produktion: Filmaufbau GmbH, Göttingen
Produzent: Hans Abich, Rolf Thiele
Gesamtleitung: Hans Abich
Produktionsleitung: Eberhard Krause
Drehort: Real-Film-Studios Hamburg-Wandsbek
Außenaufnahmen: Lübeck, Travemünde
Länge: 99 min, 2704 m (1. Teil) / 106 min, 2917m (2. Teil).
Format: 35mm, s/w, l:1.33.
Uraufführung: 11.11.1959, Lübeck (Stadthalle);
Kinostart: 12.11.1959, Kassel (Ufa-Palast); 22.11.1959 (Teil 2).

Bilder von den Dreharbeiten zum Film BUDDENBROOKS (Fotos: Filminstitut Hannover)


Der Zweitteiler entstand nach dem nobelpreisgekrönten Roman von Thomas Mann, dessen ausdrücklicher Wunsch es war, dass die Verfilmung seines Romanes ein gesamtdeutsches Projekt sein sollte. Die in der DDR ansässige Defa hatte daher bereits 1954 versucht, das Vorhaben mit einer Produktionsfirma und einem Verleihunternehmen aus einer der Westzonen umzusetzen. Damals wurde jedoch der Antrag jener Produktionsfirma auf Zusammenarbeit mit der Defa durch das Bundeswirtschaftsministerium abgelehnt, mit dem Hinweis auf eine mögliche kommunistische Infiltration durch die Defa. Als die Filmaufbau GmbH Anfang 1956 der Defa von sich aus eine Kooperation anbot, geschah dies mit dem Vorsatz, um diese Erlaubnis erst gar nicht zu bitten. Leider erwies sich diese Haltung als problematisch, denn die Suche nach Geldgebern war ohne eine Tolerierung des Projektes seitens der Bundesregierung zum Scheitern verurteilt. Die Filmaufbau GmbH bemühte sich daher doch noch um die Zustimmung der Bundesregierung, die die Koproduktion jedoch erwartungsgemäss aus politischen Gründen ablehnte. Der Anfang Februar 1956 geschlossene Vertrag zwischen der Filmaufbau GmbH Göttingen, der Defa und den Erben des im August 1955 verstorbenen Autors über die Vergabe der Verfilmungsrechte und der später geschlossene Kooperationsvertrag zwischen der Defa und der Filmaufbau GmbH wurden daraufhin einvernehmlich gelöst, die Verfilmungsrechte entgegen des Wunsches des Autors zweimal vergeben. Abgesehen von diesen unschönen politischen Querelen stellt diese Verfilmung der Filmaufbau GmbH Göttingen noch eine weitere Besonderheit dar: Nach erfolgreichen Zusammenarbeiten bei vorherigen Verfilmungen nach Werken Thomas Manns (u.a. „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“) erneut seine Tochter Erika Mann zur Mitarbeit am Drehbuch gewonnen werden. Kurz vor Produktionsbeginn erkrankte dann noch der für die Regie vorgesehene Alfred Braun, so dass ein Ersatzmann gefunden werden musste. Zum Glück fand sich dieser in Alfred Weidemann und die Dreharbeiten konnten am 18.06.1959 beginnen. Die Uraufführungen fanden schliesslich am 11.11.1959 in Lübeck und am 20.11.1959 statt.

Noch kurz vor seinem Tode soll Thomas Mann die Verfilmung seines ersten Romans gutgeheißen haben, behauptet Tochter Erika. Wie dem auch sei, daß der Film allein den großen Handlungsaufriß nachzeichnen konnte, daß alle die
vielschichtigen ironischen Hintergründigkeiten, daß die kunstvolle Behandlung des epischen Zeitmaßes vom Film seinem ganzen Wesen und seinen technischen Mitteln nach nicht getroffen werden kann, war von Anfang an klar.

Wieweit nun aber gelang wenigstens das große filmische Bilderbuch „frei nach“ dem Roman, der nicht nur in den deutschen Bücherschränken, sondern auch in unserer Geistesgeschichte seit über einem halben Jahrhundert einen Platz einnimmt, der uns empfindlich macht gegen jede Art von Entstellung? Nun, man hat den Film gerade dadurch gefährdet, daß man den Roman so weit wie möglich unangetastet lassen wollte. Gefährdet, indem man zwar die erste der von Thomas Mann geschilderten Generationen der Lübecker Familie Mann/Buddenbrook fortließ und dennoch auf die Disposition den ganzen ersten Teil verwandte. Er hat zwar einige filmisch wohl gelungene Stellen (etwa die Geschichte des unedlen Kaufmanns Bendix Grünlich oder alle Szenen mit Christian oder des Konsuls und der Konsulin), aber alles plätschert noch auf den bedeutenderen zweiten Teil zu, alles bleibt Aufgalopp. Man ist noch hoffnungsfreudig, strahlt, das Glück steht aus. Daß der Konsul 1848 durch einen Steinwurf während eines Revolutionswindchens umkommt, ist freilich unerfreulich und ein arger Stilbruch. Die Buddenbrooks gingen eben gerade nicht an solchen fatalen Äußerlichkeiten wie der 48er Revolution zugrunde.

Der erste Teil schließt mit Thomas Buddenbrooks Hochzeit. Der zweite setzt schon kräftiger ein, malt in breiten Strichen den Niedergang. Aber das alles bleibt weitgehend in der Familie. Die Geschäfte des stolzen Handelshauses an der Trave gehen zurück, aber der Geisteszustand des Unikums Christian, von Mann ja nur als Symptom gemeint, wird als ein Klopfen des Schicksals aufgefaßt, das beinahe alle anderen warnenden Geräusche übertönt. Und daß Tony eine geschiedene Frau zu bleiben scheint, ist wichtiger als geschäftlicher Mißerfolg …

War der erste Teil beinahe eine Einzelleistung des wie immer zuverlässigen und einfallsreichen Kameramanns Friedl Behn-Grund, so werden Buch und Regie (Alfred Weidenmann) da solider, wo die Familie Buddenbrook beginnt, unsolide zu werden. Die Personen werden nun klar und scharf herausgearbeitet, mit unterschiedlichem Erfolg der Schauspieler freilich, aber alle in einer gemeinsamen Richtung. Die vielen Figuren des Spiels, die zur Verwirrung beitragen könnten, werden vom Regisseur geschickt zusammengerafft und aufdas alle vernichtende Ende hingestoßen.

Die erheblichen Schwächen des ersten Teils, die mit der Konzeption als Doppelfilm zusammenhängen, werden im zweiten weitgehend wettgemacht. (…) Die Einteilung schadet dem Film und benachteiligt ungebührlich den weit besseren zweiten Teil. (…)

W. Bartsch, Frankfurter Rundschau 19.12.1959

Glanz und Verfall des Hauses Buddenbrook.

(Zum l.Teil) »Sehen wir auf der Leinwand den Verfall der Familie Buddenbrook? Nein. aber statt dessen das Privatleben einer gleichnamigen Familie. . . ein entkeimtes. normiertes und unsorgfältiges Produkt . . .«

(Zum 2. Teil) »Auf das Schema der zehn kleinen Negerlein reduzierte der Film
den Mannschen Roman, indem er einerseits geschichtliche Verknüpfungen
(der Bau der Hamburg-Lübecker Eisenbahn, der preußisch-österreichische Krieg, der Kampf gegen die Sozialdemokratie) sorgfältig auflöst und
andererseits in dem Bemühen, den Kinofreund zu schonen, so weit ging, daß
er ihm zuliebe die Zahl der einzeln zu ziehenden Wurzeln von Thomas‘ Unglückszahn von vier auf drei vermindert. Wenn trotzdem. anders als im
1.Teil, großbürgerliche Atmosphäre entsteht, ist dies nicht zuletzt den Darstellern zu danken, abgesehen von Felmys Felmyblick«

Dietrich Kuhlbrodt, Filmkritik, 1960

„Gediegene Thomas-Mann-Verfilmung mit Starbesetzung“, so wird bei kino.de der kurze Beitrag zum Film untertitelt.

Thomas Manns Wunsch war es, die zweite Verfilmung der „Buddenbrooks“ als ein gesamtdeutsches Projekt zu realisieren, was aber durch die Ablehnung Bonns vereitelt wurde (mit Hinweis auf die Gefahr kommunistischer Infiltration). Schließlich wurden die Filmrechte zweimal, an Ost und West, vergeben. Der Film wurde jedoch nur in Westdeutschland inszeniert, finanziert von der Filmaufbau GmbH Göttingen.4) Thomas Manns Tochter Erika Mann arbeitete am Drehbuch von Harald Braun und Jakob Greis mit.

Alfred Weidenmann entschied sich dafür den Film in zwei Teilen mit einer Gesamtlänge von 206 Minuten zu realisieren, wobei der erste Teil mit der Abreise Thomas’ nach seiner Hochzeit endet. Teil zwei eröffnet mit Hannos Geburt, der seltsamerweise vor seinem Vater stirbt, und endet wie der Roman mit der Auflösung der Familie. Weidenmann überspringt eine Generation und setzt mit seiner Geschichte nicht 1835, sondern erst zehn Jahre später ein. Besonders im zweiten Teil weicht er an einigen Stellen deutlich von der literarischen Vorlage ab, was natürlich damit zusammenhängt, dass Weidenmann den langen Roman zwangsläufig kürzen musste, um die komplexe Handlung in einem Spielfilm unterzubringen.5)

So fehlen wesentliche Komplexe wie Thomas’ Schopenhauer-Lektüre oder Gerdas Affinität zur Musik Wagners. Mit damaligen Filmstars wie Hansjörg Felmy (Thomas) und Liselotte Pulver (Tony) prominent besetzt, wurde der Film ein großer Erfolg beim Publikum, konnte die Kritik allerdings nicht überzeugen. Die schauspielerischen Leistungen sind, mit der Ausnahme von Hanns Lothar als Christian6), sehr dürftig und lassen den Film durch die konventionelle und glattpolierte Inszenierungsweise zu einem Unterhaltungsfilm ohne künstlerischen Anspruch werden. So bietet der Film „nicht mehr als literarisch verbrämte Unterhaltung, eine sentimentale Familienchronik aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, recht fern von Thomas Manns Werk.“7)

Auch wenn er, vor allem wegen der technisch versierten an amerikanische Produktionen angelehnten Umsetzung8) und den für damalige Verhältnisse
aufsehenerregenden Kostümen und Bauten9), zu den filmhistorisch interessanteren Literaturverfilmungen der 50er Jahre gezählt werden kann, reiht er sich in die Reihe der vielen gescheiterten Verfilmungen dieses
Jahrzehnts ein: (…)

4) Vgl. Moulden 1988, S. 344ff
5) Neben Kürzungen legte Weidenmann auch Teile der Handlung zusammen, um die Geschichte schneller erzählen zu können. So stirbt Thomas beispielsweise bei seiner Vereidigung zum Senator und bricht nicht wie im Roman auf der Straße zusammen, womit zwei Einzelszenen der Buchvorlage in einer Sequenz erzählt werden können.
6) Hanns Lothar wurde 1960 mit dem Bundesfilmpreis als Bester männlicher Nebendarsteller
ausgezeichnet.
7) Moulden 1988, S. 345.
8) symptomatisch hierfür ist eine Stelle in der Szene, als Grünlich sich der Familie Buddenbrook
vorstellt. Weidenmann entschied sich für einen dramatischen Zoom in bester Hitchcock-Manier auf Tony, als Grünlich den Raum betritt. (Die Szene ist übrigens vom Garten in das Haus der
Buddenbrooks verlegt worden).
9) Für die Bauten erhielt Robert Herlths eine Auszeichnung des Bundesfilmpreises 1960.

aus: Christian Horn: Zwei Verfilmungen der Buddenbrooks, Filmrezensionen.de, 2007

Das könnte dich auch interessieren …