Zur Arbeit mit Spielfilmen als zeitgeschichtliche Quellen
Spielfilme in der historisch-politischen Bildungsarbeit
Detlef Endeward (1989)
Wer sozialgeschichtlich orientierte Bildungsarbeit betreibt, der ist im Bereich der Zeitgeschichte auf Spielfilme geradezu angewiesen, denn geschichtliches Lernen ist zu einem großen Teil Lernen anhand und mit Quellen – auch mit Filmen.
Spielfilme werden nicht nur in der wissenschaftlichen Arbeit als Quellen weitgehend unberücksichtigt gelassen, auch in der Bildungsarbeit findet nur in sehr eingeschränktem Rahmen eine Auseinandersetzung mit Spielfilmen in Form der Quellenanalyse statt.
Abgesehen davon, dass in der Schule der sehr stark formalisierte Lernprozess und die Orientierung auf die Vermittlung von »Faktenwissen« (Stoff) einer phantasievollen und innovativen Arbeit entgegenstehen, offenbart sich in dieser Vernachlässigung ein gravierendes fachdidaktisches Manko. Wenn Spielfilme verwendet werden, dann
- dienen sie lediglich dazu, Motivation zu schaffen für die Beschäftigung mit bestimmten inhaltlichen Fragen;
- als Gesprächsanlass oder Themeneinstieg;
- als Illustration/Veranschaulichung von
Themen.
In all diesen Funktionen interessiert dann lediglich die Darstellungsebene der Filme. Ihre Komplexität wird »didaktisch« reduziert und eine »Passung« mit den eigenen Unterrichtsintentionen herzustellen versucht. Eine Auseinandersetzung mit den Filmen findet bestenfalls auf der ideologiekritischen Ebene statt.
So berechtigt eine derartige Arbeit im Einzelfall auch sein mag, den Filmen wird sie nicht gerecht. Von daher kann man auch kaum von einer medienkritischen Arbeit sprechen. Und: Es wird in keiner Weise zur Kenntnis genommen, dass Spielfilme eine Quelle für die Zeit ihrer Entstehung sein können, eine Quelle der Zeitgeschichte, für die es bei der Erarbeitung bestimmter Probleme kaum eine bessere Alternative gibt, weil sie für diese Probleme der Vergangenheit wesentlich aussagekräftiger sind als andere, z.B. schriftliche Quellen. Dies gilt in besonderem Maße für die Dokumentation von gesellschaftlichen Bewusstseinshaltungen von Mentalitätsstrukturen.
Detlef Endeward: Spielfilme in der hsitorisch-politischen Bildungsarbeit. In: Geschichtswerkstatt 17. Film – Geschichte – Wirklichkeit, Hamburg 1989, S.68-72 ⇒ weiter (PDF)