Personelle Kontinuitäten in Ministerien, Ämtern, Behörden und in der Wirtschaft

Das personelle Erbe der Nazis – im Westen

Unter Berufung auf die Untersuchung zum Bundesnachrichtendienst 1), die Gerhard Sälter für die historische Kommission erstellt hat, formuliert Isabel Fannrich-Lautenschläger in einem Beitrag im Deutschlandfunk für ihr Fazit wie folgt: 2)

„In seiner Entstehungszeit war der Bundesnachrichtendienst ein Hort für NS-Täter.“

Wie zahlreichen Studien über bundesdeutsche Ministerien, Ämter und Behörden aus den letzten Jahre eindeutig belegen, hatte diese Behörde damit kein „Alleinstellungsmerkmal“ 3)

„Die braune Vergangenheit zieht sich durch alle Ministerien, jetzt hat eine Studie des Instituts für Zeitgeschichte und des Zentrums für Zeithistorische Forschung erstmals untersucht, wie groß der Einfluss der NS-Vergangenheit in den beiden Innenministerien war. Das Ergebnis überrascht selbst die Experten, denn, abgesehen vom Bundeskriminalamt, gab es in keinem der bisher untersuchten Ministerien einen so hohen Anteil ehemaliger NSDAP-Mitglieder, wie im Bundesministerium des Innern in Bonn. Von 1949 bis 1970 waren im Schnitt die Hälfte der leitenden Beamten ehemalige Mitglieder der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei. Auch das Ministerium des Innern der DDR hatte mit 14 Prozent einen höheren Anteil früherer Parteimitglieder als bisher belegt.“ 4)

Das bereits in den 60er Jahren in der DDR erschienene „Braunbuch“, dass über „Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik und in Westberlin“ informierte, hatte in Zeiten des Kalten Krieges keine Chance, in der Bundesrepublik wahrgenommen zu werden, da es sich „selbstverständlich“ um reine Propagada handelte. Insofern sind die aktuell erarbeiteten Informationen eigentlich keine Neuigkeiten. Allerdings wurden diese Tatsachen in Der Bundesrepublik Jahrzehnte verschwiegen bis geleugnet und das Ausmaß ist doch ziemlich erschreckend.


Anmerkungen

  1. Gerhard Sälter(20): a.a.O.
  2. Fannrich-Lautenschläger, Isabel (2022): Geschichte des BND.
  3. Stefan Creuzberger, Dominik Geppert (Hrsg.): Die Ämter und ihre Vergangenheit. Ministerien und Behörden im geteilten Deutschland 1949–1972. Bpb 1919
  4. Katrin Langhans. Auf die Erfahrung der Altnazis wollte man nicht verzichten. SZ.de, November 2015.

Literatur

  • Bösch,Frank/Wirsching, Andreas (Hg.): Hüter der Ordnung. Die Innenministerien in Bonn und Ost-Berlin nach dem Nationalsozialismus. Wallstein-Verlag Göttingen 2018
  • Braunbuch. Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik und in Westberlin. Hersg. vom Nationalrat der Nationalen Front des demokratischen deutschland. Dokumentationszentrum der staatlichen Archivverwaltung der DDR. Berlin (Ost) 1965
  • Creuzberger, Stefan/Geppert, Dominik (Hrsg.): Die Ämter und ihre Vergangenheit. Ministerien und Behörden im geteilten Deutschland 1949–1972. Bpb 1919
  • Isabel Fannrich-Lautenschläger (2022): Geschichte des BND. Warum der Bundesnachrichtendienst so viele NS-Täter rekrutierte. Beitrag bei deutschlandfunkt.de vom 07.10.2022
  • Langhans,Katrin (2015): Auf die Erfahrung der Altnazis wollte man nicht verzichten. SZ.de, November 2015
  • Mentel, Christian/Weise, Niels (2016): Die zentralen deutschen Behörden und der Nationalsozialismus. Stand und Perspektiven der Forschung. Hrsg. von Frank Bösch, Martin Sabrow und Andreas Wirsching, München/Potsdam 2016
  • Möller, Horst/Bitterlich, Joachim/Corni, Gustavo /Kießling, Friedrich/Münkel, Damiela/Schlie, Ulrich (Hrsg.): Agrarpolitik im 20. Jahrhundert. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und seine Vorgänger. Berlin 2020 [Geschichte des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft im Kontext des 20. Jahrhunderts. Kontinuität und Diskontinuität (ZWISCHENBERICHT)]
  • Sälter, Gerhard (2022): NS-Kontinuitäten im BND. Rekrutierung, Diskurse, Vernetzungen (Veröffentlichungen der UHK zur BND-Geschichte 15) 20

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