Der Fall Rabanser (1950)

Inhalt

Der Joumalist Peter Rabanser hat im Rahmen einer Artikelserie eine Raubmordgeschichte entwickelt, mit der er die wenig effektiven Arbeitsmethoden der Polizei desavourieren will. Rabanser beginnt, die Anfänge der Geschichte in der Wirklichkeit auszuprobieren. Dabei plant er, im entscheidenden Moment zwei Bankkuriere, denen das Geld entwendet werden soll, mit einem Betäubungsmittel statt mit Gift außer Gefecht zu setzen, so daß kein menschlicher Schaden entsteht. Anschließend will er die Geschrchte sowie das erbeutete Geld der Polizei präsentieren. Doch der Journalist verstrickt sich immer tiefer in die von ihm erfundene Geschichte. Als sein Bruder Georg, leitender Angestellter eines großen Unternehmens, ihn in einer Notlage um eine größere Summe Geld bittet, glaubt Peter Rabanser, daß er der Versuchung, den Raub wirklich in die Tat umzusetzen, nicht widerstehen könne. Daher stellt er sich am Abend vorher der Polizei mit der Bitte, ihn unverzüglich festzunehmen. Der Kriminalkommissar, dem er seine Geschichte erzählt, sieht jedoch keinen Anlaß zum Handeln, da bisher kein Schaden entstanden ist.

Am nächsten Tag hat der Raubmord tatsächlich stattgefunden, und Peter Rabanser wird – obwohl er seine Unschuld beteuert – am Tatort verhaftet, kann jedoch später entfliehen. Er versucht aufeigene Faust, den wahren Täler zu stellen, wobei er von einem Kriminalrat unterstützt wird. Verschiedene Personen, vor allem aber Peters Bruder Georg erscheinen als Tatverdächtige. Die verschiedenen Spuren laufen schließlich im zweifelhaften Spielclub der Baronin Felden zusammen. Nachdem die Baronin selbst Opfer des Mörders geworden ist, kann der wahre Täter – überraschenderweise der Kriminalkommissar – entlarvt werden. Der Journalist kann nun mit seiner Sekretärin Steffi zu einer großen Schiffsreise aufbrechen.

Film in der BRD der 50er und frühen 60er Jahre


Filmansicht bei Youtube

Regie: Kurt Hoffnann
Regieassistenz: Fritz Stapenhorst
Buch: C. J. Braun, Kurt Werner nach einem Originalstoff von S.P. WaltherKamera: Albert Benitz
Kameraassistenz: Walter llrich, Heinrich Senftleben
Bauten: Frarz Schroedter
Maskenbildner: Hein z Fuhrmann
Schnitt: Martha Dübber
Ton: Martin Miiller
Musik: Werner Eisbrenner

DarstellerInnen:
Hans Söhnker (Peter Rabanser)
Ilse Steppat (Baronin Felten)
Richard Häußler (Kommissar Schelling)
Inge Landgut (Sekretärin Steffi)
Paul Dahlke (Georg Rabanser)
sowie Harald Paulsen, Carola Höhn, Franz Schafheitlin, Hans Zesch-Ballot, Inge Meysel, Willy Rose, Wemer Riepel, Albert Hehn, Josef Dahmen

Produktion: Junge Film-Union, Rolf Meyer, Hamburg-Bendestorf
Erstverleih: National-Filmgesellschaft mbH;
Produktionsleitung: Helmuth Volmer
Aufnahmeleitung: Heinz Fiebig, Curt Berg
Drehzeit: Mai – Juli 1950
Außenaufnahmen: Hamburg und Umgebung
Atelier: Bendestorf
Länge: 2189m :80 Min.
Zensurdatum: 30.8. 1950 FSK)
Uraufftihrung: 19.9. 1950 Köln (Hahnentor-Lichtspiele)

Auf dem Verleihmarkt mußte sich DER FALL RABANSER gegen jene amerikanischen Kriminalfilme behaupten, von deren Stilmitteln er Gebrauch gemacht hatte. Die Uraufführung fand am 19.9.1950 in Köln statt, wo der Film, wie in den meisten anderen Städten auch, schlecht anlief. Verschiedene Theaterbesitzer setzten den Film früher als vereinbart ab, wenngleich er für sich genommen von den Theaterbesitzem nicht schlecht beurteilt wurde. „Die betreffenden Theaterbesitzer sind mit uns der Meinung“, schrieb der Verleih an die JFU, „dass der Film DER FALL RABANSER ein ausgesprochen guter Film ist. Die Tatsache, dass er trotzdem nicht lauft, führen sie darauf zurück, dass die amerikanischen Kriminalfilme unstreitig besser und vor allem reisserischer sind. Die Arbeiterbevölkerung will aber augenscheinlich keine Kriminalfilme mit Kammerspielcharakter, sondern Reisser.“ Trotz seiner geringen Produktionskosten von ca. 680.000 DM spielte DER FALL RABANSER nicht einmal die Hälfte dieser Summe für die JFU ein.


aus: Peter Stettner: Vom Trümmerfilm zur Traumfabrik. Die ‚Junge Film-Union‘ 1947-1952, Hildesheim/Zürich/New York 1992, S. 102f

DER FALL RABANSER – ein deutscher „film noir“

Dieser von Kurt Hoffmann inszenierte Film gehört zu den wenigen westdeutschen Kriminalfilmen m den späten 40er und frühen 50er Jahren Darüber hinaus ist DER FALL RABANSER meines Wissens der erste deutsche Film dieses Genres, der deutlich beeinflußt ist durch die amerikanischen Kriminalfilme der 40er Jahre, die als „film noir“ oder auch als „schwarze Serie“ bezeichnet werden. Bereits die zeitgenössische Kritik, die den Film überwiegend lobte, registrierte, daß der Regisseur „von der Technik des amerikanischen Kriminalfilms einiges abgeguckt“ hat.

Der Inszenierungsstil des Films DER FALL RABANSER weist eine Reihe von Merkmalen auf, die denjenigen des „film noir“ entsprechen. Die meisten Szenen spielen nachts, übergroße Schatten zeichnen sich an den Wänden ab und schaffen eine bedrohliche Stimmung. Durch Straßenschluchten hallen die Schritte des einsamen Joumalisten Rabanser; wenn er in seinem Auto sitzt, trommelt der Regen auf die Windschutzscheibe. Die Gitterstäbe der Gefängniszelle bzw. deren Schatten, die sich über Rabansers Körper und Gesicht legen, zeigen die Zerrissenheit der Hauptfigur, schräg gestellte Bilder machen deutlich, daß das Leben aus dem Lot geraten ist.214

 

„film noir“ in den USA

Der Typus des „film noir“ entstand in den frühen 40er Jahren in den USA, wobei expressionistische Elemente des deutschen Stummfilms nicht zuletzt transportiert durch emigrierte deutsche Filmschaffende wie Fritz Lang, Robert Siodmak und Otto Preminger in die „realistischen“ amerikanischen Gangsterfilme einflossen.211 Die amerikanischen „schwarzen“ Filme zeigen eine finstere Welt voller Korruption und Verbrechen. Meist bildet der Großstadtdschungel die Szenerie. Dabei reflektiert der amerikanische „film noir“ die sozialen und politischen Konflikte bzw. gesellschaftlichen Mißstände und spitzt diese in einem Mikrokosmos zu. Die Helden dieser Filme sind meist einsame, desillusionierte Menschen. Die männlichen Hauptfiguren entsprechen oft dem Bild des „guten, bösen Jungen“. Über den guten Kern hat sich eine rauhe, mitunter böse Schale gelegt, die aus dem harten Lebenskampf erwachsen ist. Typisch für die „schwarzen“ Filme ist es, daß der Zuschauer „eine globale Empfindung von Bedrängung und Härte“ hat.212 Eine wichtige Bedeutung hat das Licht, das bei vorherrschender Dunkelheit sehr gezielt eingesetzt ist. Es entstehen „Schattenwirkungen, hervorgerufen durch Personen oder auch Gegenstäande (Gitter, Jalousien usw. ), die den inneren Zustand der Figuren ausdrücken „213 Neben Lichteffekten symbolisiert vielfach ein ungewöhnlicher Bildaufbau, charakterisiert etwa durch Diagonalen, eine aus den Fugen geratene Welt.

Doch es gibt auch auffällige Differenzen zum „schwarzen“ amerikanischen Kriminalfilm. Im Gegensatz zu diesem Typus, der in der Regel über einen sehr folgerichtigen Aufbau verfügt, zeigt DER FALL RABANSER eine recht dürftige Logik. Völlig unklar bleibt etwa, wie dem Journalisten die Flucht aus dem Polizeigewahrsam gelungen ist. Bedeutsamer ist, daß der Kriminalkommissar als Täter überhaupt nicht entwickelt, sondern einfach als Überraschungseffekt gesetzt ist. Beiläufig erfährt man zum Schluß, daß er vor seiner Polizeikarriere schon Verbrecher gewesen sei und sich in den Apparat eingeschlichen habe, was als Erklärung ausreichen muß.215 Direkt angeklebt, ohne einen inneren Bezug zur Handlung wirkt auch das happy end: nachdem der Mörder gefaßt ist, begibt sich Peter Rabanser mit seiner Sekretärin Steffi auf eine große Schiffsreise nach Hin-terindien. Der Kritiker des katholischen „Film Dienst“ erkannte richtig, daß der Film „die erstrebte ‚Wirklichkeit‘ der neorealistischen amerikanischen Kriminalfilme (…) nicht entfernt“ erreicht.216 Dies liegt weniger an dem Inszenierungsstil als an den Drehbuchvorgaben. Daß kein realistischer, gegenwartsbezogener Stoff verwirklicht werden sollte, sondern „zeitlose“ Unterhaltungsware, wurde schon in den zitierten allgemeinen dramaturgischen Überlegungen deutlich. So wurden Stilmerkmale des amerikanischen Kriminalfilms kopiert, ohne sich um deren inhaltliche Entsprechungen und sozialkritische Bezüge zu kümmern.

Wenn man die Hauptfigur Rabanser näher betrachtet, zeigen sich noch weitergehende Unterschiede zu den typischen männlichen Hauptfiguren des amerikanischen Kriminalfilms – Unterschiede, die sich am ehesten durch mentalitätsgeschichtliche bzw. sozialpsychologische Erklärungsansätze verstehen lassen. Während in den amerikanschen „schwarzen“ Filmen ein eigentlich „guter Kerl“ durch reale gesellschaftliche Umstände „böse“, zumindest kalt oder zynisch geworden ist, erscheint Rabanser nicht durch die Wirklichkeit geprägt, sondern vielmehr als ein Opfer seiner Phantasie: die Geschichte, die er erfunden hat, beginnt ihn zu beherrschen. Er sieht sich nicht imstande, rational gegen seinen inneren Drang, das Verbrechen zu begehen, anzukämpfen. Diese Disposition stellt ihn in die Tradition der sogenannten Triebfilme, wie sie Kracauer als eine Form des deutschen Kammerspielfilms der frühen 20er Jahre diagnostiziert hatte. Als ein typisches Merkmal dieser Stummfilme bzw. deren Helden nannte Kracauer, daß sie „nicht imstande sind, ihre Triebe zu sublimeren.“217 Zu dem Film SYLVESTER (Regie: Lupu Pick, 1923), den Kracauer in diesem Zusammenhang exemplarisch analysierte, heißt es: „Als der Konflikt seinem Höhepunkt zusteuert, passiert etwas, was man kaum für möglich hält: in seiner Unfähigkeit, eine Entscheidung zu treffen, bricht der Mann zusammen, und während seine Mutter ihn trösten muß wie ein Kind, lehnt er hilflos seinen Kopf an ihre Brust (,..).“218 Ähnliches passiert in DER FALL RABANSER, wenn der Journalist kurz vor dem die Auflösung bringenden Finale im Zimmer der Baronin Felden ist. Erschöpft legt er sich nieder, schläft ein, und sie wacht neben ihm, wie neben einem Kind. Kracauer deutete die beschriebene Stelle in SYLVESTER als „instinktive Abwehr, sich zu emanzipieren“, die sich „aus der fortgesetzten Abhängigkeit der Deutschen von einer feudalen oder halbfeudalen Mlitärherrschaft“ ergebe.219

Die Interpretation Kracauers zielt auf die Zeit nach dem ersten Weltkrieg, und es stellt sich die Frage, welche sozialpsychologischen Realitäten den Hintergrund für die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg bilden könnten. Anläßlich eines Deutschlandaufenthaltes im Jahre 1950 berichtete die politische Essayistin Hannah Arendt über verbreitete Ansichten und Einstellungen in der deutschen Bevölkerung im Zusammenhang mit dem verlorenen Krieg, dem von außen erzwungenen Ende des Nationalsozialismus sowie der neu „gewonnenen“ Freiheit und Demokratie. Sie sprach von einer „äußerst irrationalen Atmosphäre“, sie diagnostizierte verschiedene Kunstgriffe „um von der Wirklichkeit zu entfliehen“ sowie „Unfähigkeit und (…) Widerwillen, überhaupt zwischen Tatsachen und Meinungen zu unterscheiden.“220 Diese offensichtlich weit verbreitete Mentalität, sich rationalen Erklärungen und einer Anerkennung der Wirklichkeit zu verweigern, zeigt Entsprechungen zu der ohnmächtigen Vernunft eines Peter Rabanser, der von einer selbst erfundenen Geschichte beherrscht wird. Wenn die JFU in der Verwirklichung von Filmstoffen schon von sich aus bewußt auf Zeitprobleme und Realistik verzichtete, um eskapistischen Bedürfnissen des Filmpublikums entgegenzukommen, so wurde diese Abkehr von der Wirklichkeit – wohl auch unbewußt – durch antirationale Dispositionen verstärkt, von denen auch die Filmschaffenden nicht ganz frei gewesen sein dürften.


Anmerkungen

210) Der Fränkische Anzeiger, 22.4.1953
211) Zu den Merkmalen dieser „schwarzen“ Filme vgl. Ulrich Kurowski, Lexikon Film, a.a.Ο., S 127-130, ausführlicher Paul Werner, Film noir. Die Schattenspiele der schwarzen Serie, Frankfurt/M 1985; Adolf Heinzlmeier, u. a., Kino der Nacht. Hollywoods Schwarze Serie, Hamburg 1985
212) Ulrich Kurowski, a.a.Ο., S 127
213) Adolf Heinzlmeier, u.a., a.a.Ο., S 23
214) Einige kleine Szenen lassen direkt an den amerikanischen „film noir“ DARK PASSAGE, (Regie: Delmer Daves, 1947) denken. In diesem Film will der zu Unrecht verurteilte Vincent Parry (Humphrey Bogart) ebenfalls seine Unschuld beweisen. Nachdem er aus dem Gefängnis ausgebrochen ist, irrt er im Dunkeln allein auf der Straße umher; ein Taxichauffeur nimmt ihn auf und hilft ihm weiter. Praktisch identisch ist die Szene in DER FALL RABANSER: nachdem der Journalist geflohen ist, liest ihn ein Taxi nachts auf und bringt ihn in den Spielclub der Baronin Feiten Wie Rabanser unternimmt auch Vincent Parry zum Schluß des Films eine Schiffsreise, die allerdings völlig anders motiviert ist: Parry kann seine Unschuld eben nicht beweisen und muß flüchte.
215) Diese Lösung wirkt so unglaubwürdig, daß sogar in dem sonst zuverlässigen Standardwerk „Deutscher Spielfilmalmanach“ der Bruder des Journalisten als der Täter angegeben ist. Vgl. Alfred Bauer, Deutscher Spielfilmalmanach, Band 2, 1946-1955, a.a.O., S. 108.
216) Film Dienst Nr. 895, 6.10.1950.
217)  Siegfried Kracauer, Von Caligari zu Hitler, a.a.O., S. 105.
218) Ebenda, S 108.
219)  Ebenda.
220)  Vgl. Hannah Arendt, Besuch in Deutschland 1950, in: dieselbe, Zur Zeit. Politische Essays, Berlin 1986, S. 46-48.
221 Vgl. SchreibendesNationalFumverleihsandieJFUvom5 101950, in JFU 384


aus: Peter Stettner: Vom Trümmerfilm zur Traumfabrik. Die ‚Junge Film-Union‘ 1947-1952, Hildesheim/Zürich/New York 1992, S. 98-102

 

Bereits die zeitgenössische Kritik, die den Film überwiegend lobte, registrierte, daß der Regisseur „von der Technik des amerikanischen Kriminalfilms einiges abgeguckt“ hat.

„[…] Daß ein Verbrecher sein sicheres Versteck, das er sich in den Reihen der Kriminalpolizei als besonders tüchtiger Kriminalkommissar erworben hatte (im nächsten Film wird man uns sicher den Polizeipräsidenten persönlich als Mörder vorstellen), durch einen unmotivierten Mord wieder gefährdet, ist zum mindesten unlogisch. […] Nur teilweise kann die subtile und handwerklich meisterhafte Regie von Kurt Hoffmann diese Schnitzer verdecken. Der Regisseur, der mit dem Kameramann Albert Benitz zusammen die Eigengesetzlichkeit des Kriminalfilms beachtete — größte Sparsamkeit mit Großaufnahmen, mit der Musik und mit Dialogen —, der die Dinge sprechen läßt (regennasse Häuser, Straßenlaternen, Bootsstege und Uhren), hatte seine Schauspieler zu einem Ensemble zusammengefaßt, aus dem besonders Hans Söhnker als Peter Rabanser, Ilse Steppat in der Rolle einer anrüchigen Baronin und Inge Meysel als Geliebte eines Chauffeurs hervorragten.“

– P.H. in Die Zeit Nr. 40 vom 5. Oktober 1950

„Dramaturgisch und handwerklich akzeptabler Kriminalfilm.“ So lautet kuz das Urteil im Lexikon des internationalen Films. Und verschiedene Filmseiten im Web bewerten den Film ebenfalls eher positiv:

„Regisseur Kurt Hoffmann konnte mit diesem Low-Budget-Krimi überzeugen , der in seinen besten Momenten an Film-Noir-Krimis erinnert.“ (cinema)

„Kurt Hoffmanns Der Fall Rabanser ist eine ziemlich schizophrene Sache, passend zur Zerrissenheit, Hysterie, Verlorenheit der ersten BRD-Tage: Was als Reißer mit rüden poverty row-Manieren beginnt, entwickelt sich unerwartet zu einem Mystery-Stück zwischen Agatha Christie und Edgar Wallace.“ (film.at)

Dem Regie-Altmeister Kurt Hoffmann („Quax, der Bruchpilot“, „Das Wirtshaus im Spessart“, „Wir Wunderkinder“) gelang ein atmosphärisch packendes Krimi-Drama. Die düstere Atmosphäre sowie das Motiv vom scheinbar ehrbaren Täter erinnern an die verdrängten Schuldgefühle der Nachkriegszeit und Filme wie „Die Mörder sind unter uns“. Hans Söhnker überzeugt in der Hauptrolle des ebenso zynischen wie gewissenhaften Reporters. (rbb)

 

Der Verdienst der Wiederentdeckung und -veröffentlichung eines solchen Films liegt darein, dass er auf die Frage nach einem deutschen Film Noir in jenen Nachkriegsjahren zumindest das Teilstück einer Antwort liefert. Obgleich es im deutschsprachigen Raum sicher keine eigenständige und deutlich zusammenhängende Film-Noir-Tradition gab, wie das außer in den USA vor allem in England der Fall war, gab es in der jungen Bundesrepublik Deutschland zumindest Versuche, dem Filmstil nachzueifern und anhand der Verwicklungen einer zunehmend komplexen Gegenwart ein zwar unterhaltsames, aber zugleich ernstzunehmendes Kino zu bieten. Auffällig an Der Fall Rabanser ist von Anbeginn die expressionistische Kamera und jener ernste Tonfall, der dem Zeitkolorit einer um Witz und Verdrängung bemühten Unterhaltungskultur fürs Kinopublikum entgegensteht. (…)

Der Fall Rabanser zeigt einerseits wenig von jener biederen Heiterkeit an der Schwelle zum Wirtschaftswunder, blendet andererseits den Nationalsozialismus völlig aus. Irgendwo in seiner extrem konstruierten Filmhandlung steckt ein besserer Film, der nicht zum Vorschein kommt und sich mit dem Enttarnen des „wahren Täters“ begnügt. > weiter

Kameramann Albert Benitz, der in der Freiburger Kameraschule von Arnold Fanck sein Handwerk gelernt hatte, zu den besten Bergfilmern vor dem Krieg gehörte, sich an Riefenstahls „Tiefland“ in über vier Jahren Drehzeit aufrieb, wagte sich 1950 an einen Film Noir, der Hamburg in düsteren Regen taucht, nur spärliches Licht setzt, die schäbigen Straßen und Häuser zu einer bedrohlichen Kulisse auftürmt und eine Stimmung von Geheimnis und Kriminalität schafft – leicht von oben gefilmt verlässt ein Mann (Hans Söhnker) eine Telefonzelle am Hafen und läuft dann sehr lang durch den Regen davon. Die Kamera schaut ihm ruhig und unaufgeregt hinterher…
> weiter
 
aus: Falk Schwarz: Kein Handwerker – ein Künstler, filmportal.de 04.01.2017

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